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Überraschender Nachwuchs bei Berta und Willi Überraschender Nachwuchs bei Berta und Willi: Sieben auf einen Streich

Von Sabine Herforth 04.07.2017, 13:30
Wildschweinmutter Berta hat am Sonntag überraschend Nachwuchs bekommen.
Wildschweinmutter Berta hat am Sonntag überraschend Nachwuchs bekommen. Chris Wohlfeld

Thale - Aufgeregt schnauft Berta, als Jens Rennecke sich ihr nähert. Beruhigend redet er auf das Wildschwein ein, klopft ihm mit der Hand auf den Rücken.

Es ist eine ungewöhnliche Szene, denn an die Bache kuscheln sich sieben Frischlinge, die gerade einen Tag alt sind. In freier Natur hätte das Muttertier dem Eindringling die Hölle heiß gemacht.

Normale Paarungszeit ist eigentlich vorbei

Für den Thalenser Tierfreund Jens Rennecke kam der Nachwuchs völlig überraschend. Denn die normale Paarungszeit der Wildschweine ist längst vorbei.

Die Rauschzeit, so Rennecke, gehe üblicherweise von Herbst bis Januar. Im Februar gab es bereits einen Wurf. „Damit war das Thema durch für dieses Jahr“, sagt er.

Doch Berta und Willi - die beiden sind drei Jahre alt und genauso lange in dem Stall in Thale zu Hause - machten ihm einen dicken Strich durch die Rechnung.

Berta hat sich immer mehr zickig verhalten

Im Nachhinein verstehe er nun, warum Berta zuletzt ein eher zickiges Wildschwein war und sich etwas anders verhielt als sonst. Am Wochenende habe sie dann begonnen Geäst zusammenzusuchen.

Rennecke wurde skeptisch „Ich habe gedacht, die wird doch jetzt nicht einen Wurfkessel bauen“, erzählt der Tierfreund noch immer verblüfft. Er sei daraufhin losgefahren, um Stroh zu besorgen, das er in dem Unterschlupf verteilte.

Gerade noch rechtzeitig, denn tags drauf erblickte er sieben kleine Rüssel neben der Bache. „Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet“, erklärt Rennecke.

In der freien Natur ist das nicht die Regel

„Das ist nicht so ungewöhnlich“, weiß Uwe Köhler, Leiter des Tierparks Thale. „Wir haben das hier auch schon erlebt“, fügt er an.

Die Regel seien zwei Wildschweinwürfe vor allem in freier Natur zwar nicht. Diese könnten aber beispielsweise dann vorkommen, wenn der erste verloren ginge und die Bache noch einmal „rauschig“ werde.

„Die Rauschzeit wird nicht nur vom Wetter beeinflusst, sondern auch von der Ernährungslage“, führt Köhler aus. Vielerorts beginne die Paarungszeit deshalb bereits im Spätherbst und dauere bis März.

In menschlicher Obhut seien die Bedingungen zudem ganzjährig optimal, sodass zweimal Frischlinge im Jahr durchaus möglich seien, erklärt Köhler.

Für die Kleinen in Renneckes Stall gibt es jetzt erst einmal Muttermilch, aber schon mit drei Wochen beginnen sie selbst in der Erde zu wühlen.

Die erwachsenen Tiere bekommen Schrot, Kleie und ganzes Weizenkorn sowie eine Mineralmischung, berichtet Jens Rennecke. Er kann sich die sieben Frischlinge nur damit erklären, dass „Berta sich hier sicher und gut versorgt fühlt“. Das sei auch der Grund, warum er so nah an das Muttertier herangehen könne, ohne angegriffen zu werden.

Wildschweinkinder werden nach Stangerode umgesiedelt

In frühestens drei Monaten werden die Wildschweinkinder nach Stangerode umgesiedelt und bekommen in einer großen Wildschweinrotte ein neues Zuhause. Dort werden sie dann auch auf ihre Brüder und Schwestern vom letzten Wurf treffen. Die waren gerade erst bei Berta und Willi „ausgezogen“, als das Wildschweinpaar für die Überraschung sorgte.

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Die Rauschzeit - so heißt die Paarungszeit bei Wildschweinen - beginnt im Normalfall im Dezember und geht bis in den Januar. Im Anschluss ist die Bache wischen 114 und 140 Tagen trächtig. Bis April werden dann häufig zwischen drei und zwölf Frischlinge geboren. Diese können direkt nach der Geburt bereits laufen, müssen aber noch einige Wochen im Versteck bleiben. Die Bache lässt in dieser Zeit keine anderen Wildschweine an sich oder ihre Jungen heran, denn einige Artgenossen töten und fressen den Nachwuchs. Die Frischlinge kommen zunächst mit einem braun und weiß gestreiften Well auf die Welt. Wenn sie nach einigen Monaten das dunklere Borstenfell bekommen heißen sie noch immer Frischlinge. Im zweiten Lebensjahr nennt man sie „Überläufer“ und erst im dritten Lebensjahr sind sie - wie Willi und Berta - erwachsen. (mz)