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Schrotthändler vor Gericht Schrotthändler vor Gericht: Finanzamt um 1,7 Millionen Euro betrogen?

Von Benjamin Richter 09.11.2018, 13:30
Mit Metall und Schrott handelte ein Ilsenburger, dem vorgeworfen wird, Steuermillionen hinterzogen zu haben.
Mit Metall und Schrott handelte ein Ilsenburger, dem vorgeworfen wird, Steuermillionen hinterzogen zu haben. dpa

Quedlinburg - Rechnungen für Waren, die anscheinend nie geliefert wurden: Einem 49-jährigen Ilsenburger wirft die Staatsanwaltschaft vor, ungültige Quittungen beim Finanzamt Quedlinburg eingereicht und sich und seinem Metall- und Schrottbetrieb in Blankenburg auf diese Weise einen niedrigeren Steuersatz erschlichen zu haben.

Um etwa 1,7 Millionen Euro soll er die Finanzbehörden betrogen haben und muss sich deswegen seit Donnerstag vor dem Landgericht in Magdeburg verantworten.

Betrieb ist mittlerweile insolvent

Der 49-Jährige machte laut Staatsanwaltschaft zwischen April 2010 und August 2011 Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die Unternehmen mit der von Kunden erhaltenen Umsatzsteuer verrechnen können. Das Finanzamt habe daraufhin die Umsatzsteuer zugunsten des Schrotthandels zu niedrig festgesetzt, so die Staatsanwaltschaft.

Neben Geschäften mit regionalen Kunden habe sein Betrieb hauptsächlich Metall und Schrott von wechselnden Lieferanten aus Berlin an deutsche Metall- und Stahlkonzerne verkauft, berichtete der Angeklagte, der mittlerweile Insolvenz für seine Firma angemeldet hat und keiner Tätigkeit mehr nachgeht.

"Du kannst dich ja selbstständig machen"

Der gelernte Baufacharbeiter leitete ab 2006 oder 2007 - genau konnte er sich nicht mehr erinnern - die Niederlassung eines Südtiroler Metallunternehmens in Blankenburg. 2008 habe sich dessen Geschäftsführer jedoch zurückgezogen. Der Angeklagte erklärte sich das so, dass seinem Arbeitgeber die Entwicklung des Standorts nicht schnell genug ging.

Er selbst habe jedoch den Eindruck gehabt, dass das Geschäft zu dem Zeitpunkt erst richtig anzog - auch wenn es sich insgesamt vielleicht noch nicht rechnete. „Der Geschäftsführer kam dann auf mich zu und meinte, du kannst ja die Leute übernehmen und dich selbstständig machen“, erklärte der Angeklagte, der dieses Angebot gern angenommen habe.

Metall und Schrott in großen Mengen

Bei geschäftlichen Terminen mit den Kunden der Firma knüpfte der Ilsenburger dann Kontakte zu Betrieben in Berlin, die Metall und Schrott in großen Mengen verkauften. „Wir haben es stets so gemacht, dass der jeweilige Betrieb erst einmal zwei oder drei Probelieferungen sendete“, berichtete er vor Gericht.

Die habe er auf dem Hof seines Unternehmens in Blankenburg zwischengelagert und dann an die Abnehmer weiterversandt. Danach sei die Ware zumeist direkt von den Lieferanten in Berlin zu seinen Kunden geliefert worden und er habe die Ware in einem Gewerbegebiet in der Nähe der Abnehmerfirmen oberflächlich geprüft.

„Bevor wir Geschäftsbeziehungen eingingen, habe ich mich beim Finanzamt wegen der steuerlichen Unbedenklichkeit der Firmen erkundigt“, sagte der Angeklagte. Dazu habe er entsprechende Dokumente von den Betrieben angefordert und bekommen. Beim Finanzamt selbst habe er telefonisch nachgefragt.

"Die Firmen sind in Ordnung"

„Dort wurde mir gesagt, die Firmen sind in Ordnung“, sagt der Ilsenburger. Weil zudem zweimal im Halbjahr in seiner Firma die Unternehmenssteuer geprüft worden sei, habe er sich in dieser Hinsicht sicher gefühlt.

Dass die Berliner Betriebe ihre Waren stets in bar bezahlt haben wollten, sei ihm zwar ungewöhnlich erschienen. Sein Steuerberater habe ihm jedoch mitgeteilt, dass auch größere Barzahlungen unbedenklich seien, solange er alle Unterlagen, wie Rechnungen und steuerliche Unbedenklichkeitsbescheide, aufhebe.

Aus allen Wolken gefallen

Der Angeklagte gab zu, ab Mitte 2010 gewusst zu haben, dass seine Berliner Vertragspartner „Schmu mit der Mehrwertsteuer getrieben“ haben. Er habe sich jedoch gedacht, das sei deren Problem und nicht seines. Für die Strafverfolgung habe er sich nicht zuständig gefühlt. Eine neue Dimension bekam die Sache jedoch mit dem Schreiben eines der Lieferanten vom 1. Juli 2011. Darin teilte eine Firma aus Berlin mit: „Die Ware ist nicht durch mich an Sie geliefert worden.“

In der Folge habe die betreffende Firma Rechnungen auf ihren Namen widersprochen. Der Angeklagte schilderte, er sei aus allen Wolken gefallen, als er das Schreiben gelesen habe. „Das ist eine Falschaussage“, sagte er. „Die Ware wurde physisch geliefert. Ich kann das bis heute nicht nachvollziehen. Wie kommt er dazu, das zu behaupten?“ Seine Sekretärin erinnert sich, er habe sie angewiesen, das Schreiben abzuheften und zu ignorieren. Wurde der Ilsenburger am Ende selbst Opfer eines Betrugs? Der Prozess wird am 14. November fortgesetzt. (mz)

Mit Metall und Schrott handelte ein Ilsenburger, dem vorgeworfen wird, Steuermillionen hinterzogen zu haben.
Mit Metall und Schrott handelte ein Ilsenburger, dem vorgeworfen wird, Steuermillionen hinterzogen zu haben.
dpa