Foto-Fahndungen Foto-Fahndungen der Polizei: "20 Prozent Aufklärung ist ein gewaltiger Schritt"

Halberstadt - Einbruch in ein Gebäude mit Überwachungskamera: Acht Monate später wird mit Fotos nach Einbrechern gefahndet. Ein Mann stiehlt ein Rad, ein viertel Jahr später wird er mit Foto gesucht.
Ein Taxi wird überfallen, sechs Wochen später wird der Räuber per Phantombild gesucht. Welche juristischen Regeln gelten für Foto-Fahndungen? MZ-Redakteur Wolfram Schlaikier sprach mit Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck aus Halberstadt.
Wir haben uns an Fotos von EC-Karten-Dieben gewöhnt, nun bekommen wir auch solche von Fahrraddieben. Ist das noch verhältnismäßig?
Hauke Roggenbuck: Laut Paragraf 131 Strafprozessordnung (StPO) „Ausschreibung zur Festnahme“ können Staatsanwälte oder Richter anordnen, nach bekannten Personen zu fahnden.
Oft fahndet man aber nach nicht namentlich Bekannten.
Roggenbuck: Das regelt Paragraf 131b StPO „Veröffentlichung von Abbildungen des Beschuldigten oder Zeugen“, zum Beispiel wenn jemand 1.000 Euro mit einer gestohlenen Karte abhebt. Das setzt aber eine Straftat von erheblicher Bedeutung voraus.
Was ist eine Straftat von erheblicher Bedeutung?
Roggenbuck: Das ist nicht im Strafgesetzbuch (StGB), sondern in den Kommentierungen geregelt. Dort spricht man von Straftaten im mittleren Kriminalitätsbereich, also solche, bei denen die Obergrenze des Strafrahmens bei bis zu fünf Jahren Haft liegt.
Und warum wird dann nach einem mutmaßlichen Fahrraddieb mit Foto gefahndet?
Roggenbuck: Ein Fahrraddieb knackt in der Regel ein Schloss auf, das ist ein besonders schwerer Fall des Diebstahls laut Paragraf 243 StGB. Der Strafrahmen liegt hier zwischen drei Monaten und zehn Jahren.
Wieviel Prozent der Fahndungen mit Fotos werden denn aufgeklärt?
Roggenbuck: Beim EC-Karten-Betrug haben wir durch die Fotos eine beachtliche Quote. Wenn wir 20 Prozent aufklären, dann ist das meines Erachtens ein gewaltiger Schritt. Ohne Fahndung müsste diese Fälle nämlich eingestellt werden.
Die meisten Fälle liegen Monate zurück, müsste eine Foto-Fahndung nicht viel früher stattfinden?
Roggenbuck: Es stimmt: Je näher man an der Tat dran ist, umso besser ist meist die Aufklärung. Banken dürfen aber Fotos von Überwachungskameras nur auf Antrag herausgeben. Das heißt, die Staatsanwaltschaft muss die Bank anschreiben, die wegen des Ermittlungsverfahrens bedeutsamen Fotos herauszugeben.
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Dann kommt die Akte mit Fotos wieder zur Staatsanwaltschaft, wir schreiben einen Antrag ans Amtsgericht, denn die Fahndung nach Unbekannten muss ein Richter anordnen. Ist das passiert, kommt die Akte wieder zur Staatsanwaltschaft und weiter zur Polizei, deren Pressestelle schließlich die Fahndung an die Medien verbreitet.
Kürzlich zog die Polizei in Halberstadt eine Fahndung zurück, weil versehentlich statt des mutmaßlichen Täters das Foto eines Begleiters verbreitet worden war. Kommt so etwas öfter vor?
Roggenbuck: Das passiert sehr selten. Manchmal werden auch Zeugen gesucht, aber darauf muss dann sehr deutlich hingewiesen werden.
Mitunter suchen auch Hausbesitzer mit Fotos aus privaten Überwachungskameras nach mutmaßlichen Dieben oder Einbrechern. Wie ist die Rechtslage?
Roggenbuck: Wer als Privatmann Fotos von Personen ins Internet stellt, zum Beispiel bei Facebook, muss sehr vorsichtig sein. Denn die Veröffentlicher laufen dabei Gefahr, sich selbst strafbar zu machen wegen Verstoß gegen den Paragrafen 201a im Strafgesetzbuch „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Die Strafverfolgung ist in Deutschland nämlich laut Paragraf 152 der Strafprozessordnung eine Aufgabe der Staatsanwaltschaften. (mz)