Tod bei Treibjagd Junge Frau aus Hildesheim wegen fahrlässiger Tötung bei Jagd angeklagt: Amtsgericht Quedlinburg stellt tödlichen Kopfschuss nach

Ballenstedt - Die Tradition der Ausbildung des Jäger-Nachwuchses reicht in Hildesheim bis in die 50er-Jahre zurück. „Die Jägerschaft Hildesheim bietet eine praxis-und zielorientierte, qualitativ hochwertige Ausbildung als Vorbereitungsseminar für die vom Landkreis Hildesheim durchgeführte Jägerprüfung an“, heißt es auf einem Informationsblatt „Unsere hoch qualifizierten Ausbilder führen Sie sicher zur Jägerprüfung.“
Trotzdem hat eine junge Jägerin aus einem kleinen Ort im Osten des Landkreises Hildesheim möglicherweise einen folgenschweren Fehler begangen: Sie soll vor zwei Jahren in einem Wald bei Ballenstedt bei einer Drückjagd auf einen Hirsch geschossen haben, der auf einem Hügel stand - die Kugel verfehlte das Tier und traf stattdessen einen 81-jährigen Jäger tödlich in den Kopf.
Statt einen Hirsch zu treffen, soll die 22-Jährige einen 81-jährigen Jäger erschossen haben
Hätte sich die damals 20-jährige Frau an das gehalten, was sie in der Ausbildung unbedingt hätte lernen müssen, würde der Mann wohl noch leben: Ein Jäger darf nur schießen, wenn sich hinter dem anvisierten Tier ein natürlicher „Kugelfang“ - also etwa ein Erdwall - befindet.
Möglich wäre auch ein Schuss von einer erhöhten Position, dann würde das Projektil im Waldboden einschlagen, falls es das Tier verfehlt. Stattdessen flog die Kugel noch etwa 200 Meter weiter - und tötete den Rentner.
Die mittlerweile 22-Jährige muss sich deshalb nun vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, dass sie gegen Paragraf 3 der „Unfallverhütungsvorschrift Jagd“ verstoßen hat. Darin heißt es: „Ein Schuss darf erst abgegeben werden, wenn sich der Schütze vergewissert hat, dass niemand gefährdet wird.“
Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, gegen die „Unfallverhütungsvorschrift Jagd” verstoßen zu haben
Nach MZ-Informationen hat sich die Angeklagte zu dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung bislang nicht geäußert. Wenn sie dabei bleibt, wird es ein aufwendiger Prozess. Das Gericht muss schließlich zweifelsfrei klären, dass der Schuss, der den 81-jährigen Niedersachsen getötet hat, tatsächlich aus dem Gewehr der jungen Jägerin stammt.
Das Problem dabei: Das Projektil wurde nie gefunden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Geschoss in viele Einzelteile zersprungen ist - die ihrerseits auch verschollen blieben.
Die Angeklagte ist ins Visier der Ermittler geraten, weil nach dem Aufstellungsplan, der jedem Jäger seinen Platz während der Gemeinschaftsjagd zuweist, ihre Position und die Flugbahn des Geschosses bei dem erfolglosen Schuss auf den Hirsch zu einem möglichen Tatablauf passen.
Um das Ganze nachzuvollziehen, greift das Amtsgericht zu einer eher seltenen Maßnahme: Bei einem Vororttermin im Wald soll die Situation am 5. November mit der Angeklagten nachgestellt werden.
Angeklagte war zum Zeitpunkt der Tat 20 Jahre alt
Das Verfahren beginnt am 29. Oktober vor dem Jugendgericht, da die Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat mit 20 Jahren vor dem Gesetz als Heranwachsende galt. Angesetzt sind vier Verhandlungstage, zu denen 18 Zeugen und ein Sachverständiger gehört werden sollen.
An der Jägerausbildung kann man übrigens schon mit 15 Jahren teilnehmen - und ab 16 Jahren einen „Jugendjagdschein“ erwerben. Das Seminar dauert ein knappes halbes Jahr. Ein Unterrichtsfach dabei ist „Jagdrecht und verwandtes Recht“. (mz)