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Tödlicher Sex mit Chefarzt Prozess gegen früheren Chefarzt am Landgericht Magdeburg: Ex-Partnerin sagt als Zeugin aus

Von Petra Korn 12.10.2018, 07:57
Der angeklagte ehemalige Chefarzt mit seinen Verteidigern Olaf Schröder (links) und Jens Glaser.
Der angeklagte ehemalige Chefarzt mit seinen Verteidigern Olaf Schröder (links) und Jens Glaser. Kugenbuch

Magdeburg/Halberstadt - Die schlanke Frau, die den vorherigen Verhandlungstag vom Zuschauerbereich aus verfolgt hat, nimmt diesmal auf einem der Stühle Platz, die für die Nebenkläger reserviert sind. Das lange Haar trägt sie hochgesteckt, sie wirkt angespannt.

Die 34-Jährige ist die erste Zeugin, die die erste Strafkammer des Landgerichts Magdeburg am Donnerstag hört. Ihre Anwältin Petra Küllmei beantragt den Ausschluss der Öffentlichkeit zum Schutz des persönlichen Lebensbereiches der Frau. Die 34-Jährige werde zu ihrem Sexualleben, zu den sexuellen Kontakten mit dem Angeklagten aussagen müssen. Das Gericht folgt dem Antrag.

Gericht folgt Antrag der Anwältin: Ausschluss der Öffentlichkeit

Der Angeklagte - das ist der 42-jährige ehemalige Chefarzt am Ameos-Klinikum Halberstadt, der sich derzeit vor dem Landgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem mehrfache Vergewaltigung und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vor.

Er soll seit September 2015 insgesamt fünf Frauen im Alter zwischen 29 und 45 Jahren heimlich und gegen deren Willen Drogen verabreicht und teilweise sexuell mit ihnen verkehrt haben. Eine 38-Jährige starb, weshalb auch eine Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags in Betracht kommen könnte.

Aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis wird eine Affäre

Gut zwei Stunden dauert die Anhörung der 34-jährigen Frau, die - so wird später deutlich - dem Gericht unter anderem über zwei Treffen mit dem Angeklagten berichtet. Kennengelernt haben sich die beiden, weil die Frau eine Patientin des Mediziners war, schildert ihr Freund, der am Donnerstag ebenfalls als Zeuge gehört wird.

Anfangs ein normales Arzt-Patienten-Verhältnis, habe er dann bei der 34-Jährigen mehr Interesse für den Angeklagten gespürt. Im September, berichtet der Freund, sei sie zu dem Arzt gefahren, weil sie Sorgen gehabt und einen Rat gebraucht habe. „Sie wollte nur zwei, drei Stunden bleiben“, sagt der Freund, der an jenem Tag das Kind der Frau betreute.

Übelkeit von einem Glas Sekt?

Diese habe an jenem Abend dann eine Nachricht geschickt, dass sie nicht nach Hause komme, und am Morgen angerufen, um zu sagen, dass es ihr sehr schlecht gehe und sie nicht Auto fahren könne. Später, berichtet der Freund, habe sie ihm erzählt, dass sie in der Wohnung des Arztes ein Glas Sekt getrunken habe.

Der Arzt habe dann längere Zeit das Zimmer verlassen und ihr später erklärt, er habe „eine Bahn gezogen“. Was dann passiert sei, erzählt der Freund, daran habe sie sich nicht erinnern können. Nur, dass sie sich habe übergeben müssen. Sie habe vermutet, den Sekt nicht vertragen zu haben.

Frau hatte Lücken in der Erinnerung

Nach dem zweiten Treffen, das bei der Frau zu Hause stattfand und ins Schlafzimmer führte, habe sie am Tag darauf gefragt, ob er für sie da sein könne, berichtet der Freund. Sie hätte wieder Lücken in der Erinnerung gehabt, diesmal aber nichts getrunken. „Es ging ihr schlecht. Sie sah auch nicht gut aus“, so der Zeuge.

„In ihrem Schlafzimmer lagen neben der Kommode ein zusammengerollter 20-Euro-Schein und weiße Krümel.“ Er habe das Pulver probiert und vermutet, dass es Speed oder Koks sei, so der Freund, der einräumt, als Jugendlicher selbst einmal Drogen probiert zu haben.

Weil es der Frau sehr schlecht gegangen sei und sie Schmerzen gehabt habe, habe sie schließlich einen Arzt aufgesucht. Der habe die Vermutung geäußert, dass die Bewusstlosigkeit auch durch K.o.-Tropfen verursacht worden sein könnte.

„Er war sehr aufgeschlossen, nett, witzig in seinen Äußerungen“

Die junge Frau, die als Sekretärin des Angeklagten tätig war, schildert die Berichte der 34-Jährigen ähnlich. Sie hätten sich während der Behandlung der Frau angefreundet, erklärt die Sekretärin. Anfang dieses Jahres habe die 34-Jährige angerufen und gesagt: „Ich bin auf ihn reingefallen.“

Dann habe sie ihr von den Treffen mit dem Arzt berichtet. Sie selbst, sagt die Sekretärin, habe den Arzt bereits 2016 kennengelernt, als er am Klinikum in Halberstadt einige Operationen durchführte. „Er war sehr aufgeschlossen, nett, witzig in seinen Äußerungen.“ Nachdem der Arzt ab Anfang Januar 2017 primär in Halberstadt gearbeitet habe, habe sie ihn auch anders erlebt.

Sie berichtet vor Gericht von „Schüben“, von Zeitphasen, in denen der Mediziner sich oft krank gemeldet oder Termine nicht wahrgenommen habe. „Der Verdacht, die Vermutung war da, dass er Drogen konsumiert hat“, sagt die Sekretärin. Der Prozess wird fortgesetzt. (mz)