Unerwünschte Ermittlungen? Verfolgung Unschuldiger, falsche Verdächtigung, Vortäuschen einer Straftat: Strafanzeige gegen Leiter des Polizeireviers Harz in Halberstadt

Halberstadt - Die Auseinandersetzungen im Polizeirevier Harz haben sich verschärft. Hier war ein Streit zwischen Revierleiter Marco Zeuner und dem mittlerweile nach Bernburg zurückversetzten Chef des Revierkriminaldienstes entbrannt. Neuer Höhepunkt: Ein Kriminalpolizist hat gegen Revierleiter Marco Zeuner bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg Strafanzeige erstattet.
Sie ist dort laut Behördensprecher Frank Baumgarten am 15. März eingegangen. Die Liste der - bislang ungeprüften - Vorwürfe ist lang: Verfolgung Unschuldiger, falsche Verdächtigung, Vortäuschen einer Straftat, Urkundenunterdrückung, Körperverletzung im Amt sowie Verleumdung.
Streit unter Polizisten um Ermittlungsgruppe „Tadano“
Hintergrund der Anzeige ist der Streit um die Ermittlungsgruppe (EG) „Tadano“. Ihr ehemaliger Leiter hatte sich in einem elfseitigen Schreiben beim Innenministerium über Zeuner beschwert. Er kritisierte die - aus seiner Sicht - mangelnde Unterstützung durch die Revierleitung und schließlich die Auflösung von „Tadano“.
Er sei am Ende gezwungen worden, die Ermittlungen allein zu führen. „Diese Aufgabe war nicht mehr zu stemmen und führte zu einer völligen Arbeitsüberlastung verbunden mit einem Gefühl, dass diese Arbeit nicht gewollt ist“, schreibt der Polizist.
Vom Chef des Revierkriminaldienstes (RKD) dagegen sei er stets unterstützt worden. „Mir ist klar geworden, dass die EG - und damit meine Person - zum Anlass genommen wird, die Differenzen zwischen dem Revierleiter und dem RKD-Leiter auszutragen.“
Ermittlungen gegen Diebe von Bau- und Landmaschinen
„Tadano“ hatte gegen eine Bande von Dieben ermittelt, die Bau- und Landmaschinen stahlen, um sie später bei Ebay zu verkaufen. Der Name leitet sich von der Marke des Krans ab, dessen Räder gestohlen worden waren.
Die Ermittlungsgruppe war erfolgreich. So entdeckten die Polizisten mit gestohlenen Maschinen vollgestellte Scheunen und Hallen. Das sichergestellte Diebesgut hatte einen Wert von einigen Hunderttausend Euro.
Abgeordneter Polizist wurde nach Bernburg zurückgeschickt
Die Ermittler vermuteten noch weitere Verstecke mit gestohlenen Maschinen. Dennoch wurde „Tadano“ aufgelöst. Der nach Halberstadt abgeordnete RKD-Chef wurde unterdessen nach Bernburg zurückgeschickt - zusammen mit einem ehemaligen „Tadano“-Mitglied.
Dieser „Tadano“-Ermittler hat nun Zeuner angezeigt. Unter anderem wirft er dem Revierleiter die Verfolgung Unschuldiger vor. „Herr Zeuner hat der Polizeidirektion Nord gegenüber geäußert, dass sich mein Mandant angeblich eines Betrugs schuldig gemacht hat“, sagt sein Anwalt Jens-Uwe Siebert der MZ.
Polizisten wurden in der Nähe von Goslar geblitzt
Zwei Beamte der Ermittlungsgruppe „Tadano“ waren bei einem Einsatz in Wolfsburg auf dem Rückweg in der Nähe von Goslar geblitzt worden. Der Anzeigeerstatter saß dabei am Steuer. Laut Siebert waren sie 19 Kilometer pro Stunde zu schnell. Der Landkreis Goslar fragte bei der Polizei an, ob es sich um einen Einsatz handele, oder ob der Polizist ein Verwarngeld bezahlen müsse.
Wie Siebert sagt, teilte Zeuner dem Landkreis mit, dass sein Ermittler die Strafe zahlen müsse. Der wiederum legte dagegen einen Widerspruch ein - laut Siebert der Grund für Zeuner, den Polizisten wegen Betrugs anzuzeigen. „Die Ermittlungen wurden von der Polizeidirektion Nord natürlich eingestellt, weil man merkte, dass nicht das Geringste dran war“, sagt Siebert.
„Haltlose Vorwürfe, aufgebauschte Situationen“
„Haltlose Vorwürfe, aufgebauschte Situationen“, wie Siebert es nennt - die Arbeitsumstände im Revier Harz haben laut dem Anwalt zur Krankschreibung seines Mandanten geführt. Das soll auch der Polizeiärztliche Dienst so festgestellt haben. Darum wirft der Polizist dem Harzer Revierleiter Körperverletzung im Amt vor.
Zeuner will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. „Diese Anzeige ist mir nicht bekannt“, sagt er der MZ auf Anfrage. „Im Innenministerium wird derzeit der hier in Rede stehende Sachverhalt im Zusammenhang mit der Auflösung der EG ,Tadano‘ aufgrund einer Beschwerde aufgearbeitet“, teilt Ministeriumssprecher Stefan Brodtrück mit.
Innenministerium sieht keinen Grund zum Handeln
Im Hinblick auf die Strafanzeige gegen Zeuner müsse die Staatsanwaltschaft entscheiden, wie es weitergeht. Brodtrück: „Derzeit gibt es keine Veranlassung, gegen Herrn Zeuner dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.“
Der Landesbauernverband in Sachsen-Anhalt drängt indes darauf, dass die „Tadano“-Ermittlungen fortgeführt werden. „Unsere Landwirte fühlen sich verunsichert“, sagt Wolfgang Köhler, Geschäftsführer des Bauernverbands Börde, der MZ. Er will Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) auffordern, dafür zu sorgen, dass weiter gegen Landmaschinen-Diebe ermittelt wird. (mz)