Dreharbeiten in Blankenburg Dreharbeiten in Blankenburg: Polnisches Ghetto auf Domänenhof

Blankenburg - Vorsichtig schiebt Romek die Holzbretter vor der Kellerluke beiseite. Kurz darauf klettern er und sein Freund Shlomo heraus, dreckverschmiert und in lumpigen Klamotten.
Wenig später kriechen sie unter dem nur wenige Meter entfernten Stacheldrahtzaun hindurch. Danach laufen sie in Richtung eines alten Turmes davon. „Alles in Ordnung“, schallt es von Matthias Zirzow aus dem Keller.
Der Regisseur hatte den jungen polnischen Darstellern Adam Halajczyk (10) und Hubert Kolodzeij (15) zuvor genau erklärt, was er von ihnen für die Kamera wünscht.
Dreharbeiten in Blankenburg: Achtteilige Serie entsteht
Die Szene wird in der achtteiligen Serie „Der Krieg und ich“, welche derzeit auch im Harz gedreht wird, erst im Herbst 2018 beim Kinderkanal (Kika) im Fernsehen zu sehen sein.
Wie die Binde mit dem sechszackigen Stern an der Kleidung, welche die beiden Jungen nach ihrer Flucht von ihrem Arm reißen, unschwer erkennen lässt, steht in dieser Folge das Leben in einem polnischen Ghetto im Mittelpunkt.
Die beiden Schmugglerkinder bringen beunruhigende Nachrichten von „draußen“ mit: „Das Ghetto soll geschlossen, die jüdischen Bewohner deportiert werden.“ Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.
Dreharbeiten in Blankenburg: SWR wagt sich an umstrittenes Theam
Mit dieser Produktion wagt sich der öffentlich-rechtliche Sender SWR erstmals an ein Thema, das nicht unumstritten ist.
„Dürfen Kinder mit Krieg und Holocaust im Fernsehen konfrontiert werden?“ Diese Frage beantworten die Macher mit: „Wir müssen es sogar.“
Die Geschichten für die acht 25-minütigen Folgen - aus der Perspektive der Jüngsten für ein Publikum ab acht Jahren - basieren auf einer großen Zahl von Erlebnisberichten von Kindern aus ganz Europa, die sie während des Zweiten Weltkriegs in Tagebüchern festhielten.
„Sie wurden für die Serie zur Filmerzählung verdichtet, um den jungen Zuschauern zu ermöglichen, verschiedene Seiten des Krieges kennenzulernen“, betont Stefanie von Ehrenstein vom SWR.
Dreharbeiten in Blankenburg: Internationale Partner bei der Produktion
„Obwohl insgesamt zwölf Länder an der Produktion beteiligt sind, zu den internationalen Partnern zählen Arte, BBC, Ceska Televize, TV Polska und Toto Studio, wird vorwiegend in Mitteldeutschland gedreht“, erläutert Ramona Bergmann von der Leipziger Produktionsfirma „Looksfilm“.
Das habe nicht nur damit zu tun, dass die Serie neben dem Medienförderprogramm der Europäischen Union auch von der Mitteldeutschen Medienförderung unterstützt werde.
Dreharbeiten in Blankenburg: Harz ersetzt Drehorte im Ausland
Doch wo lassen sich in dieser Region beispielsweise norwegische Fjorde, schottische Küsten oder kasachische Steppe finden?
„Ersteres haben wir am Wendefurther Stausee entdeckt“, erzählt Ramona Bergmann. Danach sei in der näheren Umgebung nach weiteren Drehorten gesucht worden.
„Neben dem Blankenburger Großen Schloss bietet auch die Domäne in der Tränkestraße hervorragende Bedingungen“, ist die junge Produzentin vom Harz begeistert, die am Drehbuch mitgeschrieben hat.
Dreharbeiten in Blankenburg: Wie ist die Besetzung?
Obwohl auch manch bekannter Darsteller in der Besetzungsliste zu finden ist, wie Florian Lukas („Weissensee“, „Good Bye Lenin“), Jutta Wachowiak („König Drosselbart“, „Nikolaikirche“) oder Marie-Lou Sellem („Tatort“), stehen bei den Dreharbeiten im Harz andere vor der Kamera.
Sind es in der Domäne polnische Kinder, werden es demnächst in der Nähe des Großen Schlosses in Blankenburg bei einer Folge über Kindersoldaten die Nachwuchsschauspieler Arved Friese („Timm Thaler“) und Anton Petzold („Rico“, „Oskar und die Tieferschaffen“) sein.
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Aus der Sicht von acht Kindern aus Deutschland, Norwegen, Frankreich, Schottland, Polen, der Sowjetunion und der Tschechischen Republik folgen die acht Episoden der Dramaserie „Der Krieg und ich“ der Chronologie der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs.
Von Anton, der gegen den Willen seines Vaters zur Hitlerjugend möchte, über Sandrine, die erlebt, wie ihr Vater verfolgten Juden bei der Flucht hilft, und Justus, der mit 15 Jahren zum letzten Aufgebot der Armee gehört, bis hin zum Waisenkind Eva, das im KZ Auschwitz auf Rettung hofft, reichen die Folgen. Die persönlichen Kinderschicksale sind eng mit historischen Aspekten des Krieges verknüpft. „Wir hoffen, dass die nächste Generation aus den Fehlern der Urgroßeltern lernt“, sagt Produzent Gunnar Dedio.(mz)