Wer war das? Wer war das? : Hunderte Autoreifen am Bahnhof Reinstedt abgekippt

Reinstedt - „In dieser Masche steckt kriminelle Energie“, sagt Klaus Wycisk. Der Bürgermeister der Stadt Falkenstein ist ebenso entsetzt wie die Reinstedter, denen sich ein übler Anblick bietet: Hunderte von Autoreifen sind am ehemaligen Bahnhof des Ortes illegal entsorgt worden.
Die abgefahrenen Traktor-, Lkw- und Pkw-Reifen türmen sich auf dem Gelände auf. Teilweise sind auf ihnen handgeschriebene Fahrzeug-Kennzeichen zu sehen, oft aus dem Salzlandkreis.
Seit Monaten liegen die Reifen da. Das Umweltamt des Landkreises, die Polizei und der Bürgermeister bestätigen, dass eine entsprechende Anzeige bereits im Dezember 2016 erfolgt ist.
Indizien werden derzeit aufgearbeitet
„Da eigene Recherchen zum möglichen Verursacher keinen Erfolg brachten, wurde zeitnah die Polizei beziehungsweise die Staatsanwaltschaft über den Sachverhalt informiert“, sagt Kreissprecher Manuel Slawig auf Anfrage der MZ.
„Laut Aussagen der ermittelnden Beamten werden die bei einer Besichtigung aufgefundenen Indizien derzeit aufgearbeitet, in der Hoffnung, den Verursacher für diese Verkippungen ermitteln zu können.“
Zu Hinweisen gibt es keine Aussagen
Laut Polizei liegt das Verfahren derzeit bei der Staatsanwaltschaft, die über das weitere Vorgehen entscheidet. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, gibt es keine Aussagen darüber, ob und welche Hinweise es gibt, die zu den Tätern führen können.
Vorerst bleiben die Reifen vermutlich also da, wo sie sind. Die Abfallbehörde des Landkreises will den endgültigen Abschluss dieser Verursacherermittlung noch abwarten, sagt Slawig. „Insbesondere, da von den Reifen bei bloßer Lagerung derzeit keine Gefahr ausgeht.“
Grundstückseigentümer am Ende in der Pflicht
Sollte der Verursacher nicht ermittelt werden können oder die Reifen nicht entsorgen, müsse der Grundstückseigentümer, der als Inhaber der so genannten „tatsächlichen Gewalt“ hier neben dem Verursacher rechtlich gesehen auch verantwortlich ist, die Abfallentsorgung durchführen.
„Am Ende trifft’s die Grundstückseigentümer“, sagt Bürgermeister Wycisk. Und das seien in diesem Fall die Stadt Falkenstein und zwei private Eigentümer.
Die Stadt sieht sich laut Wycisk immer häufiger mit Müllverkippung in der Natur konfrontiert: Im Schiefen Tal hinauf zum Gartenhaus seien ganze Pakete mit vollen Windeln entsorgt worden.
Darüber hinaus gebe es „wilde Deponien von Bauschutt und Grobmüll, bei denen wir dachten, dass wir das schon Jahre hinter uns gelassen haben“. Schließlich gebe es im Landkreis ein hervorragendes Entsorgungssystem, betont er.
So schnell wie möglich entsorgen
„Das ist eine Welle, die uns ereilt“, stellt der Bürgermeister fest. Es sei noch nie vorgekommen, dass Autoreifen in dieser Größenordnung illegal entsorgt wurden.
Die Stadt sei daran interessiert, dass der Reifenberg so schnell wie möglich beseitigt wird. Zum einen wegen seiner Größe, zum anderen, weil womöglich noch andere auf den Gedanken kommen könnten, dort Müll zu entsorgen.
„Wenn der Verursacher nicht feststellbar ist, wird die öffentliche Hand belangt“, sagt Wycisk. Er sieht das mit Sorge: „Wenn man mit dem Haushalt in der Konsolidierung ist, tut das umso mehr weh.“ Dann bliebe weniger Geld für andere, dringende Aufgaben.
Müll in der freien Natur, dann zahlen alle
Hätten die Autoreifen in der „freien Natur“ gelegen, wäre der Landkreis am Zug, erklärt der Kreissprecher: Abfälle, die in der „freien Landschaft“ - also im Wald oder auf freiem Feld - illegal abgelagert wurden und für die der Verursacher nicht ermittelt werden kann, „müssen über den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, hier bei uns die Enwi, auf deren Kosten entsorgt werden“, sagt Slawig.
„Die Kosten dafür werden dann auf die Gebührenzahler umgelegt. Sollten Verursacher ermittelt werden können, werden natürlich vorrangig diese zur Entsorgung verpflichtet.“
Ermittlungen unterschiedlich
Wie Umweltsünder ermittelt werden, sei immer eine Einzelfallentscheidung, sagt der Sprecher. Im Fall von Reinstedt wurden Polizei und Staatsanwaltschaft aufgrund des Verdachts einer Straftat hinzugezogen.
„In anderen Fällen wurden auch durch die Mitarbeiter der Unteren Abfallbehörde selbstständige Ermittlungen zu möglichen Verursachern aufgenommen“, sagt Slawig. Dies geschieht „in der Regel beginnend mit einer Ortsbesichtigung und einer Suche nach Hinweisen möglicher Verursacher.
Dies können Paketaufkleber oder Anschriften auf Briefen sein, Kennzeichentafeln von Autos oder ähnliches. In Ortslagen werden auch benachbarte Anwohner befragt, die etwas gesehen haben könnten“. Dann werde diesen Hinweisen vom „Schreibtisch aus“ weiter nachgegangen.
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143 Tonnen Haus- und Sperrmüll sind nach Angaben der Untere Abfallbehörde im Landkreis Harz im Jahr 2015 illegal entsorgt worden. Das seien neun Tonnen mehr als 2014. Verkippt werde auch Gewerbemüll, der „bezogen auf die Zusammensetzung und Menge“ beispielsweise von Malern, Fliesenlegern oder Dachdeckern stammen müsse. Im Jahr 2015 waren es mehr als 300 Tonnen unterschiedlichster Abfälle, die von der Enwi entsorgt werden mussten, mehr als 2.400 Reifen und 45 Elektrogeräte.
Hinweise auf illegale Müllentsorgungen nehmen alle Ordnungsämter und das Umweltamt unter Telefon 03941/59 70 57 93 an. (mz)