1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. "Vergessen im Harz III": "Lost Places"-Doku "Vergessen im Harz III": Filmpremiere am 25. Mai auf dem Großen Ziegenberg in Ballenstedt

"Vergessen im Harz III" "Lost Places"-Doku "Vergessen im Harz III": Filmpremiere am 25. Mai auf dem Großen Ziegenberg in Ballenstedt

Von Susanne Thon 16.03.2018, 08:55
„Wo genau wir uns bewegt haben, wollen wir noch nicht verraten“, sagte der Filmemacher.
„Wo genau wir uns bewegt haben, wollen wir noch nicht verraten“, sagte der Filmemacher. Enno Seifried

Ballenstedt - Damit hätten der Leipziger Filmemacher Enno Seifried und sein Team nicht gerechnet: Innerhalb von elf Stunden haben sie im Internet auf der Crowdfunding-Plattform Visionbakery die für ihr Filmprojekt benötigten 12.000 Euro gesammelt. Damit ist klar: „Vergessen im Harz III“, eine Dokumentation über sogenannte Lost Places, also Orte, die zusehends verfallen, kommt.

Aber mehr noch: Die Filmpremiere findet in Ballenstedt statt - im Schulungszentrum Großer Ziegenberg, der einstigen Kaderschmiede zweier politischer Systeme. „Als Premierenort ist die Location genial“, sagt der Leipziger Filmemacher Enno Seifried, „es ist einfach ein sehr imposantes Gebäude mit einer interessanten Geschichte.“

Erst Nazi-Eliteschule, später SED-Parteischule

In den 30er Jahren wurde auf dem 34 Hektar großen Gelände am Waldrand eine Nationalpolitische Bildungsanstalt gegründet. Bis Kriegsende gingen 350 Schüler auf das Eliteinternat der Nazis. In der DDR war der Gebäudekomplex über 30 Jahre Bezirksparteischule der SED. Mehr als 16.000 Parteimitglieder absolvierten hier ihre Lehrgänge.

Der Film wird im großen Saal im Hauptgebäude aufgeführt. „Schon als wir ihn vor Jahren das erste Mal betreten haben, haben wir uns vorgestellt wie es wäre, hier eine Premiere zu feiern. Jetzt hat es endlich geklappt. Das Beste kommt zum Schluss“, sagt Seifried, Produzent, Regisseur und Kameramann.

Premiere von Teil 1 in der Baumannshöhle Rübeland

In der Baumannshöhle in Rübeland wurde 2015 „Vergessen im Harz I“ erstmals aufgeführt und der zweite Teil nur ein Jahr später im ehemaligen Hotel „Zehnpfund“ in Thale vorgestellt. Nun haben haben er und sein Team abermals Schauplätze abseits der Touristenpfade aufgespürt und sich mit Zeitzeugen unterhalten, um die Geschichten dahinter zu erfahren.

„Wo genau wir uns bewegt haben, wollen wir noch nicht verraten“, sagt Seifried. Nur so viel: Es ging wieder einmal quer durch den Harz - „von Ost bis West ist überall etwas dabei“, Betriebe, Militäreinrichtungen, Hotels und Sanatorien.

So waren er und sein Team zum Beispiel in einem alten Bergwerk, das bis 1990 in Betrieb war. „Die akkubetriebenen Geräte hatten sogar noch ein wenig Reststrom“, das eine oder andere habe ein ehemaliger Mitarbeiter, der dabei gewesen sei, vorgeführt, erzählt Seifried.

Begeistert habe ihn auch eine alte Mühle, die seine Crew eher durch Zufall entdeckt habe, und die seit dem Tod des Eigentümerehepaares unberührt geblieben sei.

Eine 95-minütige Reise durch den Harz

95 Minuten dauert die Reise durch den vergessenen Harz. Nicht alles, was sie zeigen wollten, haben die Macher unterbekommen. „Wie das bei einem Film am Ende immer ist, fällt viel dem Schnitt zum Opfer. Drei Locations mussten wir streichen, da der Film sonst einfach zu lang geworden wäre“, erklärt Seifried. Ganz verloren sei das Material aber nicht, es erscheine als Bonusmaterial auf der DVD.

Das Schulungszentrum spielt darauf aber definitiv keine Rolle mehr. Das Filmteam hatte sich bereits im zweiten Teil von „Vergessen im Harz“ damit beschäftigt und einen ehemaligen Eliteschüler zu Wort kommen lassen. Dafür werden zur Premiere am Freitag, 25. Mai, und den zwei weiteren Vorführungen am Sonnabend, 26., und Sonntag, 27. Mai, Hunderte Besucher auf dem Großen Ziegenberg erwartet.

Hunderte Besucher werden erwartet

„Wir sind unglaublich froh, dass das geklappt hat“, sagt Bianka Bier von der BAL Stadtentwicklungsgesellschaft. Denn die Entscheidung, ob die Veranstaltung stattfinden kann, lag nicht in ihrer Hand. Zwar gehört der Stadt ein großer Teil der Immobilie, das Hauptgebäude mit Saal aber wurde aber vor vielen Jahren an einen Österreicher verkauft. Der habe sich - nach anfänglicher Skepsis - einverstanden erklärt, sagt Bier, die der Premiere schon entgegenfiebert.

Und da ist sie nicht die Einzige. Auch mit Erreichen des Crowdfunding-Ziels reißt die Zahl der Unterstützer nicht ab. Mehr als 27.000 Euro sind schon zusammengekommen, und bis zum 23. April - so lange läuft die Aktion - dürften es noch ein paar mehr werden. Geld, das das Team um Seifried gut gebrauchen könne, um die DVD zu veröffentlichen, die Premiere auszustatten, die bisher angefallenen Kosten zu decken - und wenigstens eine kleine Gage mit nach Hause zu nehmen.

27.000 Euro kamen durch Crowdfunding zusammen

„Es ist schön zu wissen, dass das Interesse an der Reihe so groß ist und wir mittlerweile eine wirklich treue Community im Rücken haben, die uns immer wieder unterstützt und uns hilft, das Projekt voranzubringen“, sagt Seifried, der den Harz filmerisch nun erst mal hinter sich lassen will.

„Einen vierten Teil wird es nicht geben“, sagt er, mögliche Erwartungen bremsend, „aber am Ende mit der Filmerei sind wir noch lange nicht. Es gibt noch viel zu entdecken. Auch in anderen Regionen von Deutschland.“ (mz)