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Trivago-Award 2017  Trivago-Award 2017 : Empfang auf Löwenfüßen

Von Detlef Horenburg 08.01.2017, 09:45
Inhaber Michael Pinnow und Tochter Janet sind stolz auf das Erreichte - und die Auszeichnung von Trivago.
Inhaber Michael Pinnow und Tochter Janet sind stolz auf das Erreichte - und die Auszeichnung von Trivago. Chris Wohlfeld

Stecklenberg - Dieter „Maschine“ Birr von den Puhdys, Heinz Rudolf Kunze, die Ex-Sängerin von „Rosenstolz“, Anna R., die Band City und der Schriftsteller Günter Wallraff eint nicht nur ihr Bekanntheitsgrad.

Sie alle waren auch schon Gäste im Schlosshotel Stecklenberg. Als Gewinner eines der Trivago-Awards 2017 ist das familiengeführte Haus seit Kurzem auf dem Hotelvergleichsportal - für jedermann ersichtlich - als Top-Drei-Sterne-Hotel gelistet.

Die Freude bei Hotelinhaber Michael Pinnow und seiner Tochter Janet darüber ist groß. „Das kann doch nicht sein“, das war der erste Gedanke, der den beiden Hoteliers durch den Kopf schoss, als sie von der Auszeichnung erfuhren.

„Wir als einziges Drei-Sterne-Hotel unter den Vier-Sterne-Hotels im Land. Sogar noch vor dem Fünf-Sterne-Hotel ,Zu den Rothen Forellen‘ in Ilsenburg. Das ist unglaublich, das motiviert uns“, sagen sie. Es sei ihr erster Preis, wenngleich eher ideeller Art.

Wechselvolle Geschichte

Den Grundstein für die Erfolgsstory legte Michael Pinnow eigentlich schon 1999. Mit dem Auszug des letzten Pächters 1995 stand das Schloss, das zwischen 1945 und 1990 zunächst als Aussiedlerunterkunft diente, dann Patientenheim wurde und später das Gewerkschaftsferienheim „Käthe Kollwitz“ war, wieder leer.

Die Gemeinde versuchte vergeblich - sogar über eine bundesweite Ausschreibung -, das Schloss zu veräußern, erzählt Michael Pinnow. Während der Verfall zügig voranschritt. Lediglich dubiose Geschäftemacher sollen immer mal wieder versucht haben, das Anwesen spekulativ zu erwerben. Aber schlüssige Konzepte konnten sie nicht vorlegen.

Gelände war die reinste Müllkippe

Die dramatischen Folgen für das 10.000 Quadratmeter große Areal: Die Schwerkraftheizung des Schlosses fror ein. Wasser drang durch das Dach, zwei Etagen waren einsturzgefährdet. Der Hausschwamm breitete sich aus. Türen, Fenster und Treppengeländer wurden mutwillig zerschlagen. Das Gelände diente nur noch als Spielplatz und Müllkippe.

Der einst idyllische Park verwilderte. „Die Natur holte sich zurück, was man ihr einst mühevoll entrungen hat“, sagt Pinnow.

Für den gebürtigen Wedderslebener schien dies aber gerade den Reiz auszumachen. Im Alter von 38 Jahren erwarb er das Schloss als verfallene Ruine. Der gelernte Telekomtechniker und Hobbyhandwerker krempelte die Ärmel hoch und sanierte es fünf Jahre lang in Eigeninitiative - neben dem Job.

Allein ein Jahr sollte es dauern, um das Schloss und das Grundstück zu entrümpeln. Fachfirmen wurden nur für das Dach, die Heizung und kleinere Arbeiten benötigt. Zeitweise unterstützten ihn beim denkmalgerechten Sanieren des Hauses drei Handwerker.

„Die Stuckdecken habe ich selbst wieder hergestellt“, sagt er und zeigt auf seine mühevolle Handwerkskunst. Entstanden sind 13 mit historischen Möbeln ausgestattete Doppelzimmer und Suiten mit modernen Bädern und ein hoteleigener Wellnessbereich. Viele Möbelstücke erwarb er auf Auktionen.

Man wird ins 19. Jahrhundert versetzt

Stolz des Hauses ist das Empfangszimmer. Ein Herrenzimmer mit Schnitzereien und Wurzelfurnier auf Löwenfüßen überrascht so manch Anreisenden. „Die Hotelgäste zeigen sich einfach begeistert, fühlen sich in das 19. Jahrhundert versetzt, ohne allerdings auf heutigen Komfort verzichten zu müssen“, sagt Pinnow.

Viele Gäste meinten sogar scherzhaft: „Der Baron ist zur Jagd und wir dürfen in sein Haus übernachten.“

1896 begann man mit dem Bau des Schlosses. Es wurde als Witwensitz für Helene Freifrau von dem Bussche-Streithorst, gebürtige Gräfin von Hardenberg, genutzt. Das Wappen der Familie Bussche-Streithorst ziert noch heute das Eingangsportal, und an der Ostseite des Schlosses ist das Wappen der Hardenbergs, der Keilerkopf, zu sehen.

Auf Einladung der Gräfin war in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch die Tochter von Kaiser Wilhelm II., Viktoria Luise, des Öfteren zu Gast in dem Thalenser Ortsteil. Nach ihr wurde sogar das Luisenzimmer benannt.

Gäste aus Australien und Japan

Der Hotelbetrieb - unter Führung von Quereinsteiger Michael Pinnow - läuft seit nunmehr zwölf Jahren. Seit einem Jahr wird der Inhaber von seiner 26-jährigen Tochter Janet unterstützt. Sie kümmert sich um die Buchungen, Gästebetreuung und das Marketing. Später soll sie das Unternehmen übernehmen.

Unterstützt werden sie von vier weiteren Mitarbeitern. „Lange habe ich aber alles selbst im Hotel gemanagt“, sagt er mit einer für ihn eigenen Selbstverständlichkeit. Morgens habe er das Frühstück für die Gäste bereitet, dann den Rasen im Park gemäht und die Zimmer gesäubert. „Klar, da gab es schon lustige Situationen“, weiß er zu berichten.

Als er mal wieder im Park mit den Gartenarbeiten beschäftigt war, lobten Gäste den gepflegten Zustand der Anlage. Allerdings beklagten sie auch, dass sie den Chef des Hauses noch nie gesehen hätten. Das Handwerkerdasein will der Schlossherr deshalb aber nicht aufgeben und noch im Winter drei Zimmer renovieren - natürlich in Eigenregie.

Monatlich bis 300 Gäste

Rund 2,5 Tage betrage die durchschnittliche Verweildauer der Gäste im Schloss. Viele seien Stammgäste. Einige verbringen laut Michael Pinnow sogar ihren Jahresurlaub in Stecklenberg und bleiben bis zu 14 Tage. Monatlich reisten bis zu 300 Gäste an. Die mit der weitesten Anreise seien aus Australien und Japan gekommen. (mz)

Das Areal mit Schlosshotel, Park und Teich ist 10.000 Quadratmeter groß.
Das Areal mit Schlosshotel, Park und Teich ist 10.000 Quadratmeter groß.
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