Kreuze auf dem Acker Kreuze auf dem Acker: "Landwirte haben Angst dass ihr Berufsstand ausstirbt"

Quedlinburg - Wer in letzter Zeit entlang der hiesigen Äcker unterwegs war, hat sie vielleicht gesehen: grüne Kreuze. Die meist anderthalb Meter hohen Holzgebilde auf den Feldern sind ein Symbol der Mahnung an die Gesellschaft.
Bundesweit beteiligen sich Bauern an der Aktion. So auch Landwirt Markus König aus Quedlinburg. „Der Landwirt ist für viele heute nur noch der Buhmann. Es wird nur noch über uns gesprochen, nicht mit uns“, sagt König. Seit 1996 ist er Bauer in der Region. Auf 800 Hektar Land baut er unter anderem Weizen, Raps, Zuckerrüben und Mais an. Bisher habe er davon gut leben können. Doch nun fühle er sich bedroht - durch die Trockenheit, aber auch durch die Politik.
Proteste wenden sich gegen das sogenannte Agrarpaket der Bundesregierung
Hintergrund der Protestaktion ist das im September vom Bundesministerium für Landwirtschaft und vom Bundesumweltministerium beschlossene Agrarpaket. Das beinhaltet unter anderem ein Insektenschutzprogramm sowie das sogenannte Tierwohlkennzeichen. Viele Landwirte befürchten nun, dass ihnen die Arbeit durch die neuen Auflagen erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.
Als Beispiel nennt Bauer König das Verbot der sogenannten Beize: Mit der Chemikalie werden etwa Getreidesamen noch vor der Aussaat behandelt. Das Mittel schützt das Saatgut in der ersten Wachstumsphase vor Larven und anderen Fressfeinden.
König wehrt sich gegen das geplante Beiz-Verbot, weil Spritzen mit Chemikalien den Boden schädige
Aufgrund des Verbots sehen sich die Landwirte nun gezwungen, die jungen Pflanzen nach dem Sähen mit dem Spritzen anderer Mittel zu schützen. Das Problem: Die Pflanzen machen nur einen sehr kleinen Teil des Ackerbodens aus, gespritzt wird aber das gesamte Feld. Das koste viel Geld und sei nicht gut für den Boden, so König. „Das ist Unsinn. Wir wollen das auch nicht.“
Seine Kritik: Das Beizen wurde verboten, um Bienen zu schützen. Werde die Beize jedoch auf das Saatgut angewendet, wirke sie nur, während die Pflanzen noch nicht blühen. „Zu dieser Zeit treiben sich da gar keine Bienen rum“, sagt der Bauer.
Hinzu komme, dass deutsche Bauern immer mit Landwirten auf der ganzen Welt konkurrieren. Steigen die Preise für deutschen Weizen aufgrund schärferer Umweltauflagen, werden sie von Getreide aus Ländern verdrängt, in denen weniger strikte Gesetze gelten - das sei weder im Sinne der Umwelt noch der Verbraucher. So hätten etwa viele osteuropäische Nationen Ausnahmeregelungen für das Beizen erlassen.
Landwirt König wünscht sich, dass die Politik sich wieder mehr an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert als am „emotionalen Mainstream.“ „Klimaschutz ist wichtig, aber man darf ihm nicht alles unterordnen.“
Markus König berichtet von 40 Prozent Umsatzeinbußen durch die Trockenheit
In den vergangenen zwei Jahren habe er bis zu 40 Prozent Umsatzeinbußen gehabt - vor allem durch die Trockenheit. Die neuen Umweltauflagen machten das Geschäft nun noch schwieriger.
Einige der Gesetze seien sogar widersprüchlich, sagt König. Als Beispiel nennt er den umstrittenen Einsatz von Glyphosat: Das Mittel werde in der Regel zum Entfernen der Pflanzenteile auf dem Acker nach der Ernte verwendet, um den Boden wieder bepflanzbar zu machen. 2023 soll die Chemikalie in der EU verboten werden. Dann müssten die Äcker wieder mechanisch bearbeitet werden. Das lasse die Erde zum einen schneller austrocknen, zum anderen widerspreche diese Methode einer Bodenschutzauflage.
Statt Glyphosat einzusetzen, muss Acker ab 2023 wieder mechanisch bearbeitet werden, was ihn schneller austrockne
„Das eine beißt das andere“, sagt Bauer König. Ergänzt aber: Sollte eindeutig bewiesen werden, dass Glyphosat krebserregend sei, gehöre es natürlich sofort verboten.
Die Aktion „Grüne Kreuze“ stellt keine konkreten Forderungen an die Politik. Sie sei ein stiller Protest. Es gehe darum, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. „Wir werden nicht mehr gehört“, sagt König. Und die Aktion trägt Früchte: Mehrfach seien Menschen auf ihn zugekommen, nachdem sie das Kreuz auf seinem Feld gesehen haben.
Auch der Bauernverband Nordharz informiert auf seiner Webseite über die Aktion. Geschäftsführerin Diana Borchert kennt die Beweggründe der Bauern: „Die Landwirte haben Angst, dass ihr Berufsstand ausstirbt.“ Sie seien bereit, beim Klimaschutz mitzuwirken, gleichzeitig müssten sie jedoch Geld mit ihrer Arbeit verdienen. „Wir haben den Dialog mit der Politik verloren.“
„Landwirte haben Angst, dass ihr Berufsstand ausstirbt“, erklärt die Sprecherin des Bauernverbands
Die Landwirtschaft in Deutschland sei sehr effizient, das mache die Lebensmittel überdurchschnittlich günstig, sagt Markus König. Was dabei oft vergessen werde: So haben die Menschen mehr Geld für andere Dinge zur Verfügung. „Das kommt uns doch allen zugute.“ (mz)