Kinderkriminalität Kinderkriminalität: Wenn Kinder zu Tätern werden
Sangerhausen - Die Gruppenvergewaltigung in Mühlheim/Ruhr, mutmaßlich begangen von 12- und 14-Jährigen, hat eine Debatte über die Herabsetzung der Altersgrenze für die Strafmündigkeit ausgelöst.
Wie oft werden unter 14-Jährige in Mansfeld-Südharz zu Tätern?
Steffi Schwan, Pressesprecherin des Polizeireviers Mansfeld-Südharz, kann zumindest die Zahl derer nennen, die offiziell angezeigt wurden.
Im vergangenen Jahr waren das immerhin 110 Jungen und Mädchen, die das Alter der Strafmündigkeit noch nicht erreicht hatten.
Nur geringer Anteil in der Kriminalstatistik
In der Statistik machten Kinder damit einen Anteil von 3,2 Prozent aller Tatverdächtigen aus. Im Zusammenhang mit einer so schweren Straftat wie in Mühlheim seien Kinder hier in den vergangenen Jahren aber nicht aufgefallen, sagt Schwan.
Wenn sie angezeigt werden, dann geht es meist um Delikte wie Körperverletzung, Beleidigung, Diebstahl, Ladendiebstahl und nicht zuletzt Sachbeschädigung.
So machte vor einigen Jahren in Sangerhausen eine Gruppe von fünf Jungen im Alter von acht bis 13 Jahren Schlagzeilen.
Einbruch und Vandalismus
Sie waren in die Garage der sogenannten S-Bahn eingebrochen, hatten an der roten Bimmelbahn Scheiben eingeschlagen, Radio und Lichterketten herausgerissen und den Ganghebel demoliert.
Auch im Fall mehrerer beschädigter Fahrzeuge einer Spedition an der Sangerhäuser Kupferhütte wurden drei Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren als Täter ermittelt. Sie hatten Steine auf die Lastzüge geworfen.
Doch auch die moderne Medienwelt birgt für Kinder neue Möglichkeiten, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.
So hat es die Polizei inzwischen immer wieder mit Anzeigen zu tun, die sich um unerlaubt aufgenommene und weiter verbreitete Fotos von anderen Leuten drehen.
Prävention statt Repression
Meist sind es dann die Eltern der Opfer, die mit einer Anzeige bei der Polizei darauf dringen, dass die Bilder aus den Gruppenchats verschwinden.
Kinder als Täter - die Polizei setzt bei dieser Gruppe vor allem auf Vorbeugung, sagt Schwan. „Wir arbeiten da eng mit den Schulsozialarbeitern zusammen, denn die Taten passieren ja auch oft im schulischen Bereich“, sagt sie.
Im gerade abgelaufenen Schuljahr habe zum Beispiel die Mutter eines Grundschulkindes aus Eisleben Anzeige erstattet, weil immer wieder Stifte aus dem Ranzen geklaut wurden. Die Kontaktbereichsbeamten seien dann zu einer Präventionsveranstaltung an die Schule gegangen.
Speziell zum Thema sexualisierte Gewalt habe es zum Ende des Schuljahres ein Angebot für alle Schulleiter im Landkreis gegeben, sagt Schwan. Es sei darum gegangen, wie man Anzeichen für Missbrauch erkennen kann.
Dabei habe man zwar vorrangig an erwachsene Täter gedacht. Das Beispiel Mühlheim zeigt aber, dass auch Kinder solche Taten verüben können.
Weniger Kinder werden kriminell
„Wir empfehlen immer die Anzeige, auch schon im Kinderbereich“, sagt Schwan. Denn die könne dafür sorgen, dass staatliche Stellen die Familie in den Blick nehme.
Zudem würden solche Anzeigen auch später noch eine Rolle spielen, wenn jemand inzwischen strafmündig geworden ist, weitere Taten begeht und und es für das Gericht darum geht, die kriminelle Karriere zu bewerten.
Beim Blick auf die jüngste Statistik gibt es allerdings auch Positives festzustellen. Die 110 Täter im Kindesalter vom vergangenen Jahr waren rund ein Drittel weniger als 2017.
Damals sind in Mansfeld-Südharz 166 Tatverdächtige angezeigt oder ermittelt worden, die noch nicht 14 waren. (mz)