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Germania Hergisdorf  Germania Hergisdorf : Schummeln ist nicht erlaubt

Von Detlef Liedmann 06.04.2016, 12:05
Der Pfeil fliegt. Schützin Sylke Plathe, Andreas Most und dessen Schwester Annegret Krell (von links) beobachten aus verschiedenen Blickwinkeln seinen weiteren Weg auf dem Hergisdorfer Kulch.
Der Pfeil fliegt. Schützin Sylke Plathe, Andreas Most und dessen Schwester Annegret Krell (von links) beobachten aus verschiedenen Blickwinkeln seinen weiteren Weg auf dem Hergisdorfer Kulch. Detlef Liedmann

Hergisdorf - „Ich habe erst zweimal vorbei geschossen“, sagte Noah Krell am Samstag. Mit seinen sechs Jahren war der Thüringer jüngster Teilnehmer beim fünften Kulch-Turnier im jagdlichen Schießen. Und wurde am Schluss Dritter in seiner Klasse U 14 Blankbogen.

Dass er gern in die Schule geht, hat der Erstklässler erzählt. Aber Mathe nicht so gern macht. „Weil die Lehrerin immer gleich schimpft, wenn uns mal ein Fehler passiert.“ Mutter Annegret Krell kennt das Problem. Die Floristin aus Weißensee bei Sömmerda ist noch nicht lange Bogenschützin. Dabei war Sohn Noah der Auslöser. Auch für Annegret Krells Bruder Andreas Most. „Der Kleine hat sich einen Bogen gewünscht und irgendwie hat es uns alle erwischt“, so Most, der als Bauzeichner in einem Architekturbüro arbeitet. Noahs Onkel zeigt sich gut gerüstet fürs Turnier. Festes Schuhwerk braucht es im Gelände sowie gehörige Portionen an Kraft und Ausdauer. 28 Ziele haben die Vereinsmitglieder und Helfer vom Gastgeber Germania Hergisdorf aufgebaut. „Wir waren schon Freitagabend unterwegs wegen der Absperrungen und Hinweisschilder und heute früh halb sieben haben wir die ersten Ziele aufgebaut“, so Abteilungsleiter Jürgen Rockstroh.

Wie man so ein Turnier publik macht? „Es gibt da entsprechende Internetseiten und vieles aus dem Wettkampfgeschehen spricht sich natürlich unter den Schützen herum“, weiß Rockstroh. Er selbst hat am Sonnabend darauf verzichtet, seinen Bogen zu spannen. „Ich kümmere mich um den Papierkram.“ Und damit hatte der Hergisdorfer auch gut zu tun. Mithin 86 Teilnehmer waren bei 17 Bogen- und Altersklassen in 28 Gruppen aufzuteilen.

Das Bogenschießen ist ursprünglich eine der ältesten Jagdformen der Menschheit und spielte lange Zeit als Fernwaffe in kriegerischen Auseinandersetzungen eine bedeutsame Rolle. Heute ist das Schießen auf standardisierte Zielscheiben mit Recurvebögen, an denen Zielvorrichtungen und Stabilisatoren angebaut sind, die am weitesten verbreitete Bogensportart. Der verwendete Bogen, der häufig als „olympischer Bogen“ bezeichnet wird, ist ein technologisch hoch entwickeltes Sportgerät, mit welchem genaue Treffer auf große Distanzen erzielt werden können

Bei dieser Sportart wird häufig auf Parcours im Wald eine Jagd simuliert und auf Tierattrappen geschossen. Bogenschießen gehörte mehrfach zum Programm Olympischer Spiele.

28 deshalb, weil genau so viele Ziele aufgebaut waren. Durchweg Tiere aus Kunststoff vom nur wenige Zentimeter großen Murmeltier bis zum großen mannshohen Hirsch. 20 bis 60 Meter beträgt die Distanz . Kinder indes dürfen etwas näher ran ans Ziel. Im Uhrzeigersinn bewegten sich die Gruppen im weitläufigen Gelände um den Sportplatz am Kulch. Mal bergab, mal bergauf. Immer das Ziel im Blick. Andreas Most, zu seiner Gruppe zählte neben Schwester Annegret und Neffe Noah auch noch die Hergisdorferin Sylke Plathe, hatte ein Fernglas dabei. Denn trotz Visiereinrichtung bei manchen Bogenklassen ist der Zielkreis meist nur zu erahnen. Da braucht man schon einige Erfahrungen und gute Optik obendrein.

Für Mosts Schwester Annegret Krell indes wäre es fast nichts geworden mit den Erfahrungen. „Bei meinen ersten Turnier sind mir gleich vier Pfeile verloren gegangen. Da wollte ich alles in die Ecke schmeißen.“ Hat sie nicht und am Sonnabend in ihrer Klasse Damen Compound gewonnen. Als Preis gab es einen Keramikhasen, während die Tiere im Gelände aus Kunststoff bestehen. Auf Tiere schießen, auch wenn sie aus Kunststoff sind? „Ja, es gibt Bogenschützen, die dem jagdlichen Schießen in dieser Form ablehnend gegenüberstehen“, sagt Most. Proteste von Tierschützern habe es aber seines Wissens noch nicht gegeben.

Bemerkenswert beim jagdlichen Schießen zudem: Die Schützen notieren ihre Ringzahlen unterwegs selbst. Ehrlichkeit ist da oberstes Gebot. Aber: „In einer Vierergruppe ist auch immer mindestens ein Mitglied eines anderes Vereins“, so Sylke Plathe, die gut zwei Wochen vorm Turnier nach 16 Jahren „wilder Ehe“ geheiratet hat. Denn in der Liebe wie beim Bogenschießen gilt: Schummeln ist nicht erlaubt. (mz)

Drei Pfeile stecken in dem aus Kunststoff nachgebildeten Schwein. Doch genau ins Ziel hat keiner den Weg von ihnen gefunden.
Drei Pfeile stecken in dem aus Kunststoff nachgebildeten Schwein. Doch genau ins Ziel hat keiner den Weg von ihnen gefunden.
Detlef Liedmann