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Ein Wossi geht Der langjährige Nationalpark-Sprecher Friedhart Knolle verlässt seinen Posten – aber noch nicht ganz

Von Dennis Lotzmann 06.11.2021, 14:00
Firedhart Knolle geht in den Ruhestand.
Firedhart Knolle geht in den Ruhestand. Foto: Bertram Kösler

Wernigerode/VS - „Glück auf!“ Friedhart Knolle hat selbst nach Jahrzehnten als Vorkämpfer für Umwelt- und Naturschutz niemals einen Hehl daraus gemacht, wo ursprünglich seine beruflichen Wurzeln sind.

Knolle, 1955 in Goslar geboren, ist passionierter Steinkundler mit besonderer Passion für Hütten und Bergwerke. Insofern überrascht nicht, dass er nach Schule, Abitur und Bundeswehr von 1975 bis 1982 an der TU Clausthal Geologie studiert hat und später in diesem Metier bei der Preussag AG, einem Bergwerksbetreiber, angestellt war. Dann aber kamen Wende und Mauerfall, die nicht nur bei vielen Ostdeutschen, sondern auch beim promovierten Geowissenschaftler Knolle für einen Bruch in der Biografie sorgten.

„Als Bewohner des grenznahen Kreises Goslar profitierten wir sehr früh vom kleinen Grenzverkehr mit der DDR“

Wobei daran, erinnert sich Knolle, sowohl sein Vater Friedel als auch die Nähe zur innerdeutschen Grenze eine Aktie gehabt hätten. „Als Bewohner des grenznahen Kreises Goslar profitierten wir sehr früh vom kleinen Grenzverkehr mit der DDR. Dabei habe ich meinen Vater, der als Naturschutzbeauftragter im Raum Goslar Kontakte zum Halberstädter Museum Heineanum hatte, mehrfach begleitet.“ Sein Vater sei es schließlich auch gewesen, der ihm die Augen geöffnet habe: „Junge, der Harz ist größer als nur bis zur Grenze.“

Deshalb war es keine sonderliche Überraschung, dass Knolle, dem das Naturschutz-Gen quasi vom Vater mit in die Wiege gelegt wurde, in der Zeit von Mauerfall und deutscher Wiedervereinigung neue berufliche Chancen auch für sich sah. „Da wurde plötzlich in den letzten Tagen der DDR der Nationalpark Hochharz gegründet, dem später der Nationalpark Harz im Westen folgen sollte. Nachdem mir mein Vater die Augen geöffnet und mich inspiriert hatte, wusste ich, dass da etwas richtig Großes auf uns zukommt. Und daran wollte ich mitwirken.“ Zumal Leute wie der Halberstädter Uwe Wegener, der später erster wissenschaftlicher Chef im Nationalpark-Ost werden sollte, plötzlich Nationalpark-Pläne aus der Schublade zogen, die seit 100 Jahren bereitlagen.

Mehrmals neu beworben

Deshalb gab Knolle im Frühjahr 1990 mit 34 Jahren seinen sicheren Verlagsjob als Schriftleiter auf, um sich fortan der Öffentlichkeitsarbeit im BUND-Verbändeprojekt der beiden geplanten Nationalparke – und damit einem persönlichen Herzensprojekt – zu widmen. Durchaus auch mit persönlichem Risiko, wie er heute rückblickend meint. Der Job im Verlag sei sicher gewesen – was auf der Naturschutzschiene wirklich entstehend würde, sei damals unklar gewesen. „Und letztlich musste ich mich im Zuge von Fusionen und Umstrukturierungen später mehrmals neu bewerben – durchaus auch auf Stellen, die ich kommissarisch schon innehatte“, erinnert sich Knolle heute.

Zuletzt irgendwann 2005, als beide Nationalparke schließlich zum länderübergreifenden Nationalpark Harz verschmelzen sollten. Da habe er seine Bewerbung mit Blick auf diverse andere Interessenten am Ende vor zwei Staatssekretären durchbringen müssen. Durchaus wissend, dass die Konkurrenten oft nicht minder Potenzial hatten.

