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Kein Geld fürs letzte Hemd Kein Geld fürs letzte Hemd: So funktionieren Sozialbestattungen in Mansfeld-Südharz

Von Beate Thomashausen 26.04.2017, 13:53
Symbolisch hält Bestatter Gerald Bendlin einen als letztes Hemd gefalteten 20-Euro-Schein in die Kamera.
Symbolisch hält Bestatter Gerald Bendlin einen als letztes Hemd gefalteten 20-Euro-Schein in die Kamera. Maik Schumann

Sangerhausen - Was passiert, wenn der Tod zu teuer wird? Dann muss der Staat herhalten. Wie tut er das?

Zwischen 50 bis 60 Sozialbestattungen werden pro Jahr vom Landkreis Mansfeld-Südharz bewilligt. Sprich, Menschen, die kein Geld für die Bestattung ihres Angehörigen haben, können Geld beim Amt beantragen. In diesem Jahr waren es bereits 18 bewilligte Fälle. In wie vielen Fällen Anträge nicht bewilligt wurden, könne er nicht sagen, so Pressesprecher Uwe Gajowski: „Es findet keine Auswertung von nicht bewilligten Anträgen statt, da dies für die tägliche Arbeit nicht relevant ist.“

Bestattungshaus muss mit allen Leistungen in Vorkasse gehen

Relevant ist es aber für die Bestattungshäuser, ob ein Antrag auf Übernahme von Bestattungskosten positiv beschieden wird oder nicht. „Das ist wirklich ein Thema, was uns auf den Nägeln brennt“, sagt Steffi Bendlin vom Holdenstedter Bestattungshaus Bendlin. Erst jetzt im April gab es wieder so einen Fall, dass die Kostenübernahme abgelehnt wurde. Die Bestattung war allerdings bereits im Dezember vergangenen Jahres. „Das heißt, dass wir mit allem - auch den Fremdleistungen - in Vorkasse gegangen sind und seit über vier Monaten auf die Bezahlung warten“, sagt Gerald Bendlin.

Es gibt unterschiedliche Arten der Bestattung - die traditionelle, aber auch teuerste Art der Bestattung ist die Erdbestattung. Ebenfalls traditionell ist die Urnenbeisetzung in einem Urnengrab. Vermehrt gewünscht wird die Bestattung auf der grünen Wiese, eine anonyme Begräbnisstätte auf dem Friedhof für Urnenbeisetzungen. Auch Seebestattungen werden angeboten.

Vermehrt eine Rolle spielen die Bestattungen im Friedwald in Sangerhausen. Die Stadt betreibt den Bestattungswald mit der Friedwald GmbH. Der Friedwald ist eine alternative Bestattungsform. Die Asche Verstorbener ruht an den Wurzeln eines Baumes. Das Konzept gibt es seit Mitte 2000 in Deutschland. Der Friedwald Sangerhausen wurde 2013 eröffnet und hat eine Größe von 32 Hektar.

Neu ist in der Region die Baumbestattung, eine alternative Bestattungsform, die ein Wippraer Bestattungshaus aufgegriffen hat. Allerdings wird hier die Asche des Verstorbenen in den Niederlanden bestattet und die Angehörigen können am Ende das, was vom Verstorbenen übrig blieb, doch zu sich nach Hause zu holen: in Form eines Baumes.

Mit dem Kunden werde man nun eine Ratenzahlung vereinbaren. Zehn, 20 Euro im Monat. Was eben möglich ist. Und das bei Kosten von 1.800 Euro. Das sei kein Luxus. Das sei das Nötigste - die Arztrechnung, ein einfacher Sarg, die Überführung des Toten, die Einäscherung, eine einfache Urne. Von Blumen, einer Anzeige in der Zeitung oder einer Trauerfeier ist da noch gar nicht die Rede.

In der Arbeitshilfe für die Mitarbeiter des Sozialamts des Landkreises Mansfeld-Südharz wird ausführlich darauf eingegangen, welche Kosten übernommen werden und welche nicht. So darf demnach eine Erdbestattung mit Trauerfeier nicht mehr als 1.250 Euro kosten und eine Urnenbeisetzung 1.000 Euro. Für Blumen werden höchstens 50 Euro angesetzt. Ebenso werden die Kosten für ein einfaches Holzkreuz getragen. Nicht getragen werden die Kosten für Trauerkleidung, Trauerfeier, Todesanzeige und Bepflanzung der Grabstätte.

Verpflichtet, die Kosten der Bestattung zu tragen, sind die überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister oder Enkelkinder der verstorbenen Person. Wer Hilfe beantragen möchte, muss ein recht umfangreiches Formular auszufüllen, in dem der Antragsteller Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse und über das Erbe geben muss.

Steffi Bendlin meint, dass viele Klienten mit dem Ausfüllen dieser umfangreichen Fragebogens überfordert sind. „Es gehört zwar nicht zu unseren Aufgaben, aber wir würden bei der Antragstellung Hilfe leisten.“ Schon allein, um vielleicht so das Verfahren zu beschleunigen. Vier Monate warten, sei die Regel. Manchmal dauere es auch viel länger. Warum das so ist? „Wenn alle notwendigen Unterlagen vorliegen, wird der Antrag zeitnah entschieden“, sagt Pressesprecher Gajowski lapidar dazu.

Wenn Landkreis oder Stadt Posten auf Rechnung streichen, bleibt Bestattungsunternehmen auf Kosten sitzen

Auch, dass Posten aus der Rechnung herausgestrichen werden, geschehe immer wieder. „Manchmal ganz unverständlich. Und jeder Landkreis und jede Stadt handhabt das auch völlig anders“, sagt Gerald Bendlin. Halle zum Beispiel zeige sich wesentlich kulanter als der Landkreis Mansfeld-Südharz. „Da ist auch Blumenschmuck möglich.“ Auf den gestrichenen Posten bleibt das Bestattungsunternehmen im schlimmsten Falle sitzen. Bendlin: „Andere Kollegen gehen deshalb schon gar nicht mehr in Vorkasse, was Fremdleistungen betrifft. Wir sehen das aber immer noch als unseren Service an, dass wir zum Beispiel die Arztkosten erstmal vorschießen und dann mit in einer Gesamtsumme in Rechnung stellen.“

Die Bestattungskultur werde sich grundsätzlich in den kommenden Jahren wohl wandeln, meinen Bendlins. Friedwald und grüne Wiese stehen auf der Tagesordnung. Immer mehr Menschen entscheiden sich gegen eine Trauerfeier, nehmen nur noch im engsten Kreis direkt am Grab Abschied. Seit vor rund zehn Jahren das Sterbegeld von den Krankenkassen abgeschafft wurde, muss viel mehr gespart werden, denn die wenigsten denken daran, eine Sterbe- oder Risikolebensversicherung abzuschließen, die ihre Angehörigen absichern würde. Eine Sache, über die man aus Sicht von Steffi Bendlin unbedingt mal nachdenken sollte. (mz)