Ex-Landrat Schatz auf Anklagebank Ex-Landrat Dirk Schatz vor Gericht in Halle: Heute fällt das Urteil in der Küchenaffäre

Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat es unter dem Titel „Ganz oben, ganz unten“ getan. Und auch Ex-Landrat Dirk Schatz (Mansfeld-Südharz) will seine politische Karriere in Buchform verewigen. „Vieles, was sich in einem Arbeitsleben als Politiker auch hinter den Kulissen abspielt, ist es wert, mal aufgeschrieben zu werden. Manches zum Schmunzeln, manches macht nachdenklich“, verkündete der ehemalige Christdemokrat auf seiner Facebookseite.
Ob das Erstlingswerk schließlich zum Bestseller taugt, muss sich erst noch zeigen. Klar dagegen ist, dass Stoff für eine ganze Reihe lesenswerter Kapitel vorhanden ist. Ein spektakuläres wird an diesem Mittwoch zunächst auch ein Ende finden. In der sogenannten Küchenaffäre soll am Landgericht Halle das Urteil gesprochen werden.
Hat sich Schatz für Kantinen-Umbau bestechen lassen?
Die Staatsanwaltschaft hat den einstigen Kreischef wegen Bestechlichkeit angeklagt und fordert für ihn ein Jahr und zehn Monate Gefängnis, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Schatz soll einem Küchenstudio in Lutherstadt Eisleben einen äußerst lukrativen Auftrag zum Umbau der kreiseigenen Kantine zugeschanzt und dafür im Gegenzug eine fünfstellige Summe kassiert haben. Er selbst bestreitet das vehement. Sein Anwalt verlangt einen Freispruch.
Wie gesagt, das ist nur ein Kapitel in einer mit vielen Begebenheiten gespickten Geschichte, die 2007 ihren Anfang nahm. Damals wurden mit der Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt die Landkreise Mansfelder Land und Sangerhausen zum Landkreis Mansfeld-Südharz zusammengelegt und ein neuer Landrat gewählt. In der Stichwahl am 6. Mai 2007 erhielt der damalige CDU-Landtagsabgeordnete Schatz 52,9 Prozent der abgegeben Stimmen. Auf seinen Kontrahenten von der SPD entfielen 47,1 Prozent.
Die Wahlbeteiligung war allerdings nicht allzu hoch, nur jeder Fünfte hatte seine Stimme abgegeben. So wurde der einst anonyme Hinterbänkler aus Magdeburg schnell ins helle Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt. Es war der Beginn einer bislang beispiellosen Amtszeit, die mit allen ihren Entscheidungen bereits in die Annalen des neu gebildeten Landkreises eingegangen ist. Einige wirken bis heute nach.
Linken-Politikerin Klein: „wir haben immer noch mit den Hinterlassenschaften aus der Ära Schatz zu kämpfen“
Etwa der äußerst umstrittene Verkauf der drei kreiseigenen Krankenhäuser in Hettstedt, Lutherstadt Eisleben und Sangerhausen, der maßgeblich auf Betreiben des neuen Kreischefs zurückgeht. Rund 75 Millionen Euro spülte der Deal in die permanent klamme Kasse des Landkreises. Allerdings schwelt in diesem Zusammenhang bis heute ein Rechtsstreit mit dem Kommunalen Schadensausgleich über bestimmte Versicherungsleistungen. Die Details dazu waren im Kaufvertrag nicht eindeutig geregelt worden. Das könnte den Landkreis bis zu 20 Millionen Euro kosten.
Ein Teil des Verkaufserlöses floss übrigens in die Sanierung maroder Schulen im Landkreis, Schulden wurden getilgt und 50 Millionen Euro in einem kreiseigenen Zukunftsfonds gewinnbringend angelegt. So können sich Vereine und Verbände jährlich über eine Ausschüttung der Zinserträge freuen. „Doch wir haben auch immer noch mit den Hinterlassenschaften aus der Ära Schatz zu kämpfen“, sagte Angelika Klein bei der Übergabe eines Schecks aus den Erlösen des Zukunftsfonds seufzend.
Die ehemalige Landtagsabgeordnete und Linken-Politikerin Klein hat den CDU-Mann bei den Wahlen vor vier Jahren deutlich auf Abstand gehalten und beerbt. Seitdem sitzt sie im Chefsessel in der Kreisverwaltung. Dort hat man nach dem Machtwechsel offenbar aufgeatmet. Denn Schatz hat es in den sieben Jahren Amtszeit seinen Untergebenen nicht leicht gemacht.