Schreibtisch in der Nationalparkverwaltung in Wernigerode geräumt

„Am Ende wurde mir aber klar signalisiert, dass man einen Wossi mit Blickperspektive aus beiden deutschen Staaten haben wollte“, verrät Knolle heute mit Abstand. Als einstiges Grenzkind aufgewachsen im sogenannten Zonenrandgebiet, später bei der Bundeswehr ganz nah am Eisernen Vorhang eingesetzt und schließlich regelmäßiger Westbesucher im sozialistisch gefärbten Teil Deutschlands hatte Knolle geradezu exzellente Zugangsvoraussetzungen.

Vor wenigen Tagen – gut drei Jahrzehnte nach den turbulenten Wendejahren – hat Knolle seinen Schreibtisch in der Nationalparkverwaltung in Wernigerode geräumt. Meike Hullen, Fachbereichsleiterin für Informations- und Bildungsarbeit sowie Nationalparkwacht, würdigt sein langjähriges Engagement.

Um Akzeptanz geworben und Aufbauarbeit geleistet

Sei es eingangs als Leiter des Sachgebietes Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit in Niedersachsen insbesondere darum gegangen, Aufbauarbeit zu leisten und unermüdliche Akzeptanzwerbung für den Nationalpark zu betreiben, sei später verstärkt die regionale Zusammenarbeit in den Fokus gerückt. Zumal dem neuen Nationalpark anfangs nicht alle Herzen zugeflogen seien, wie Hullen erinnert. Knolle habe alles bestens gestemmt – viele Projekte, die damals in seinem Zuständigkeitsbereich entstanden, seien bis heute erfolgreich und hätten maßgeblich dazu beigetragen, dass sich der Nationalpark in der Region breiter Anerkennung erfreue: die Nationalparkhäuser in Sankt Andreasberg und Torfhaus, die Infostellen in den Anliegergemeinden, die Waldführerausbildung, das Junior-Ranger-Projekt – um nur einige zu nennen, so Bereichschefin Hullen.

Medienvertreter durften Knolle als bestens vernetzten und informierten Gesprächspartner kennen und schätzen lernen. Als Interviewpartner vielfach gefragt, agierte er diplomatisch und sachlich, gern aber auch mit einer guten Portion Humor. Am Ende vertrat er dabei Anliegen und Sache des Nationalparks regional und überregional mit überdurchschnittlichem Engagement. Was keineswegs überraschte – wer Knolle etwas länger kannte, wusste nur zu gut, dass er eben nicht nur einen Job machte, sondern mit tiefster innerer Überzeugung am Mikro stand und mit dem Nationalpark auch seine Sache vertrat.

Engagement geht ehrenamtlich weiter

Dabei wusste er mit Journalisten bestens umzugehen – er gab sich jovial auf Augenhöhe, dozierte trotz seines Wissens nie von oben herab, plauderte gern, ließ auch mal „unter drei“ vertraulich interessante Hintergrund-Informationen blicken und blieb selbst hier stets ganz parteilich seiner Sache – dem Umweltschutz – verpflichtet.

Wobei die sprachliche Vergangenheitsform hier deplatziert ist. Der Wossi, der stets ein breites Kreuz hatte, um auch Kritik am Agieren der Nationalpark-Leitung offen zu parieren, bleibt als Gründungsmitglied und heutiger Vize der Gesellschaft zur Förderung des Nationalparks Harz selbigem weiter eng verbunden. „Natur- und Umweltschutz und insbesondere den Nationalpark länderübergreifend zu betrachten, war und ist ihm ein großes Anliegen“, erinnert Meike Hullen. Zumal Knolle auch ehrenamtlich weiter engagiert bleibt – unter anderem beim BUND in Niedersachsen und in diversen Umweltverbänden. Dank seiner beiden Töchter sei er mittlerweile vierfacher Großvater, hinzu komme der 600 Quadratmeter große Garten. „Ich bin da wirklich ausgelastet.“ Deshalb werde er bis Weihnachten nichts machen und erst danach schauen.

In der Nationalpark-Pressestelle wird Martin Baumgartner Knolle folgen. Der 44-Jährige hat zuletzt zehn Jahre als Redakteur beim Harz-Kurier gearbeitet und lebt in Osterode.