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Anwohner verzweifelt, Häuser in Gefahr Hochwasser in Harsleben bei Halberstadt: THW, DRLG und Feuerwehr kämpfen gegen Hochwasser vom Goldbach

27.07.2017, 12:45
Christel und Günter Eggart stehen auf der Terrasse ihres Hauses in Harsleben (Landkreis Harz).
Christel und Günter Eggart stehen auf der Terrasse ihres Hauses in Harsleben (Landkreis Harz). dpa-Zentralbild

Harsleben - Die Eggerts haben keine Chance mehr, durch ihre Wohnungstür ins Haus zu kommen. Dort, wo normalerweise eine kleine Straße ist, hat sich ein Bach breit gemacht. Christel Eggert steht auf einem Stuhl, guckt über die Mauer zur Straße hin, die jetzt Bett für einen reißenden Strom ist.

Hinten am Haus in Harsleben haben Eggerts eine Stehleiter aufgestellt, um durchs Fenster ins Haus oder hinaus zu gelangen. Noch sehen sie die Situation gelassen. „Was soll man machen?“, sagt Christel Eggert und zuckt mit den Schultern. Sorgen macht sie sich ums Auto. Das ist gerade neu und steht in der Garage neben dem Haus. „So hoch steht dort das Wasser.“ Günther Eckert hält die Hände etwa 20 Zentimeter auseinander.

Die Eggerts hatten bis jetzt immer Glück

„Wir haben hier schon öfter mal Hochwasser gehabt“, weiß Christel Eggert zu berichten, „aber so schlimm war es noch nie. Auch nicht 1994.“ Damals, beim großen Bodehochwasser, hatten kleine Flüsse weite Teile des Harzes unter Wasser gesetzt. Die Eggerts wohnen an der höchsten Stelle im Ort und hatten bis jetzt immer Glück. Aber auch diesmal?

Das Nachbarhaus stehe bereits unter Wasser, zeigt Günther Eggert, und eben auch die Garage. Schon am Mittwoch war der Goldbach in Harsleben über seine Ufer getreten. Mehrfach warnte die Sirene, Helfer von THW, DRLG und Feuerwehr stapelten Sandsäcke an bedrohten Stellen.

„Am Abend sah es so aus, als würde das Wasser zurückgehen“, erzählt Christel Eggert aufgeregt. „Aber dann in der Nacht um 3.00 haben wir aus dem Fenster geguckt und waren entsetzt! Vor dem Haus Wasser, in der Garage alles unter Wasser und unser neues Auto mittendrin!“

Helfer von THW, DRLG und Feuerwehr stapeln Sandsäcke

Gegenüber von den Eggerts stapeln Helfer Sandsäcke. Das Wasser steht direkt vor dem Haus von Edgar und Ursula Neuhaus. Die beiden können nur zuschauen, wie das Wasser sich ausbreitet. Der Strom sei abgestellt, pumpen könne man also nicht, sagt Ursula Neuhaus.

Ihr Sohn Ralf wohnt ein paar Häuser weiter und hat größere Sorgen. „Wenn das Wasser noch weiter steigt, wird mein Wohnzimmer geflutet!“ Während er mit anderen freiwilligen Helfern kleine Säckchen vor den Gartenzaun seiner Eltern stapelt, macht er seinem Ärger Luft. „Hinten, an der Brücke am Hundeplatz staut sich das Wasser! Seit zehn Jahren machen wir auf das Problem aufmerksam, aber es wird immer nur geredet!“

Gemeinde und Wasserwirtschaft haben Engpass ignoriert

Detlef Gericke, ein Helfer in Wathosen, stimmt ihm zu. „Dort ist der Goldbach gerade noch zwei Meter breit! Alle haben sich das angeguckt, aber jeder hat den Schwarzen Peter weitergegeben!“ Mit alle meint er Vertreter der Gemeinde und der Wasserwirtschaft. Noch am Vortag habe der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft zwar Strandgut an der Brücke entfernt, nicht aber Erdreich abgetragen.

Seiner Meinung nach sei das aber nötig, um den Abfluss zu garantieren. „Früher war der Goldbach dort auch 3,5 Meter breit, aber jetzt ist alles zugewachsen.“ Am Vormittag wurden aus Harsleben erste Anwohner in Sicherheit gebracht. Auch zwölf Schafe und zwei Ponys, die schon im Wasser gestanden hatten, wurden von der Weide geholt.

In Langenstein muss ein Hang stabilisiert werden

Wenige Kilometer weiter, in Langenstein, legen die erschöpften Helfer gerade eine Zwangspause ein. Sie warten auf Vliesmatten, um damit einen durchweichenden Hang zu stabilisieren. Auch hier hat sich der Goldbach breit gemacht, Gärten überspült. Etwas höher am Hang stehen Einfamilienhäuser, sie sind vom Abrutsch bedroht. „Wenn der Hang ins Rutschen kommt“, erläutert Einsatzleiter Thomas Dittmer, „dann würden auch die Häuser betroffen sein.“

In der Nacht hatte der Goldbach die Straße über- und vor allem unterspült. Das Wasser drückte stundenlang gegen eine Böschung. Inzwischen bringt Haymo Jork mit seinem THW-Transporter die ersehnten Vliesmatten. Der Halberstädter ist seit dem Morgen unterwegs, nachdem sich die Situation in seinem Straßenzug in Halberstadt beruhigt hatte.

Dort ist der Wasserstand der Holtemme inzwischen gesunken, jetzt kann der THW-Mann wie viele seiner Kollegen an anderen Orten helfen. Sofort nach Ankunft des THW-Transporters gehen die Arbeiten weiter, unter sachkundiger Anleitung eines Deichexperten des THW werden die Matten verlegt. „Unsere Bäche hier füllen sich schnell und leeren sich schnell wieder“, sagt Feuerwehrmann Dittmer. „Sie sind unberechenbar.“