Dirk Schatz legte autoritären Führungsstil an den Tag
Vor allem die Verwaltungsspitze haderte mit dem teils autoritären Führungsstil des Volkstedters, der sich gern in der Rolle eines Machers sah. „Wer sich ihm in den Weg stellt, wird bekämpft und gemobbt“, beschrieb der damalige Vize-Landrat und spätere Bundestagsabgeordnete Harald Koch (ehemals Die Linke) einst den internen Umgang im Haus. Selbst leitende Beamte der Kreisverwaltung Mansfeld-Südharz hätten Angst gehabt und vor dem Landrat gekuscht, berichtete er.
Nachfolgerin Klein kämpft noch immer mit den Folgen einiger der Eskapaden des einstigen Finanzbeamten. Etwa beim millionenschweren Bau einer neuen Rettungswache in Eisleben, der mit zahlreichen Planungsmängeln behaftet war. So entsprachen unter anderem die Stellplätze nicht der Norm. Klein stoppte den Bau kurzerhand. Dem Architekturbüro wurde der Auftrag entzogen.
Schatz führte Landkreis wie ein Unternehmen
Zudem wich Schatz in seiner Amtszeit auch ein ums andere Mal von den üblichen Gepflogenheiten einer Kommunalverwaltung ab. So schickte er sich an, den Landkreis wie ein Wirtschaftsunternehmen zu führen; die Verwaltung kaufte kurzerhand für fast 20 Millionen Euro zwei Photovoltaikanlangen. Die Erlöse aus dem Stromverkauf sollten dem Landkreis zugute kommen, da diese höhere Renditen versprachen als die sichere Anlage der Millionen im Zukunftsfonds. Erst das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg stoppte das offenkundig illegale Treiben. Die Richter verboten es dem Landkreis strikt, sich mit Solaranlagen auf dem Energiesektor wirtschaftlich zu betätigen.
Doch während Mansfeld-Südharz aus dieser Nummer nahezu unbeschadet herauskam, ging eine andere Grundstücksangelegenheit gründlich daneben. Als den Mitteldeutschen Fahrradwerken (Mifa) in Sangerhausen die Insolvenz drohte, inszenierte sich Schatz in der Öffentlichkeit als Retter. Er überzeugte den Kreistag, in einer Hau-Ruck-Aktion 5,7 Millionen Euro zur Rettung für den angeschlagenen Fahrradhersteller locker zu machen.
So konnte das damals wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen im Rahmen einer sogenannten Sale-and-Lease-Back-Transaktion (ein Rückmietverkauf) ein Betriebsgrundstück an den Landkreis verkaufen. Die vereinbarten Ratenzahlungen an den Landkreis blieben jedoch später aus und die Firma ging trotzdem in die Insolvenz. Bitter für den Landkreis, der am Ende sogar noch die offene Grunderwerbssteuer zahlen musste. Allein hier soll sich der Gesamtschaden auf drei Millionen Euro belaufen.
Dirk Schatz' Dienstwagen hatte sogar Blaulicht
Die angekündigte literarische Betätigung böte Schatz auch Gelegenheit, die unsägliche Blaulichtaffäre mal völlig ungeschminkt aufzuschreiben. Immerhin hat sie dem Landrat ein überregionales Interesse an seiner Person ebenso wie an seinem Dienstwagen mit Sondersignal und Blaulicht beschert. Die Staatsanwaltschaft Halle hat Schatz deshalb wegen Untreue angeklagt. Rund 15.000 Euro kostete die Nachrüstung der schnittigen Limousine. Am Ende musste die Signalanlage mangels Genehmigung doch wieder stillgelegt werden.
Überhaupt sorgte der Achtzylinder immer mal wieder für Gesprächsstoff. So berichtete Schatz, dass das Auto während einer Fahrt bei Gewitter von einem Blitz getroffen wurde. Vor laufenden Kameras wertete er den Fund eines Schraubendrehers im Unterboden der Oberklasse-Limousine als Anschlag auf sein Leben. Aber das ist schon wieder Stoff für zwei völlig neue Kapitel seines noch unveröffentlichten Werkes. (mz)