Wildschweine Willi und Berta leben Wildschweine Willi und Berta leben: Behörde rückt vorerst ab und stellt Ultimatum

Thale - Was geschieht mit Willi, Berta und ihren sieben Frischlingen? Jens Rennecke, der sich seit Jahren um die Wildschweine kümmert, und rund 30 Unterstützer, die seinem Aufruf in den sozialen Medien gefolgt sind, rechnen am Mittwochmorgen auf einem Wohngrundstück in Thale mit dem Schlimmsten - der Erschießung der Tiere. Behördenvertreter hatten Rennecke gegenüber angekündigt, die Schweine abholen zu wollen.
Nach stundenlangem bangem Warten auf Mitarbeiter des Landkreises und einer kurzen, intensiv geführten Debatte über den Maschendrahtzaun des Tiergeländes hinweg steht fest: Der Umzug wird verschoben. Die Bauaufsicht gibt Rennecke noch acht Wochen, um die Wildschweine auf ein geeignetes Grundstück zu bringen.
Früh waren die Tierfreunde auf den Beinen: Noch am Dienstagabend, berichtet Rennecke, habe ihn ein „Insider“ aus dem Landratsamt anonym angerufen und ihm mitgeteilt, dass die Behörde die Wildschweine schon drei Stunden früher, nämlich um 6 Uhr, holen wollte, um Medien und Tierschützern aus dem Weg zu gehen.
„Ich habe mein gültiges Aktenzeichen genannt bekommen“, schildert der Thalenser, der eine Wildtierhilfe betreibt. „Das können sich Unwissende nicht zufällig richtig ausdenken.“ Rennecke hielt die Warnung also für glaubhaft und informierte seine Unterstützer.
Wildschweinpaar Willi und Berta lebt: Renneckes „Spione“ beobachten die Gegend
Zwischen sechs und acht Uhr hätten ihm seine „Spione“ in der Nachbarschaft ein Auto mit Halberstädter Kennzeichen gemeldet, von dem man wisse, dass es einem Mitarbeiter des Landkreises gehöre.
Der Kompaktklassewagen - der für den Transport von Wildschweinen völlig ungeeignet sei - sei allerdings schon nach kurzer Zeit wieder weggefahren.
Kurz vor 9 Uhr fährt ein Polizeiwagen an dem Garten vorbei, in der Stunde danach folgen weitere. Thomas Schittko, Koordinator der Bauaufsicht des Landkreises Harz, betritt das Grundstück kurz vor 10 Uhr zusammen mit fünf Polizisten. „Wir sind hier, um zu verhindern, dass es zu Gewalt kommt“, erklärt einer von ihnen.
Wildschweinpaar Willi und Berta lebt: Rennecke beschützt seine Tiere
Jens Rennecke steht inzwischen bei seinen Schützlingen hinter dem Zaun, den er 2015 errichtet hat. „Mich kennen die Tiere“, erklärt er, ein anderer könnte sich nicht so gefahrlos dort hineinstellen.
Der Gedanke dahinter: Solange er bei seinen Wildschweinen steht, können ihnen die „Eindringlinge“ nichts tun. Da bei Willi vor zwei Jahren eine Betäubung fehlschlug, fürchtet er, dass die Behörde die Tiere erschießen will.
Wildschweinpaar Willi und Berta lebt: Plötzlich heizt sich die Stimmung auf
Auf Einwände der Versammelten, er dürfe das Grundstück gar nicht betreten, erwidert Schittko, dies erlaube ihm eine Verfügung. Als er die Tierschützer auffordert, sich in den vorderen Teil des Grundstücks, vom Wildschweingehege weg zu begeben, heizt sich die Stimmung weiter auf. Etwa zehn Handykameras sind auf ihn gerichtet; irritiert lässt Schittko seine Hand einen Moment lang auf der Linse des ebenfalls angereisten Fernsehteams ruhen.
Wildschweinpaar Willi und Berta lebt: Leerstehendes Gehege an der Sargstedter Warte gefunden
Für Momente scheint die Lage festgefahren, dann bietet ein Freund Renneckes einen Ausweg an: Frank Rabethge berichtet von einem „riesengroßen“ leerstehenden Wildschweingehege an der Sargstedter Warte. Erst an diesem Morgen hätten Rennecke und er erfahren, dass es zum Verkauf stehe.
Schittko zweifelt zunächst, entscheidet sich dann jedoch, dem Tierfreund noch eine Chance zu geben. Acht Wochen hat Rennecke für den Grundstückskauf. Der Thalenser verspricht im Gegenzug, seinen Bruder mit ins Boot zu holen, der Immobilienmakler ist, und Rabethge eine Vollmacht zu schreiben. „Den Mist von heute zahle ich in Raten ab“, sagt Rennecke, der laut eigener Darstellung die Kosten des Einsatzes zu tragen hat. (mz)
