Kulinarisches Weihnachten Kulinarisches Weihnachten: Neunerlei als traditionelles Essen am Heiligen Abend

Rotha - Die Advents- und Weihnachtszeit ist für Matthias Süß aus Rotha eine Zeit der Traditionen. Süß stammt aus dem Erzgebirge, kam Mitte der 1980er Jahre nach Rotha. Und Neudorf im Erzgebirge ist so etwas wie ein Weihnachtsdorf. Lachend zeigt er das schlichte, putzige Räuchermännchen, das wohl wenigstens 62 Jahre alt ist. „Es muss wenigstens ein Jahr älter sein als ich, denn als ich als Baby Zähne bekommen habe, habe ich ihm die Hutkrempe angenagt“, lacht Süß.
Viel später habe er die geschnitzte Bergmannsfigur geschenkt bekommen, sagt er. Jeder Junge im Erzgebirge bekam eine geschnitzte Figur ähnlich seiner. Die Mädchen hingegen fanden einen geschnitzten Engel unterm Weihnachtsbaum. „So war das eben“, meint er. Genauso wie die Adventszeit damals in seinen Kindertagen tatsächlich als die Zeit der Ankunft verstanden wurde.
Weihnachten: Weihnachtspyramide und traditionelles Essen
Es sei nicht von einem Tag auf den anderen auf Weihnachten umgeschaltet worden. „Das passierte so nach und nach, dass die Weihnachtszeit im Haus Einzug hielt. Ab dem ersten Advent wurde das Haus immer ein wenig mehr geschmückt“, erinnerte er sich.
Und die große Weihnachtspyramide, die war für den Heiligen Abend reserviert, genau so wie auch der Weihnachtsbaum. „So wuchs von Tag zu Tag die Spannung ein bisschen mehr“, erinnert er sich.
Zu den Traditionen, die Matthias Süß aus seiner erzgebirgischen Heimat mit in den Südharz gebracht hat, gehört auch das typische Weihnachtsessen. „Neinerlaa“ kommt Heiligabend im Erzgebirge auf den Tisch. „Neinerlaa“ heißt „Neunerlei“ und bedeutet, dass traditionell neun verschiedene Gerichte gekocht werden. Matthias Süß (61) lebt diese Tradition auch noch heute.
Linsen stehen dafür, dass das Kleingeld nicht ausgehen soll.
Klöße stehen für das große Geld.
Bratwurst am Heiligen Abend verzehrt soll Herzlichkeit und Kraft erhalten.
Gänsebraten steht dafür, dass einem das Glück treu bleibt.
Sauerkraut soll dafür stehen, dass demjenigen, der er isst, das Leben nicht sauer wird.
Semmelmilch soll dafür sorgen, dass man nicht krank wird.
Pilze oder Rote Rüben sollen Freude, Gesundheit und Glück bringen und sich auch auf das Wachstum des Getreides auswirken.
Kompott steht dafür, dass man sich des Lebens erfreuen kann.
Nüsse und Mandeln zur Stärkung sowie Brot und Salz für die Gastfreundlichkeit.
"Neunerlei" als traditionelles Essen am Heiligen Abend
„Meine Mutter hat damals den ganzen Tag in der Küche zugebracht, damit Punkt 18 Uhr das Essen vorbereitet war. Sie ging auch nicht mit zum Gottesdienst“, erinnerte er sich. Da er und auch seine Frau beim Gottesdienst am Heiligen Abend mit eingespannt seien, halte man sich im Hause Süß zwar an die Tradition des „Neunerlei“, doch man habe ein paar Abwandlungen vorgenommen, damit es händelbar sei.
So wird das Linsengericht bereits zum Mittag serviert. Am Abend gebe es dann eine einfache Rosenkohlsuppe gefolgt von Klößen mit Sauerkraut und Bratwurst, ein Früchtekompott, Semmel mit Milch und klein gehackten Nüssen gehöre dazu ebenso wie Selleriesalat, Brot und Salz. Jedes dieser Gerichte stehe für einen Wunsch, den man hoffte, sich zu erfüllen. Kleingeld zum Beispiel, Gesundheit und Freude am Leben.
Zur Christmette am ersten Feiertag ging dann die Mutter mit, erinnerte sich Matthias Süß. „Allerdings hieß das zeitig aufstehen. Die Messe wurde morgens um fünf Uhr gehalten. Wer einen guten Platz in der Kirche haben wollte, musste auch schon viel zeitiger da sein.“ Er selbst habe als Junge immer vorn am Altar gestanden bei den anderen Kurrendesängern. (mz)