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Demografischer Wandel Demografischer Wandel: Weniger Kinder in Mansfeld-Südharz geboren

Von Beate Thomashausen 11.01.2019, 10:44
Tinka Rosalie Starke war eines der Babys, die im vergangenen Jahr in der Helios-Klinik in Sangerhausen das Licht der Welt erblickten. Die Eltern Anett Starke und Kevin Koch waren mit der Geburtshilfe von Theresa Große und Hebammenschülerin Gina Wedler (r.) zufrieden.
Tinka Rosalie Starke war eines der Babys, die im vergangenen Jahr in der Helios-Klinik in Sangerhausen das Licht der Welt erblickten. Die Eltern Anett Starke und Kevin Koch waren mit der Geburtshilfe von Theresa Große und Hebammenschülerin Gina Wedler (r.) zufrieden. Maik Schumann

Sangerhausen - Es werden immer weniger: 649 Kinder sind im vergangenen Jahr in Sangerhausen geboren worden, darunter auch zwei Zwillinge. Im Jahr zuvor waren es noch deutlich mehr: 724 Kinder. Und 2016 erblickten sogar 763 Kinder in Sangerhausen das Licht der Welt.

„Nach der Wende wurden immer weniger Babys geboren. Nun ist diese Generation selbst erwachsen geworden, ist Mitte 20 und im besten Alter, um selbst Mutter zu werden“, sagt Chefarzt Thoralf Amse. Aber nicht nur die Tatsache, dass jetzt die geburtenschwachen Jahrgänge Eltern werden, lasse die Geburtenzahlen drastisch sinken.

Erstgebärende sind älter

„Die Biografie der jungen Generation verschiebt sich“, beschreibt der Chefarzt. Junge Frauen würden heute erst Ausbildung und Studium abschließen und im Berufsleben ankommen wollen, ehe sie ein Kind planen. Früher sei das parallel gelaufen. Während Frauen vor 20, 30 Jahren mit Anfang 20 Mutter wurden, werde die Entscheidung, ein Kind zu bekommen, heutzutage deutlich später getroffen. Erstgebärende werden immer älter - so die Erfahrung in der Sangerhäuser Klinik.

„Wir haben in den vergangenen Jahren noch von den Frauen profitiert, die ihr zweites, drittes oder viertes Kind zur Welt gebracht haben“, sagt der Chefarzt. Deren Familienplanung sei nun aber auch abgeschlossen. Im vergangenen Jahr waren beispielsweise 40 Prozent der Mädchen und Jungen, die zur Welt kamen, das erste Kind der jeweiligen Mutter. Nur ein Fünftel aller Neugeborenen gehörten zu Familien, in denen es drei oder mehr Kinder gibt.

Im Vergleich zu früheren Jahren habe sich einiges geändert, sagt Amse. „Die Frauen kommen mit ganz klaren Vorstellungen zu uns, wie ihr Kind zur Welt kommen soll und sind enttäuscht, wenn die Geburt ganz anders abläuft.“ Dies hänge auch mit den Bildern zusammen, die im Fernsehen oder Internet von Geburten präsentiert werden. Vom geplanten Kaiserschnitt bis zum Wunsch einer natürlichen Geburt ohne jede Medizin sei alles vertreten. „In diesem Spektrum müssen wir uns bewegen“, so der Arzt.

Drogen sind ein Problem

Und noch einen anderen Trend hat der Arzt festgestellt: Nach seinem Erleben nehmen Frauen immer öfter das Risiko in Kauf, ihr Kind durch Rauchen in der Schwangerschaft zu gefährden. Es habe auch zu Beginn seiner Laufbahn vereinzelt Schwangere gegeben, die weitergeraucht haben. Heute, schätzt er, sei es jede zehnte Patientin. Manche Frau habe sogar die Nerven, während der Geburt vor die Tür zu gehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. „Wir haben hier alles schon erlebt“, sagt Amse. „Früher gab es da eine klare Ansage vom Gynäkologen und die Patientinnen haben sich zumeist daran gehalten.“ Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht haben, seien unruhig und litten eindeutig unter Entzugserscheinungen. „Sie müssen dann von unseren Kinderärzten besonders betreut werden“, sagt Amse.

Jede zehnte Schwangere raucht

Ähnliches bestätigt die Querfurter Gynäkologin Romana Richter, die seit 1981 in ihrem Beruf und seit 1991 als niedergelassene Ärztin arbeitet. „Mindestens jede zehnte Schwangere qualmt und reagiert total uneinsichtig, wenn ich sie auf die Gefahr für das Baby hinweise“, sagt sie. Auch in in ihrer Praxis gebe es öfter mal drogensüchtige Schwangere, das sei „ganz furchtbar“. „Die Frauen lesen darüber was im Internet, verstehen es nur zur Hälfte und folgen meinem ärztlichen Rat nicht“, schildert Richter. Sie versuche ihnen dennoch auf nette Weise die Problematik klarzumachen. „Solche Probleme sind mir in meinem ersten Jahrzehnt als Gynäkologin nicht begegnet“, sagt sie. Ab 1991 aber durchaus.

Auch mit anderen Formen der Sucht bekomme man es immer wieder zu tun, sagt Klinik-Chefarzt Thoralf Amse. Jedoch werden Patientinnen, die akut drogenabhängig sind, in eine Spezialklinik verwiesen, so Amse. „Diese Kinder können in der Sangerhäuser Klinik nicht so intensiv betreut werden, wie es dann nach der Geburt nötig sei“, erklärt der Chefarzt. (mz)