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Matschige Angelegenheit Matschige Angelegenheit: Wie man der Straßenverschmutzung Herr werden will

Von Susanne Thon 21.01.2021, 08:56
Die Forstbetriebe wollen Schilder wie dieses künftig in Eigenregie aufstellen.
Die Forstbetriebe wollen Schilder wie dieses künftig in Eigenregie aufstellen. Benjamin Richter

Trautenstein/Harzgerode - „Wenn der Schnee taut, wird es richtig matschig“, sagt Eberhard Reckleben, Leiter des Forstbetriebs Oberharz. Er und sein Kollege Hans Christian Schattenberg - er leitet den Betrieb im Ostharz - wissen um die Probleme, die die Holzabfuhr mit sich bringt.

Tonnenschwere Holztransporter und die Sattelschlepper mit Container fahren schließlich nicht nur die Forstwege kaputt, sondern auch den Dreck in Größenordnungen auf die Straßen. Die Folge: verschmutzte Fahrbahnen. Rutschgefahr!

Straßen dürfen nicht verschmutzt werden

„Wir sind nicht die Akteure“, erklärt Reckleben. Sein Betrieb gibt ein Drittel aller Transporte in Auftrag. Das übrige Holz lassen die Käufer abholen, die wiederum Fuhrunternehmen damit beauftragen. „Aber wir stehen im Fokus. Und dem wollen wir uns nicht entziehen.“

Auch wenn laut Straßenverkehrsordnung eigentlich der Verursacher in der Pflicht ist. Demnach ist es nämlich verboten, „die Straße zu beschmutzen (…), wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Wer für solche verkehrswidrigen Zustände verantwortlich ist, hat diese unverzüglich zu beseitigen.“

Im speziellen Fall „hilft das aber nicht weiter“, sagt Dirk Mathe, Leiter im Amt für Kreisstraßen, bei dem die Verkehrssicherungspflicht für eben diese liegt.

Natürlich könnten die Ordnungsbehörden die Verschmutzung ahnden, dem Verursacher, also dem Fahrer, einen Strafzettel verpassen, aber „dann ist die Straße ja immer noch dreckig“. Zufahrten teils oder ganz zu schließen, die Nutzung nur unter Auflagen zu gestatten - das könnte man versuchen, sagt er. Wäre aber unpraktikabel. „Und es ist auch nicht unser Ansatz.“

Forstbetriebe und Fremdfirmen springen ein

Mathe war es, der kürzlich alle Beteiligten an einen Tisch holte, um Regelungen zu treffen für eine Sache, die sich nicht so einfach regeln lässt. Denn die Abfuhr erfolgt zu unbestimmten Zeiten, an den verschiedensten Orten. Vertreten war auch die für die Landes- und Bundesstraßen zuständige Landesstraßenbaubehörde.

Es sei nicht nicht darum gegangen, jemandem die Schuld zuzuweisen, erklärt der Amtsleiter, sondern darum, eine gangbare Lösung zu finden, so Mathe.

Und so kümmern sich künftig die Forstbetriebe um die Reinigung, beziehungsweise wollen sie Fremdfirmen die verunreinigten Straßenabschnitte reinigen lassen. Im Gespräch sei auch, eine Kehrmaschine zu leihen, um schnell eingreifen zu können, so Reckleben. Man habe schon die Kunden für das Problem sensibilisiert; einige hätten bereits ihre Unterstützung zugesagt.

„Unsere Revierleiter sind ständig unterwegs“

Doch zunächst gilt es, Autofahrer erst mal schnell auf die potenzielle Gefahr durch die Verunreinigung auf den Straßen hinzuweisen. Deshalb wollen die Forstbetriebe in Eigenregie Schilder aufstellen, die signalisieren, vorsichtig zu fahren. „Unsere Revierleiter sind ständig unterwegs“, die wüssten, wo das Holz liege, wem es gehöre und hätten eher im Blick, wenn es abgefahren werde, so Reckleben. Anders als die Mitarbeiter von Landesstraßenmeisterei und Kreisstraßenbauhof: „Wir kriegen das nicht sofort mit“, räumt Mathe ein.

Damit die Betriebe die Beschilderung vornehmen können, brauchen sie allerdings noch die offizielle Erlaubnis. Weil das im öffentlichen Verkehrsraum nun mal nicht jeder nach Gutdünken darf. Dauerhaft solle eine Genehmigung erteilt werden, so Mathe, der davon ausgeht, dass sie Anfang Februar vorliegen wird.

„Es ist wichtig, dass wir das Augenmerk auf das Problem richten“

„Es ist wichtig, dass wir das Augenmerk auf das Problem richten“, sagt er, da es sich hier nicht um eine einmalige Verschmutzung handele, sondern - der Situation geschuldet - um einen Dauerzustand, an dem sich auch so schnell nichts ändern werde. Hinzu kommen Beschädigungen: in Einmündungsbereichen, weil die für den Schwerlastverkehr gar nicht ausgelegt seien, und an den unbefestigten Seitenstreifen, die, so Mathe, immer wieder zerfahren würden, vor allem, wenn es sich am Fahrbahnrand mal wieder staue, da zehn Lkw stünden und warteten.

100 Lkw am Tag holen das Holz aus dem Wald

Um die Dimensionen zu verdeutlichen, macht Reckleben eine Rechnung auf: Allein im vergangenen Jahr hat der Forstbetrieb Oberharz mehr als 900.000 Festmeter Fichtenholz verkauft - das Achtfache von dem, was vor Stürmen, Käfer und Dürre normal war. Das entspricht 30.000 Lkw-Ladungen.

Geht man also von 300 Transporttagen aus - was ihm zufolge schon hoch angesetzt ist -, macht das immer noch 100 Lkw am Tag. Und der Holzstrom, er reißt einfach nicht ab. „500.000 Kubikmeter stehen noch im Wald“, sagt Reckleben, „wir müssen auf Gedeih und Verderb rausschaffen, was geht.“ Und zwar so schnell wie möglich. Weil der Käfer darin wohnt. Und es sonst vergammeln würde. „Wir haben keine Alternative. Wir stecken noch mitten in der Katastrophe“, so der Forstbetriebsleiter.

Schnee bremst bei der Aufarbeitung aus

Und der Winter bremst bei der Aufarbeitung. Der Schnee ist Fluch und Segen: „Das sind Niederschläge, die irgendwann wirksam werden“, allerdings werde die Holzabfuhr dadurch „total verschleppt. Alles dauert doppelt so lang.“

Und gleich danach kommt das Frost-Tau-Wetter - und mit ihm der Matsch. Die Krux bei der Sache ist: Die Witterung, die das Problem überhaupt erst hervorrufe, sei Gold wert. Man kann es drehen und wenden, wie man will: „Wenn es regnet, haben wir den Dreck. Und wenn es nicht regnet, stirbt der Wald weiter“, sagt Reckleben. (mz)