Orientierungslaufen in Quedlinburg Orientierungslaufen in Quedlinburg: Oslo statt Altenburg

Quedlinburg/MZ - Wenn Torben Wendler in seine Heimat kommt, dann freut er sich nicht nur auf seine Eltern und die Schwester, sondern auch auf die Altenburg. Laufschuhe raus und auf die Altenburg laufen: „Man atmet aus und dieser Blick vom Hüttenweg auf das Schloss, wo man denkt, es ist wie im Mittelalter. Das ist einfach genial.“ Torben Wendler lächelt glücklich und schüttelt den Kopf. „Ich komme viel zu selten!“
Torben Wendler gehört zu den Sportlern, die ihren Traum leben. Er ist in Norwegen, dem Mutterland des Orientierungslaufens, der erste Deutsche, der einen Job als Nationaltrainer bekommen hat. Vor knapp zehn Jahren, Wendler war Mitglied der deutschen Nationalmannschaft, hatte ihm der aus Norwegen stammende deutsche Nationaltrainer eine Au-pair-Stelle in Oslo vermittelt, damit er in Norwegen leben und mit Weltmeistern trainieren kann. Das Land und ein junges Mädchen faszinierten ihn so, dass er blieb und Sportpädagogik studierte.
„Norwegen ist richtig gut in dem Sport“
Erst schaffte er den Bachelor-Abschluss als Sportlehrer und dann im Sommer 2012 den Master in Sportpädagogik. Schon während des Studiums trainierte er Nachwuchssportler in Vereinen. Die scheidende Trainerin des Junioren-Nationalteams habe ihn als Nachfolger vorgeschlagen und nach seiner Bewerbung sei er angenommen wurden, berichtet Wendler.
Im letzten Jahr gab es eine norwegische Junioren-Weltmeisterin, einen dritten Platz und vier weitere unter den Top-Sechs. „Norwegen ist richtig gut in dem Sport.“ Nach dem Skisport und Fußball ist es schon fast Nationalsport. Große Wettkämpfe werden im Fernsehen übertragen und auch im Schulsport ist es Thema. „Jeder weiß etwas damit anzufangen. In Deutschland muss man schon immer wieder erklären, dass es nicht Schnitzeljagd ist.“ Nur olympisch sei es leider nicht, und so müsse man auch Abstriche machen.
Ein Junioren-Team gebe es inzwischen nicht mehr, statt dessen ein zehnköpfiges Elite-Team, das von einem Vollzeit-Trainer betreut wird. Die besten Fünf könnten von ihrem Sport sogar leben. Wendler trainiert das „Entwicklungs-Nationalteam“ mit zehn Jungs und sechs jungen Damen im Alter von 19 bis 25 Jahren. „Es war mein Traum, mit den besten Junioren zu arbeiten.“ Es ist zwar „nur“ eine Teilzeitstelle, doch Wendler hofft, dass einige seiner Schützlinge sich auch zu Weltmeistern entwickelt werden und er selbst vielleicht irgendwann norwegischer Elite-Trainer wird. „Aber ich kann mir auch vorstellen, an einem Sportgymnasium komplett zu arbeiten.“ Als Trainer für Jugendliche arbeitet Wendler neben der Arbeit im Nationalteam und um den Kopf frei zu bekommen, jobbt er auch in einem Lauf-Laden. Ziel sei es, weiter Erfahrungen zu sammeln und sich einen Namen zu erarbeiten.
„Das frisst die Motivation auf“
Sein einstiger Trainer aus Deutschland lebt inzwischen wieder in Norwegen, nicht weit von Oslo entfernt, so dass Wendler zu ihm und seiner Familie noch guten Kontakt hat. „Sie haben mir am Anfang sehr viel geholfen, es war ein gutes Sprungbrett“, denkt er an seine Au-pair-Zeit. Schon in der Jugend hatte Wendler für seinen Heimatverein Wissenschaft Quedlinburg viele Erfolge gefeiert und war 2002 und 2003 Nachwuchssportler des Jahres im Kreissportbund Quedlinburg. Im Team war er Jugend-Europameister geworden. 2009 war er Deutscher Meister.
Er nahm an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Doch immer wieder hatte er Verletzungspech. Er konnte nie so trainieren, wie er wollte. „Das frisst die Motivation auf“, bekennt er. Doch auch ohne selbst heute noch Leistungssportler zu sein, gehören Laufen, Radfahren oder Skilaufen zum Alltag, um fit zu bleiben.
Im Januar geht es mit Freunden, mit denen er in Oslo einen Berglauf mit bis zu 3.000 Teilnehmer organisiert, nach Italien zu einem Wettkampf im Skilanglauf. Sie wollen Spaß haben. So oft es geht, will Wendler aber auch weiter an den Weihnachtsläufen in Quedlinburg teilnehmen und vielleicht auch mal am Quedlinburger Waldlauf. Im Mai beginnt die Saison, so dass nie Zeit war, mal in die alte Heimatstadt zu kommen. Doch er habe beobachtet, dass jetzt immer mehr seiner alten Schulkameraden wieder nach Quedlinburg zurückkommen. „Vielleicht wird es in zehn bis 20 Jahren einfacher, herzukommen und Freunde zu treffen. Quedlinburg ist eine Stadt, die man nicht vergisst und die man im Herzen trägt.“ Im SV Wissenschaft ist er bis heute nach wie vor Mitglied und bei Wettkämpfen startet er natürlich auch für seinen Verein.