"Operett" in Ballenstedt "Operett" in Ballenstedt: Humorvoller Blick hinter die Kulissen

Ballenstedt - „Gieß’ die Sorgen in ein Gläschen Wein“, singen die abgehalfterten Akteure des Grenobler Theaters, und das Publikum auf den rot gepolsterten Stühlen im Saal klatscht zur Schunkelmelodie belustigt mit. Am Ende spenden die Zuschauer im fast ausverkauften Schlosstheater in Ballenstedt stehende Ovationen.
Das Musical „Operett’“ der Musical-AG des Wolterstorff-Gymnasiums ist ein voller Erfolg. Mancher im Publikum meint, es sei das beste Musical, das die Gruppe bis jetzt auf die Bühne gebracht hat.
Kent-Erich Weisheit setzt in seinem Libretto auf Wortwitz und viel Situationskomik, die das Laienensemble auf der Bühne mit Hingabe auslebt. Elf Schüler von der sechsten bis zur zwölften Klasse und Weisheit selbst zeigen einen überspitzten Blick hinter die Kulissen des Theaters, der kaum ein Klischee auslässt. Eine Operettenproduktion ist in Vorbereitung, und dank der skurrilen Truppe geht schief, was immer schiefgehen kann. Und das Publikum im echten Theater biegt sich vor Lachen, spendet immer wieder Applaus, wenn die Akteure die von Bettina Sarapatta komponierten Lieder mit eingängigen Melodien hinschmachten, hinträllern oder humorvoll zum Besten geben.
Dabei geht es nicht nur um die Sehnsüchte der Hauptdarstellerin nach dem ganz großen Durchbruch, die fröhliche Selbstbeweihräucherung der Requisiteure oder um die Wehmut des sinkenden Ballett-Stars, dessen Ruhm von einst verblasst. Es geht auch ganz banal, aber überraschend und gekonnt um die Bohne, die sich Ballettmeisterin und Regisseur in Form eines Salats bei einer Prominenten-Kochshow einverleiben - mit schlimmen Folgen.
Flasche auf den Kopf des Regisseurs
„Im vergangenen Jahr hatten wir ein ‚Problemstück‘ gezeigt, das hat die Leute zerrissen“, sagt Weisheit. „Deswegen haben wir uns entschlossen, dass wir in diesem Jahr etwas zeigen, das nur zum Lachen ist.“ Man habe dafür „das Bühnenbild herumgedreht“, um zu zeigen, was sich hinter dem roten Vorhang abspielt. Da geht es deftig zu, und am Ende kriegt der tobende Regisseur sogar noch eins mit der Flasche übergezogen. Während er bewusstlos am Boden liegt, bekriegen sich die Diven im Gesangsduett, während die Ballettmeisterin mit ihren Tänzerinnen weinselig alles andere als klassischen Tanz einstudiert.
Zuvor hatte sich Primaballerina Cruella de Gôt (Jenny Brückmann) im Ballettsaal über die „Hupfdohlen“ beklagt, während sich Maskenbildnerin Jaqueline (Josie Spilker) von der ehrgeizigen Zweitbesetzung (Lucie Wegener) ständig Unfähigkeit vorwerfen lassen muss. Der Requisiteur (Pauline Giese) wäre lieber eine Frau, und Regisseur René (Cedrik Sturm) steht bei diesem Ensemble kurz vor dem Kollaps; seine Anweisungen verhallen im Nichts.
Einzig Chorleiterin Betti (Bettina Sarapatta) fühlt sich angesprochen, wenn er „ma petite“ nuschelt, womit er allerdings die Sängerin Clarisse (Paula Bandow) meint. Die Chorleiterin dagegen bringt ihn zur Weißglut, weil sie ihren Chor stets fröhlich mit einer druckluftbetriebenen Fantröte zur Arbeit ruft.
„Operett’“ ist das neunte Musical in Folge, das die AG des Wolterstorff-Gymnasiums auf die Bühne bringt - mit viel Liebe und ebenso viel Aufwand, denn es gibt in jedem Jahr stets nur zwei abendfüllende Vorstellungen, bei der die Darsteller live von einer Band begleitet werden. „Wir machen alles selber, wir können das“, sagt Musiklehrerin und AG-Leiterin Sarapatta selbstbewusst, und die Zuschauerzahlen geben ihr Recht. Am Ende verlangt das Publikum lautstark nach einer Zugabe. (mz)
