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Thale Thale: Augenarzt geht mit 78 Jahren in den Ruhestand

Von Sigrid Dillge 30.12.2016, 10:35
Mit 78 Jahren geht der Augenarzt Heinrich Kaufmann nun in den Ruhestand. 46 Jahre übte er seinen Beruf in Thale aus.
Mit 78 Jahren geht der Augenarzt Heinrich Kaufmann nun in den Ruhestand. 46 Jahre übte er seinen Beruf in Thale aus. Sigrid Dillge

Thale - Es gibt nur sehr wenige in Thale und Umgebung, denen er nicht tief in die Augen geschaut hat. Das tat er vor allem beruflich, denn 46 Jahre lang war Heinrich Kaufmann als Augenarzt in Thale tätig. „Ich war immer gerne Arzt“, sagt der 78-Jährige, der jetzt in den Ruhestand geht.

In einem Alter, in dem andere schon lange nicht mehr im Beruf sind. Für ihn kam das bislang nicht infrage, doch jetzt zwingen ihn gesundheitliche Probleme dazu. „Ich habe nicht eher aufgehört, weil ich eine enge Bindung zu meinen Patienten, zu meiner Arbeit und zur Stadt habe“, erklärt der Doktor.

Das Vertrauen, das ihm die Menschen entgegen gebracht haben, die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen sei entscheidend dafür gewesen, über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinweg zu arbeiten.

Mediziner seit 1965

Arzt war der gebürtige Wernigeröder schon immer mit Leib und Seele. Seit 1965 übte er diesen Beruf aus, seit 1970 in Thale. Bis 1980 gehörte er zum Allgemeinen Hausdienst, bis 1990 zur Unfallbereitschaft im Altlandkreis Quedlinburg, zehn Jahre lang war er Betriebsarzt im Walzwerk des einstigen Eisen- und Hüttenwerkes.

„Ich denke, ich war ziemlich anerkannt“, sagt Kaufmann rückblickend. Er bedauert, dass gegenwärtig wenige junge Augenärzte in den Ambulanzen oder in eigener Praxis arbeiten wollen. Schuld daran gibt er unter anderem der gewachsenen Bürokratie. „Die Arbeit der Ärzte ist in den letzten Jahren nicht gerade einfacher geworden“, meint er.

LDPD-Vorsitzender bis 1993

Heinrich Kaufmann hat sich in Thale nicht nur als Mediziner einen Namen gemacht, sondern auch als Kommunalpolitiker. Von 1978 bis 1993 war er Vorsitzender der Ortsgruppe der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und nach der Wende der Freien Demokratischen Partei (FDP). „Ich bin mit Thale eng verbunden“, sagt er und gerät gerade zu ins Schwärmen, wenn er die Jahre seit der Wende Revue passieren lässt.

Alle drei in dieser Zeit arbeitenden Bürgermeister hätten Thale nach vorne gebracht und zu einem Industrie- und Tourismusstandort gemacht. Gewaltige Aufgaben seien von den Thalensern gelöst worden, und er habe tiefe Hochachtung vor denen, die Tag für Tag an ihren Arbeitsplätzen für Qualität sorgen.

Bedauern über die Lage der FDP

In die Freude über das Erreichte mischt sich bei dem 78-Jährigen aber auch die Sorge über aktuelle politische Probleme. Das betrifft beispielsweise seine Partei, die FDP, die gegenwärtig nicht in den politischen Gremien zu finden ist. Die FDP sei, so Kaufmann, eigentlich eine Partei, die immer alle Seiten sehe und immer wieder nachfrage, ob sich Projekte rechnen.

Doch das komme in der postfaktischen Zeit, in der wir leben, nicht bei der breiten Mehrheit an. Einiges, so lautet das Urteil des lebenserfahrenen Mannes, erinnere ihn an die Zeit nach 1945, als wegen vieler Flüchtlinge die gleichen Sprüche wie jetzt geklopft worden seien.

Für Heinrich Kaufmann werden im neuen Jahr die Tage ruhiger als bisher werden. Er hat dann mehr Zeit, um das politische Geschehen zu verfolgen. Auch die beiden Kater, die in seinem Haushalt leben, werden sich über die verstärkte Zuwendung sicher freuen. Siamkater Fridolin hat übrigens etwas von seinem Halter übernommen: er schaut Besuchern lange und tief in die Augen. (mz)