"Rechtsfahrgebot" Zwischen Hedersleben und Hausneindorf: Radweg darf nur in eine Richtung benutzt werden

Hedersleben/Hausneindorf - Radfahrer auf der Strecke zwischen Hausneindorf und Hedersleben haben Glück: Sie können einen straßenbegleitenden Radweg nutzen. Alle Radfahrer? Nein – nur diejenigen, die von Hedersleben nach Hausneindorf unterwegs sind. In Gegenrichtung ist der Weg ausschließlich Fußgängern vorbehalten. Was ein Irrtum zu sein scheint, ist rechtlich korrekt, beraubt den Weg aber seines ursprünglichen Zwecks.
Gebaut wurde er im Zuge der Straßensanierung in den 2000er-Jahren, erinnert sich der Hederslebener CDU-Gemeinderat Adolf Speck, der das Thema im Rat zur Sprache brachte. Die Anlieger mussten seinerzeit dafür Acker verkaufen, weiß Uwe Fabian (parteilos), Bürgermeister von Selke-Aue aus Hausneindorf.
Ausgeschildert wurde er als gemeinsamer Rad- und Fußweg mit dem Verkehrszeichen 240. Dieses verpflichtet Radler, den Weg zu nutzen – sie dürfen nicht auf der Landesstraße 73 fahren.
Laut Schild müssen Radfahrer den gemeinsamer Rad- und Fußweg nutzen
Im Vorharz war das kein Problem, anders in Regensburg: Dort klagte ein Radfahrer gegen die Radwegebenutzungspflicht. Im November 2010 gab ihm das Bundesverwaltungsgericht recht: Das Verkehrszeichen 240 dürfe nur aufgestellt werden, wo „besondere örtliche Verhältnisse“ eine „Gefahrenlage“ begründen, die über das Normale hinausgeht, heißt es im Urteilstext.
Das hat Folgen für Radfahrer im Vorharz. Die Straßenverkehrsbehörden sollten auch im Harzkreis die Schilder an Radwegen überprüfen. Danach wurde unter anderem Anfang März 2018 am Radweg zwischen Hausneindorf und Hedersleben jeweils am Ortsausgang das Verkehrszeichen 239 – Gehweg – aufgestellt. In Richtung Hausneindorf wurde das Zusatzschild „Radfahrer frei“ hinzugefügt, in Richtung Hedersleben nicht.
Keine Auskunft von Straßenverkehrsbehörde des Harzkreises
Warum? Aus der Straßenverkehrsbehörde des Harzkreises, die für die Beschilderung zuständig ist, ist derzeit wegen der „angespannten personellen Situation“ keine Auskunft zu erhalten, heißt es aus der Pressestelle.
Ein Grund sei aber, dass Radfahrer in Richtung Hedersleben auf der linken Seite fahren müssten, sagt Jenny Spott, die sich bei der Verbandsgemeinde Vorharz um verkehrsrechtliche Anordnungen kümmert.
Dies widerspreche dem Rechtsfahrgebot auf deutschen Straßen. „Die Freigabe von Gehwegen auf der linken Seite, entgegen der Fahrtrichtung, ist nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig.“
Polizist: Der Radweg entspricht nicht mehr dem Standard
Zudem seien die Vorschriften, wie breit gemeinsame Rad- und Gehwege sein müssten, im Lauf der Jahre mehrfach verändert worden, sagt Uwe Raugust, der im Polizeirevier in Halberstadt für die Verkehrsorganisation zuständig ist. Der Weg zwischen Hedersleben und Hausneindorf entspreche nicht mehr den aktuellen Standards.
Bei den Einwohnern stößt die Regelung auf wenig Verständnis. „Für mich ist das ein Schildbürgerstreich“, sagt Hausneindorfs Bürgermeister Fabian. Radelnde Schulkinder und Rentner seien auf dem Weg besser aufgehoben als auf der Straße.
Unfälle habe es wegen der Doppelnutzung noch nie gegeben. Er wolle die Vorschriften nicht infrage stellen, so Gemeinderat Speck. „Aber man muss die Kirche im Dorf lassen.“ (mz)