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Comic "Hickhack um die Harzburg": Thomas Dahms und Karsten Mentzendorff präsentieren Comic über König Heinrich IV.

Von Rita Kunze 29.08.2018, 05:58
„Herr, überall werden unsere Burgen angegriffen. Ganz Sachsen brennt", wird Heinrich IV. im Jahr 1073 gemeldet.
„Herr, überall werden unsere Burgen angegriffen. Ganz Sachsen brennt", wird Heinrich IV. im Jahr 1073 gemeldet. Dahms/Mentzendorff

Quedlinburg - Lüttich, 7. August 1106: „An diesem Tag starb ein Mensch - und ein Mythos wurde geboren“, schreibt Thomas Dahms am Ende seines jüngsten Mittelalter-Comics, der sich König Heinrich IV. (1050-1106) widmet. „Hickhack um die Harzburg“ beschreibt auf 40 Seiten mit Bildern und Sprechblasen das Leben des Königs zwischen Sachsenkrieg und dem berühmten Gang nach Canossa.

Der Thron von Heinrich IV. war umkämpft

Schon das Titelbild verrät: Dieser König sitzt auf einem umkämpften Thron, an dem Kirche und Fürsten gleichermaßen ziehen. Der Illustrator Karsten Mentzendorff hat für Dahms’ Texte Zeichnungen geschaffen, die die Menschen hinter den historischen Fakten zeigen.

Ein Comic sei die ehrlichste Form eines Geschichtsbuchs, sagt Dahms, der sich als promovierter Historiker seit rund vier Jahren auf diese Weise mit der Vermittlung geschichtlicher Fakten beschäftigt.

Denn ein Comic habe erst gar nicht den Anspruch, objektiv zu sein - durch die Bilderfolge sei schon eine subjektive Auswahl vorgegeben. Wichtig ist ihm eins: „Ich gebe keine Wahrheit vor, sondern verschiedene Aspekte zu bedenken.“

„Ich gebe verschiedene Aspekte zu bedenken“

Die Geschichte Heinrichs IV. ist für Dahms die aufregendste Königsbiografie des Mittelalters: reich an Konflikten, die sich gegenseitig hochschaukelten und von denen der Streit mit dem Klerus mit Heinrichs Gang nach Canossa im Jahr 1077 nur der berühmteste ist.

„Die Ereignisfülle ist so stark, dass die konzentrierte Form der Darstellung hilft, den Überblick zu behalten.“

Heinrich IV. war sechs Jahre alt,  als sein Vater starb

Denn Heinrich IV. hatte nicht nur einen schwierigen Start - er war sechs Jahre alt, als sein Vater starb -, er hatte auch Konflikte mit den Fürsten und dem Papst auszutragen.

Heinrich könne man nicht nur über diese Konflikte verstehen, sondern auch in dessen Bemühen, das Reich in einer Zentralität zu formen, sagt der Historiker: „Die Fürsten warten in der zweiten Reihe immer auf eine Schwäche des Königs.“

Viele Fürsten warten auf eine Schwäche des Königs

Sie setzen dem Machtanspruch des Königs durch Erbfolge etwas anderes dagegen: Der Erste unter ihnen soll auf Lebenszeit regieren, nach dessen Tod wird ein neuer Herrscher gewählt.

„Die Fürsten haben sich durchgesetzt gegen ein erstarkendes Königtum“, so Dahms, der mit dem Machtverlust Heinrichs das letzte „Zentralisierungsexperiment“ gescheitert sieht.

König Heinrich IV. schrieb massenhaft Briefe

Zugleich setzt dieser König auf die Macht der Worte: „Zum ersten Mal wird hier ein medialer Kampf um die Deutungshoheit vollzogen“, sagt der Historiker. „Bis dahin haben einzelne Chronisten die Chroniken verfasst, die kopiert und wieder kopiert wurden.“

Heinrich dagegen habe massenhaft Briefe geschrieben und damit die Sakrallandschaft bombardiert. „Das hat die Leute schockiert. Diese Schockwellen waren nicht bei einem Gegenkönig zu Ende. Er hatte gleich vier.“

Kindheitstrauma durch Entführung mit 11 Jahren?

Bei der Verdichtung der Ereignisse auf wenige Seiten helfe die Chronologie. Man könne nicht rückwirkend etwas verurteilen, sondern müsse erkennen, wie es dazu kommen konnte.

So sei das Gezerre um Heinrich in dessen Kindheit - er wurde als Elfjähriger in einem Staatsstreich entführt - unglaublich wichtig, um seine Persönlichkeit zu verstehen.

Heute würde man das als Kindheitstrauma bezeichnen: „Er hat die tiefe Erfahrung gemacht, niemandem vertrauen zu können.“ Denn nicht nur er selbst, sondern auch seine Schwester war entführt worden, und zwar von seinem späteren Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden.

Luthers 95 Thesen als Reaktion auf „Diktat des Papstes“

Heinrich IV. ist für Thomas Dahms „ein bisschen wie Luther“: „Er hat lange gelebt, viel erlebt und viel getan.“ Und das im März 1076 verfasste „Diktat des Papstes“, das dem Kirchenfürsten quasi Allmacht bescheinigt, ist jenes Papier, auf das Martin Luther 441 Jahre später mit seinen 95 Thesen antworten wird.

Manchmal müssen Lücken in den historischen Quellen aber auch mit Fantasie gefüllt werden. So muss Heinrich im Sommer 1073 vor den Sachsen fliehen, das ist überliefert. Aber „wie genau die Flucht von der Harzburg erfolgte, liegt bis heute im Dunkeln“, sagt Dahms.

Im Comic ist das ganz einfach: Der König und seine Begleiter sausen auf Seilrutschen durch die Baumkronen. (mz)

Thomas Dahms, Karsten Mentzendorff, „Hickhack um die Harzburg. König Heinrich IV. zwischen Sachsenkrieg und dem Gang nach Canossa“, Ostfalia-Verlag, ISBN 978-3-96226-000-2