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Wenn Väter wenig Geld haben Wenn Väter wenig Geld haben: Kreis zahlt eine Million Euro Kindesunterhalt

Von Detlef Horenburg 16.02.2017, 09:45
Alleinerziehende leben oft am Existenzminimum.
Alleinerziehende leben oft am Existenzminimum. dpa-Zentralbild

Halberstadt/Quedlinburg - Die Zahl lässt aufhorchen: Für 1.843 Kinder bis zum zwölften Lebensjahr zahlten im vergangenen Jahr Bund, Land und Landkreis den so genannten Unterhaltsvorschuss. Insgesamt seien 3,4 Millionen Euro an alleinerziehende Eltern im Harzkreis geflossen. Ein Drittel davon hatte der Landkreis zu tragen.

„Durch diese staatliche Vorschussleistung soll der Lebensunterhalt des Kindes teilweise gesichert werden, sollte sich der familienferne Elternteil der Pflicht zur Zahlung von Unterhalt ganz oder teilweise entziehen, hierzu nicht oder nicht im vollen Umfang in der Lage oder gar verstorben sein“, sagte Kreisjugendamtsleiterin Carmen Werner.

Unterstützung für Alleinerziehende

Damit soll gesichert werden, dass die alleinerziehenden Eltern nicht in die Sozialleistungsfalle tappen. Doch dies könne nicht in jedem Fall verhindert werden. Die überwiegende Mehrheit der Kinder, die im Landkreis Harz leben und Unterhaltsvorschuss über das Unterhaltsvorschussgesetz erhalten, wohnt bei der Mutter, sagte sie. Dies seien immerhin 95 Prozent der Fälle. Viele Mütter gehörten zu den Geringverdienenden oder bezögen schon selbst Sozialleistungen.

„Viele der säumigen Väter erhalten ebenfalls Hartz-IV-Leistungen“, sagte die Amtsleiterin. Wieder andere verdienen lediglich den Mindestlohn und liegen so mit dem Einkommen unter dem gesetzlich fixierten Eigenbedarf - nach Abzug des Selbstbehalts - von 1.080 Euro.

Manche Väter wollen nicht zahlen

Nur ein Nettoeinkommen, das darüber hinausgeht, kann für die Unterhaltspflicht nach gesetzlicher Tabelle herangezogen werden. Doch dies ist nach ihren Worten kein Grund, sich vor der Verantwortung zu drücken: „Wenn vom zahlungspflichtigen Elternteil nicht gezahlt wird, liegt das nicht selten an der Einstellung: Will ich für mein Kind zahlen oder nicht?“

Möchte die Mutter für das Kind Unterhaltsvorschuss beantragen, muss sie den Vater benennen und entsprechende Nachweise – so etwa eine Vaterschaftsanerkennung – beibringen, hieß es vom Kreisjugendamt. Dies sei beispielsweise eine Voraussetzung für den Anspruch auf staatlichen Kindesunterhalt.

Die Anzahl der Unterhaltsvorschussfälle sei in den Jahren schwankend gewesen. Sie hänge mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Insgesamt seien 5.188 aktuelle Fälle von Unterhaltszahlungen im Landkreis Harz aufgelaufen. Tendenz steigend. Bund, Land und Landkreis wollen aber nicht auf den Kosten sitzen bleiben. „Wir überprüfen jährlich die aktuelle Situation des Unterhaltspflichtigen, um uns die Vorschusszahlungen zurückzuholen“, sagte Amtsleiterin Werner. Im vergangenen Jahr wurden so rund 799.000 Euro eingenommen.

Gesetz wurde überarbeitet

Auf Zustimmung trifft im Harzer Jugendamt auch das zum 1. Juli beschlossene Unterhaltsvorschussgesetz: Es sei Zeit für eine Überarbeitung gewesen, so der Tenor im Amt, denn auch nach dem zwölften Geburtstag würden Kinder Geld kosten. Mit der Neuregelung soll nicht nur die Begrenzung auf insgesamt sechs Jahre bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes wegfallen. Alleinerziehende sollen danach den Vorschuss auch so lange in Anspruch nehmen können, bis das Kind 18 Jahre alt ist.

Welche Auswirkungen die Neuregelung auf den Landkreis haben wird, könne noch nicht konkret benannt werden, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen noch fehlten. Fakt sei aber: Es werden erhebliche Mehrkosten auf die Landkreise zukommen. Schließlich wären dann, schon bedingt durch die Erweiterung des Zeitraums der Zahlungen, deutlich mehr Fälle zu bearbeiten als bisher, um die Beratung, die Bearbeitung der Anträge und die Auszahlung abzusichern.

Aber auch, um das Geld von zahlungsfähigen Vätern und Müttern wieder zurückzuholen. Und dafür wären auch mehr als die bisher neun Mitarbeiter nötig. Dazu kommen noch die Verwaltungskosten. Neben Ausgaben für die Büros, Computer und Software würden vor allem die Gehälter der Mitarbeiter darunter fallen. (mz)