Miteinander auf Dorf Ehepaar Lütjens Hedersleben bläst jeden Donnerstag ein Posaunenkonzert: Musik vor Evangelischer Kirche Hedersleben

Hedersleben - Eine Handvoll Leute stehen vor der geduckten Mauer, die den Gehweg vom Garten der evangelischen Kirche in der Hederslebener Schulstraße trennt. Von dort ertönen zweistimmige Posaunenklänge eines Chorals, gespielt werden diese von Dieter und Gundula Lütjens.
Das Ehepaar spielt hier seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie jeden Donnerstag um 18 Uhr ein kleines Set aus Chorälen und Volksliedern. Das Konzert dauert etwa eine halbe Stunde und während die Erwachsenen an der Mauer andächtig zuhören, tänzeln die mitgebrachten Kinder, wie der kleine Oskar, ein bisschen herum.
Jeden Donnerstag um 18 Uhr werden Choräle und Volkslieder gespielt
„Weil heute ein Herr da war, der früher im Schacht in Nachterstedt gearbeitet hat, haben wir unter anderem spontan ,Glück auf‘ gespielt“, sagt Dieter Lütjens nach dem Konzert. Der 73-Jährige ist gebürtiger Hederslebener und wohnt mit seiner Frau Gundula im Haus direkt gegenüber der Kirche.
Bei schlechtem Wetter blasen sie ihre Posaunen aus einem der Straße zugewandten Fenster ihres Hauses heraus. „Ich wollte erst gar nicht Posaune spielen, aber mein Mann hat mich gezwungen“, sagt Gundula Lütjens schnippisch.
Während man noch schluckt ob dieser Direktheit, fügt sie hinzu: „ Mich hat es nie zu diesem Instrument hingezogen, aber im Nachhinein war’s nicht schlecht.“
Dieter und Gundula Lütjens spielen im Posaunenchor in Quedlinburg
Beiden spielen im Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde Quedlinburg unter der Leitung des dortigen jungen Kantors und Domorganisten Markus Kaufmann. 18 Mitglieder habe der Chor, erzählen die beiden, und in der Regel immer donnerstags um 18 Uhr Probe im Quedlinburger Carl-Ritter-Haus.
Doch seit Ausbruch der Corona-Krise fallen diese Zusammenkünfte natürlich aus und die Mitglieder spielen, einzeln oder zu zweit, um diese Zeit nun in ihren jeweiligen Heimatorten kleine Konzerte. Kantor Kaufmann schickt den Posaunisten dazu jede Woche die drei aktuellen Choräle, dieses Mal war sogar ein von dessen Frau selbst geschriebener dabei. Das „Abendgebet“ handelt von der Stille in Quedlinburg wegen der Corona-Krise, klärt Dieter Lütjens auf.
Im Chor seien früher nur Choräle geblasen worden, erinnern sich die beiden. Dieter Lütjens war bereits als 15-Jähriger bei der Gründung des Posaunenchors in Hedersleben dabei - das war 1961. Seit 1976 ist der Chor in Quedlinburg angesiedelt.
Und viel später, mit dem neuen Chorleiter Markus Kaufmann, wurde dann auch Swing mit ins Repertoire genommen. „Wir bereiten nun zum Beispiel auch klassische Stücke swingmäßig auf“, erzählt Dieter Lütjens. Doch in ihrem kleinen Programm vor der Hederslebener Kirche spielten sie neben den Chorälen nur Volkslieder.
Beide sind ausgesprochene Verfechter dieser Liedguttradition, die sie wach halten wollen. „Wenn Russen ,Kalinka‘ singen, dann freuen sich alle. Doch wir haben auch Volkslieder, nur werden die kaum gesungen und auch nicht an die Jüngeren weitergegeben. Zum Beispiel in der Schule“, beschwert sich Dieter Lütjens.
„Volkslieder werden kaum noch an Jüngeren weitergegeben“, kritisiert Dieter Lütjens
Doch die Enttäuschung soll nicht lange anhalten, Dieter Lütjen weiß Abhilfe zu schaffen. So gibt es für den, der will, nach dem Konzert noch ein Gläschen selbstgemachten Eierlikör in Lütjens Küche. „Wozu hat man denn schließlich Hühner“, lacht er. (mz)