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Nordharzer Städtebundtheater  Nordharzer Städtebundtheater : Eugen und die Leih-Birken

Von Uwe Kraus 28.10.2016, 08:41
Am Sonnabend feiert das Stück „Eugen Onegin“ Premiere.
Am Sonnabend feiert das Stück „Eugen Onegin“ Premiere. THeater/Meusel

Halberstadt - „Das komische Fach habe ich schon ziemlich abgegrast, jetzt tue ich mich bei den ernsteren Werken um“, gesteht Hinrich Horstkotte. Gerade hat er in Chemnitz „Turandot“ zur Premiere gebracht, eine Inszenierung, die von der Kritik als „grundsolide“ und „geradlinig erzählt“ bezeichnet wird. Derzeit probt er nun am Nordharzer Städtebundtheater „Eugen Onegin“, ein für ihn oft unterschätztes Werk. Die von ihm gewählte Übersetzung von Wolf Ebermann und Manfred Koerth sieht er eng am Original. Trotzdem lassen einige Striche in der Vorlage eine ganz eigene Horstkotte-Sichtweise wachsen.

Peter Tschaikowski nahm den gleichnamigen Versroman von Alexander Puschkin als Vorlage und wählte für seine Oper den Untertitel „Lyrische Szenen“. Der Plot wirkt einfach, ein Duell wird zum Höhepunkt der Geschichte. Sonst dominieren Alltäglichkeiten. Puschkins Werk gilt als Gemeingut der Literatur, ganz nah an der Mythologie und dem märchenhaften Russlands.

Die Oper bleibt angesiedelt zwischen Landsitz der Larins und Ballsaal des Fürsten Gremin. „Ich kann bei meiner Inszenierung psychologisieren, das empfinde ich als angenehme Erfahrung“, umreißt Horstkotte die Arbeit an der russischen Oper, die im Nordharz schon viele Jahre nicht auf der Bühne zu erleben war. Ihn faszinieren die Gegensätze, die der Vorlage inne wohnen. „Onegin, das gebietet Mit- und Einfühlen gleichermaßen.“

Hinrich Horstkotte, der einst an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert hat, bringt unterdessen seine achte Inszenierung auf die Harzer Bühnen. „Weil es hier noch ein richtiges Ensemble gibt.“ Er wird hier gemocht und er schätzt die Künstler, „die ihr ganzes Können einbringen.“ Das präge das Ensemble und habe Auswirkungen auf alle neu engagierten Sänger. „Die Kontinuität, die ich hier erlebe, ist etwas sehr Besonderes, was mir an anderen Häusern selten begegnet.“

Er genießt seine Unabhängigkeit als freier Regisseur. Das biete immer die Möglichkeit zu gehen. „Und zurückzukehren wie zu alten Freunden, wie es mir in Halberstadt geht. Da spüre ich den warmherzigen Empfang.“ Der 44-Jährige nennt es eine ganz bestimmte Form von Nestwärme.

Gaetano Donizettis komische Oper „Don Pasquale“, „Hoffmanns Erzählungen“, Heinrich Marschners Oper „Der Vampyr“ oder „Martha“, aber auch „Zar und Zimmermann“, sie wuchsen zu Horstkottes Markenzeichen am Nordharzer Städtebundtheater. Wenn sich am 29. Oktober in Halberstadt wieder der Premieren-Vorhang hebt, wird Intendant Johannes Rieger am Pult stehen und dirigieren. „Es ist ein Chef-Stück“, lacht Horstkotte, der bei „Hoffmanns Erzählungen“ erstmals mit dem Musikdirektor zusammen gearbeitet hat.

Inszenierung, Bühnenbild und Kostüme - zumeist übernimmt Horstkotte alle Aufgaben selbst, um seine eigene Bilderwelt für die Inszenierung zu erschaffen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass er seine Künstlerlaufbahn in der freien Szene begann. „Da muss man viel selbst machen, malen oder Requisiten bearbeiten.“

So weiß er, dass auch am Nordharzer Städtebundtheater jeder Cent umgedreht wird. „Manchmal ist es aber gar nicht so sehr das Geld, was uns Probleme bereitet, sondern die knappe Zeit, um eine Inszenierung auf die Bühne zu bringen.“ Trotzdem wird es Birken auf der Spielfläche geben. „Es soll so aussehen, wie man sich die russische Weite vorstellt.“ Dazu habe er 16 „Leih-Birken“ beschafft.

Hinrich Horstkotte, der zwischen Taipeh, Krefeld, Berlin, Wien, Salzburg und Rheinsberg inszeniert hat, empfindet es als „ganz besonderen Reiz“, an so einem kleinen Haus wie in Halberstadt große Opern-Inszenierungen herauszubringen. „Das erlaubt mir auch Grenzen auszuschreiten. Das Publikum ist nah dran, sieht die Gesichter der Darsteller, es wird eine Form von Intimität aufgebaut. Und wenn dann die Qualität stimmt, die ich in Halberstadt so schätze, erst dann bin ich mit der Gesamtinszenierung zufrieden.“

Karten für die Aufführungen gibt es an den Theaterkassen, telefonisch unter 03941/69 65 65 oder 03946/96 22 22 und im Netz auf www.harztheater.de. (mz)