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Nach Selke-Hochwasser 1994 Nach Selke-Hochwasser 1994: Noch immer gibt es kein Rückhaltebecken

Von Sabine Herforth 15.06.2017, 05:45
Die Selke bei Alexisbad führt Anfang Februar wegen der Schneeschmelze im Harz sehr viel Wasser.
Die Selke bei Alexisbad führt Anfang Februar wegen der Schneeschmelze im Harz sehr viel Wasser. Torsten Brehme

Ermsleben - Das Selketal ist etwa 65 Kilometer lang. „Dort kann sehr, sehr viel passieren“, sagte Joachim Schimrosczyk, stellvertretender Geschäftsführer des Talsperrenbetriebs Sachsen-Anhalt (TSB), bei der Auftaktveranstaltung des Moderationsprozesses „Selke-Dialog“ und traf damit den Kern der Sache.

Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen) hatte zu der öffentlichen Veranstaltung in die St.-Sixtus-Kirche in Ermsleben eingeladen, mit dem Ziel, nach einjährigem Prozess eine Lösung zum Hochwasserschutz vorlegen zu können.

Erinnerung an das Hochwasser 1994

Jahrzehnte nach dem verheerenden Hochwasser 1994 hat die Region noch immer keinen verlässlichen Schutz, sollte die Selke erneut über die Ufer treten. „Die vorhandenen Stauanlagen wurden bereits an das, was möglich ist, angepasst“, so Schimrosczyk. Die Teiche könnten nicht einmal ein Drittel der Wassermenge von 1994 aufnehmen. Dauerhaften Schutz biete nur ein Rückhaltebecken - die Frage ist allerdings, wo es entstehen soll.

23 Jahre seien eine zu lange Zeit, um das Thema Hochwasserschutz nicht zum Abschluss zu bringen, meinte Ministerin Dalbert, die nun alle Seiten an einem Tisch versammeln will. „Unser Ziel ist, dass wir gemeinsam tragfähige Lösungen für den nachhaltigen Hochwasserschutz an der Selke entwickeln.“

Bauern, Waldbesitzer, Harzklub und Talsperrenbetrieb reden mit

Dieser soll bestmöglich für Mensch und Natur umgesetzt werden. „Dazu braucht es einen ergebnisoffenen Prozess“, so Dalbert. Sie will Bürgermeister, Bürgerinitiativen, Bauern- und Waldbesitzerverbände, die Umweltschutzverbände, den Harzklub, den Talsperrenbetrieb sowie das Umweltministerium an einem Tisch versammeln. Gemeinsam sollen sie nach Lösungen suchen.

„Ich habe Respekt vor dem, was wir uns gemeinsam vorgenommen haben“, sagte Hans-Joachim Döring, Umweltbeauftragter der evangelischen Kirche Mitteldeutschlands, der den Prozess als Moderator begleitet. Denn klar ist: Hier treffen Meinungen aufeinander, die in den vergangenen 23 Jahren keinen gemeinsamen Nenner finden konnten.

Bürgerinitiativen wollen Hochwasser- und Naturschutz

Was die drei Bürgerinitiativen angeht, fasste Dalbert zusammen, dass es grundsätzliche Einigkeit gebe: Alle wollen Hochwasserschutz und alle sind für Naturschutz. Ein guter Startpunkt für eine Arbeitsgruppe, meinte sie.

Wulff Stubbe von der Bürgerinitiative (BI) „Pro Hochwasserschutzbecken Gatersleben“ kritisierte, dass die vorliegenden Vorschläge des Talsperrenbetriebs nicht ausreichten, favorisierte jedoch ein Rückhaltebecken in Meisdorf.

„Wir wollen nicht mehr als Bittsteller auftreten, sondern fordern“, kündigte Kurt-Helmut Wiese von der BI „Pro Hochwasserschutzbecken Reinstedt“ an. Die BI sei nicht gegen den Naturschutz, aber der Mensch gehöre eben auch zur Natur, betonte er.

„Wir sind keine Bittsteller"

„Wir haben erkannt, dass der Hochwasserschutz ein sehr komplexes Problem ist“, gab sich Norbert Jahn von der BI „Naturnaher Hochwasserschutz Selke“ versöhnlicher. Er forderte, dass der Prozess nicht schon mit vorher festgelegten Meinungen beginnt.

Falkensteins Bürgermeister Klaus Wycisk (CDU) sagte: „Ich vertraue den Fachbehörden des Ministeriums.“ Auch Marcus Weise (CDU), Bürgermeister in Harzgerode, appellierte, mehr Vertrauen in die Kompetenzen des Ministeriums zu haben.

Nach der ersten öffentlichen Veranstaltung zum „Selke-Dialog“ in Ermsleben sollen zwei weitere folgen, in der die Fortschritte und abschließend die Ergebnisse des Runden Tisches vorgestellt werden. (mz)

Kaum ein Platz in der Sixtus-Kirche in Ermsleben blieb leer.
Kaum ein Platz in der Sixtus-Kirche in Ermsleben blieb leer.
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