Analog gegen digital Analog gegen digital: Kartenmaßstab zu grob mit Navi klappt's

Dem Garmin-Gerät an meinem Fahrrad geht es so wie der Berliner CDU: Es hat die Richtung verloren. Nach gut 8 Kilometern lenkt es mich in immer neue Richtungen - abbiegen, wieder wenden, nach rechts, wenden, nach links, wenden. Die Aufzeichnung meiner Tour sieht an dieser Stelle aus wie ein Wollknäuel. Am Ende fahre ich am Denkmal für Forstmeister Langen einfach in Richtung Altenbrak, denn da will ich schließlich hin. Und nach ein paar hundert Metern kriegt sich das Navi dann auch wieder ein und meldet: „Strecke gefunden.“
Ich habe mich auf mein Rad gesetzt, um die gerade im Wernigeröder Schmidt-Verlag erschienene „Fahrradkarte Harz“ zu testen. Das besondere an dem wasser- und reißfesten Werk im Maßstab 1:50.000 sind 36 Tourenvorschläge für Mountainbike und Tourenrad, zu denen die GPS-Tracks - also die digitalen Daten für Fahrradnavigationssysteme wie mein Garmin - heruntergeladen werden können (Siehe „So funktioniert’s“). Zwei Fragen will ich klären: Wie gut funktioniert die Navigation analog und digital? Und: Ist die Route zu empfehlen?
Ich wähle dafür die Rundtour Nummer 24 von Thale über Altenbrak, Todtenrode und Wienrode zurück nach Thale. Laut Karte sind es knapp 25 Kilometer mit 579 Höhenmetern. Eine vernünftige Tourenplanung mit der Karte? Unmöglich! Dafür ist der Maßstab von 1:50.000 viel zu grob. Es ist nur zu erahnen, wo es langgehen soll. Die Steuererklärung auf dem Bierdeckel, wie Friedrich Merz es einst vorschlug, mag vielleicht gehen. Eine 25-Kilometer-Tour auf Bierdeckelgröße zu planen - das funktioniert dagegen nicht.
Deutlich besser ist da die Wander- und Fahrradkarte aus demselben Verlag geeignet, die den Harz in vier Teilen und im Maßstab 1:30.000 abbildet. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, gibt es ja die digitalen Streckendaten.
Die Übertragung auf mein Garmin Edge 1030 funktioniert problemlos. Doch beim Start auf dem Großparkplatz in Thale gerate ich ins Rotieren. Bisher habe ich mich immer von A nach B navigieren lassen - und nicht von A nach A zurück, wie jetzt. Das Garmin-Gerät hält sich wohl für besonders clever und will mich nach 50 Metern direkt ins Ziel führen.
Ich ignoriere dieses Ansinnen und fahre einfach los. Herr Garmin quittiert das nach kurzer Meckerei mit „Strecke gefunden“. Jetzt genieße ich die Fahrt in Richtung Rosstrappe. Parallel zur Straße pedaliere ich den Berg hinauf, durch bunt gefärbte Buchenwälder. Es sind knapp 10 Grad, die Sonne scheint, was will man mehr?
Als die Strecke dann nach einer halben Stunde flach wird, wird es auch matschig. Meine Rocket-Ron-Reifen schreddern durch tiefe Pfützen, die braune Brühe spritzt. Ein vielleicht zehnjähriger Junge, der mit seinen Eltern unterwegs ist, bleibt mit dem Rad mitten in einer tiefen Wasserrinne stecken und versinkt bis zum Knie in der Pfütze.
Danach wird es wieder trockener, und nach meinem eingangs beschriebenen wirren Intermezzo am Langen-Denkmal ist auch der Flow zurück. In steilen Serpentinen geht es erst hinab und dann hinauf zum Café Fontane in Altenbrak. Zwischen mir und dem Forsthaus Todtenrode befindet sich nun noch ein Anstieg - am Ende habe ich 630 Höhenmeter auf dem Tacho -, dann fliege ich durch den Wald in Richtung Wienrode. Die Strecke führt zum Schluss flach und gut ausgebaut an Pferdeweiden entlang zurück zum Ausgangspunkt. Das ist schon fast zu kitschig.
Fazit: Für eine Tourenplanung anhand der Karte ist der Maßstab zu grob. Der gpx-Track macht die Navigation dafür zum Kinderspiel - wenn das Navi oder Smartphone mitspielt. Für meine Stichprobe kann ich sagen: Die Strecke ist gut ausgewählt und bis auf ein paar wenige Stellen auch für Ungeübte fahrbar.
Weitere Informationen zu der Karte unter www.schmidt-buch-verlag.de
*********************************************************
So funktioniert's
Herunterladen: Auf der Website www.radtouren-harz.de/fahrradkarte-harz finden sich für alle 36 Routen die entsprechenden Tracks im gpx-Format. Benutzername und Kennwort, die zum Download benötigt werden, sind auf der Karte zu finden.
Übertragen: In das weit verbreitete Navigations- und Planungsprogramm Komoot lässt sich ein gpx-Track mit ein paar Klicks importieren. Tipp: Auf jeden Fall die Option „Route an bekannte Wege anpassen“ wählen, weil es sonst plötzlich querfeldein gehen könnte. Wer sein Garmin-Gerät mit Komoot verbunden hat, kann die Tour dann wiederum mit ein paar Knopfdrücken an das Gerät senden (auf dem Startbildschirm„IQ“ wählen, dann die Komoot-App anklicken und dort die in Komoot importierte Tour auswählen). Der Track kann auch direkt ins Garmin importiert werden. Dazu muss man das Gerät aber ganz altmodisch mit dem Kabel ans Laptop anschließen (Beschreibung hier: https://bit.ly/3e6vPmt).
Navigieren: Geräte wie das Garmin Edge 1030 navigieren den Radfahrer auf der geplanten Strecke. Komoot selbst bietet aber auch eine komfortable Routenführung per Smartphone an. Dann aber für alle Fälle: Powerbank einstecken!




