Krebskranke Kinder Krebskranke Kinder im Harz: Fachleute kümmern sich um Angehörige

Wernigerode - Tilda wurde nur sechs Jahre alt. Im Januar hat das kleine Mädchen seinen Kampf gegen den Krebs verloren. Doch Tilda bleibt in Erinnerung: Zum Andenken an sie hat der Verein für krebskranke Kinder Harz am Mittwoch in Wernigerode das kinderonkologische Einsatzteam „Tilda“ gegründet.
Der Verein arbeitet darin mit einer Traumatherapeutin, zwei Ansprechpartnerinnen zum Thema Geschwisterkinder und Wunscherfüllungen, einem Pflegedienst, einem Sanitätshaus, einem Ansprechpartner zum Thema Reha und Kliniken, einem Rechtsanwalt, zwei Beiräten - ein Kinderarzt und der Geschäftsführer der Landeskrebsgesellschaft - zusammen. Mit im Team ist auch Mogli, ein zertifizierter Besuchshund.
Therapeuten, Pfleger, Anwalt und Kinderarzt kooperieren
„Tilda war unser erster ‚Spezialfall‘, der uns als Verein sehr deutlich gezeigt hat, wo unsere Grenzen liegen und unsere Möglichkeiten enden“, sagt Vereinsvorsitzender Avery Kolle. Einen Spezialfall beschreibt er so: „Wo das Licht am Ende des Tunnels fehlt und wir als Verein den Lichtschalter auch nicht finden.“
Im Fall von Tilda habe es viele Stellen gegeben, „die nicht zusammengearbeitet haben, Es gab kein Zusammenkommen, damit Wichtiges ausgetauscht wird, und das zum Leidwesen von ihr.“ Tildas Familie sei dankbar gewesen, was die einzelnen Stationen getan haben, aber sie habe auch den Hinweis gegeben, dass die Zusammenarbeit besser funktionieren müsse.
Patienten und Angehörigen fehlte ambulante Unterstützung
„Wir haben uns viele Monate den Kopf zerbrochen, was nötig ist“, sagt der Vereinsvorsitzende. „Deswegen halte ich das Team, das wir jetzt haben, für sehr rund.“
Oft fehle ambulante Unterstützung, sagt Pflegedienst-Geschäftsführerin Sabine Gabler. „Da braucht man andere Partner, als man sie in der Klinik hat.“ Dass Familien allein die Probleme bewältigen, sei fast aussichtslos. „Wir geben den Familien eine Stimme, die sie im Moment nicht haben, weil ihnen der Boden unter den Füßen weggerissen ist“, sagt Sven Weise, Geschäftsführer der Landeskrebsgesellschaft und Beirat des Einsatzteams.
Nach schweren Diagnosen gibt es oft großen Beratungsbedarf
Das Team will beispielsweise helfen, nach Diagnosen eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. „Da gibt es sehr viel Beratungsbedarf“, sagt Avery Kolle. Auch bei der Klärung von Pflegedienstleistungen können Eltern Hilfe vom Einsatzteam bekommen, ebenso bei Fragen zu Therapien oder auch rechtlichen Schritten: Jede Berufsgruppe könne einen Blick auf den jeweiligen Fall werfen und wisse, an wen man sich wenden kann.
Das Einsatzteam will so ein wichtiger Anlaufpunkt zur Anschlussbetreuung von erkrankten Kindern und ihren Familien sein. Dazu gehört auch, dass die Geschwisterkinder nicht vergessen werden: „Geschwisterkinder stellen sich oft in den Schatten und verlieren sich oft dabei“, sagt Doreen Schneider, die eine der zwei Ansprechpartnerinnen zum Thema Geschwisterkinder und Wunscherfüllungen ist.
Auch an die Geschwisterkinder wird bei Theraphie gedacht
„Man sieht deren Bedürfnisse weniger. Wir fragen: Was willst Du, heute ist mal Dein Tag.“ Zur Belohnung für seine Rücksichtnahme auf die kranke Schwester oder den kranken Bruder steht dieses Kind dann im Mittelpunkt. „Wir haben stets tolle Geschwisterkinder gehabt“, erinnert sie sich.
Um diese „Schattenkinder“ wie auch um die kleinen Patienten kümmert sich zusätzlich ein vierbeiniger Helfer: Mogli. Der Irish-Setter-Husky-Mischling ist ein zertifizierter Besuchshund. „Würfeln kann er ganz toll“, sagt seine Betreuerin Julia Möller. Der Rüde soll helfen, bei den Betroffenen die Scheu vor den Mitarbeitern des Teams zu nehmen und den Fokus nicht nur auf die Krankheit zu legen.
Besuchshund Mogli soll den Kindern die Scheu vor Beratern nehmen
„Wir wollen den Kindern einen Punkt geben, wofür sie kämpfen: Dass sie wieder Spaß und Lust am Leben bekommen. Damit sie wissen, wofür sie das alles auf sich nehmen“, erklärt Avery Kolle. Der sechs Monate alte Mogli ist bereit: „Es stand von seiner Geburt an fest, dass dieser Hund ein Hund sein wird, der für den Verein arbeitet“, sagt Julia Möller. Sie ist selbst Mitglied des Vereins und kümmert sich um dessen Finanzen.
Der 146 Mitglieder zählende Verein hat sich 2011 gegründet. In den vergangenen Jahren wurden von ihm rund 250 Familien betreut. In diesem Jahr sind es bereits zwölf Familien, die er unterstützt. „Ich habe das Gefühl, dass wir uns auf einem hohen Niveau weiterbewegen werden“, sagt Avery Kolle. Nach Angaben der Kliniken in Halle und Hannover sei die Zahl der Rückfälle derzeit „so hoch wie seit Bestehen dieser Kliniken nicht“, setzt er hinzu. Die meisten Kinder seien von Leukämie betroffen.
(mz)