Baudenkmal in Wippra Baudenkmal in Wippra: Wieder "goldenes Zeitalter" im Kirchturm

Wippra - Es ist vollbracht: Der Kirchturm von St. Marien in Wippra verfügt wieder über eine intakte Uhr. Der Glockenbauer Silvio Beck hat am Dienstag die vergoldeten Zeiger an die erneuerten Zifferblätter angebracht. Sie waren tags zuvor von den Mitarbeitern der Spezialfirma Christian Beck aus Kölleda (Thüringen) installiert worden. Nun schlägt nicht nur das Uhrwerk der berühmten Firma Weule, sondern man kann die Zeit auch wieder am Kirchturm ablesen. „Ich bin froh, dass alles so gut gelaufen ist“, so Pfarrer Hans-Martin Kohlmann.
Herrlicher Blick über den Ort
Die vier Zifferblätter und die dazugehörigen Zeiger waren in der Werkstatt in Kölleda angefertigt worden. „Das geschah genau nach originalgetreuen Vorgaben“, versicherte Firmenchef Christian Beck der MZ. Er habe ein altes Musterbuch der Firma J. F. Weule aus Bockenem vorliegen, so dass die Kirchenuhr wieder genauso aussieht wie beim Einbau im Jahre 1919.
Damit wurden auch die Auflagen des Denkmalschutzes erfüllt, sagte Kohlmann. Mit Interesse hatte er die Arbeiten der Spezialisten verfolgt. Der 50-jährige Beck und sein Mechaniker-Kollege Nick Rieser waren am Montagmorgen angerückt. Sie haben zuerst die alten Zifferblätter, die kaum noch zu erkennen waren, abgebaut. Die Zeiger waren schon lange nicht mehr an der Kirchturmuhr.
65 Stufen führen hinauf zum Kirchturm. Das letzte Stück mussten die Glockenbauer über eine Standleiter bewältigen. Aus etwa 15 Metern Höhe hatten sie bei schönem Wetter eine herrliche Sicht auf Wippra und die Umgebung. „Um die Aussicht zu genießen, fehlt uns die Zeit“, so der 40-jährige Rieser. Mit Hilfe eines Seilzuges gelangten die alten Teile nach unten und die neuen wieder hinauf. Für einen Kran mit Hebebühne war zu wenig Platz. Außerdem kostet diese Art des Transportes eine Menge Geld. Und daran mangelt es in der Kirchgemeinde.
Gutes Omen für die EM?
So lag das Vorhaben seit 1992 auf Eis. Gerd Röthling, ein Hallenser, der nach Wippra gezogen war, hatte aus diesem Grund vor etwa vier Jahren eine Spendensammlung im Ort angeschoben. Rund 4.000 Euro waren damals zusammengekommen. Die Kirchgemeinde legte etwa 5.000 drauf. Und so konnte der Auftrag ausgelöst werden. Allerdings erst, als die Untere Denkmalschutzbehörde beim Kreis „nach einigem Hin und Her“, so Kohlmann, zufriedengestellt war.
Der barocke Putzbau der Kirche stammt aus dem 18. Jahrhundert. Im Innern des Gotteshauses kann man einen geschnitzten Marienaltar bestaunen, der um das Jahr 1480 angefertigt wurde. Im Kirchturm befinden sich zwei etwa 700 Jahre alte Glocken mit gotischen Schriftzeichen, die über dem Uhrenschrank mit der Inschrift „Eine meiner Stunden wird deine letzte sein“ hängen. Die Mechaniker hatten dafür nur einen kurzen Blick.
Nach den Vorarbeiten mit den Zifferblättern wurde die Installation am Dienstag vollendet: Silvio Beck schraubte die vier Zeiger dran. Nun könne man wieder im „Vorbeifahren“ ablesen, „was die Stunde geschlagen hat“, frohlockte Röthling über das Internet. Er hatte einst jede Woche das Uhrwerk aufgezogen. Inzwischen ist er nach Halle zurückgekehrt und froh, dass der gebürtige Wippraer Matthias Kolditz diese ehrenamtliche Arbeit übernommen hat. Röthling hatte früher auch zu Besichtigungen des Kirchturms eingeladen. Übrigens das letzte Mal vor zwei Jahren zum Finale der Fußball-WM in Brasilien. „Wenn das kein gutes Omen für die EM ist“, so der Hallenser. (mz)



