Aktuelle Einwohnerstatistik Aktuelle Einwohnerstatistik : Mehr als nur pures Landleben

Ballenstedt - „Die Tendenz der vergangenen Jahre setzt sich fort“, sagt Michael Knoppik, Bürgermeister der Stadt Ballenstedt, über die Entwicklung der Einwohnerzahlen. So gab es auch 2020 wieder mehr Zu- als Wegzüge, außerdem auch 74 mehr als 2019: Insgesamt 394 Zuzüge konnten die Kernstadt und die Ortsteile im vergangenen Jahr verbuchen, 2019 waren es 320. Die Zahl der Wegzüge ist mit 303 annähernd gleich geblieben - 2019 waren es 302.
Ballenstedt hat offenbar gute Voraussetzungen, damit sich alle Generationen wohlfühlen können: „Die Infrastruktur ist für junge Familien vorteilhaft“, stellt der Bürgermeister fest: Es gibt Kindertagesstätten, Grundschulen und ein Gymnasium. Und mit dem Medizinischen Versorgungszentrum gebe es auch eine Einrichtung, die für die älteren Bewohner wichtig sei.
Wieder „Residenzstadt“
„Ballenstedt entwickelt sich wieder zur Residenzstadt“, sagt Knoppik mit Blick auf die Historie - und die Altersstruktur: Der Schlosskomplex mit Theater und Parks sowie die Häuser vor allem entlang der Allee zeugen heute noch von der einstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes.
Jetzt würden Menschen nach Ballenstedt ziehen, „um hier ihren Lebensabend zu verbringen“, sagt der Bürgermeister. Ursachen sieht er nicht zuletzt auch in der landschaftlichen Umgebung: „Ab einem gewissen Alter weiß man das Wohnen in Waldnähe zu schätzen“, so Knoppik. Wer weniger mobil sei, könne trotzdem die Natur genießen.
Mancher suche auch ganz bewusst eher das Landleben
Aber genauso zöge es die Jungen in die Region: Viele wollten nicht unbedingt in größeren Städten leben, wo Wohnraum teuer sei. Mancher suche auch ganz bewusst eher das Landleben, bei dem Kinder ohne den Verkehr einer Großstadt aufwachsen können und es kein Problem sei, einen Kita-Platz zu bekommen.
Immerhin: 72 Kinder wurden im vergangenen Jahr geboren, deren Eltern in der Stadt Ballenstedt leben. Gemessen an der Einwohnerzahl kann Radisleben dabei mit acht Geburten den größten Zuwachs verzeichnen.
Werben um Einwohner
Und wie hält es die Stadt Ballenstedt mit der Schaffung von Anreizen für junge Familien, sich in der Kernstadt oder den Ortsteilen niederzulassen? Wie bewertet der Bürgermeister beispielsweise das Baukindergeld nach Harzgeröder Vorbild? Dort können Familien, die in einem der Ortsteile bauen oder ein Haus sanieren, 2.000 Euro pro Kind an finanzieller Unterstützung durch die Stadt bekommen, die so um neue Einwohner wirbt.
„Eine Option sind Anreize immer, und es ist auf jeden Fall eine schöne Idee“, sagt der Ballenstedter Bürgermeister. Die Frage sei, in welchen Größenordnungen das zum Einsatz kommen soll; „aber es ist in jedem Fall ein wichtiges Zeichen“. Zur Debatte steht es derzeit in Ballenstedt jedoch nicht.
Die meisten Zuzüge hat es im vergangenen Jahr in der Kernstadt (261) sowie in den Ortsteilen Rieder (77) und Badeborn (36) gegeben. In Radisleben waren es 10, in Opperode 9, und in Asmusstedt hat es einen Zuzug gegeben.
Allerdings stößt die Stadt inzwischen mit den Angeboten zum Neubau von Einfamilienhäusern an ihre Grenzen. Beispiel Ballenstedt: Wohnbaugebiete am Tulpenweg und Am Landgraben seien zu 90 Prozent ausgelastet.
Pestalozziring soll neuer Stadtteil werden - mit allem Drum und Dran
Künftig soll der Schwerpunkt auf Altbausanierung liegen, so der Bürgermeister. Dafür wolle man Anreize schaffen. „Eine neue Aufgabe wird die komplette Quartiersbetrachtung am Pestalozziring sein.“ Da gebe es zwischen Opperode und Ballenstedt „erhebliche Freiflächen“. Die sollen aber nicht nur als Grundstücke zum Bau von Eigenheimen dienen, „das wollen wir nicht“.
Stattdessen soll es weitere Ansiedlungen geben, mit Nahversorgung und Möglichkeiten für Sport und Freizeitgestaltung. Das Gebiet soll „wie ein neuer Stadtteil“ betrachtet werden. Das zu gestalten, sei „viel spannender“, als eine weitere Siedlung für Eigenheime zu schaffen: „Es geht nicht nur um das Bauen auf der grünen Wiese, sondern um Stadtgestaltung und damit die Aufwertung der Stadt.“ Gemeinsam mit der Architektenkammer will die Stadt dazu in diesem Jahr einen Wettbewerb ins Leben rufen, allerdings muss dafür noch die Finanzierung geklärt werden.
Viele Pendler
„Wir denken, Ballenstedt ist ein attraktiver Standort“, skizziert der Bürgermeister die Lage. Insgesamt gesehen habe die Stadt „nicht wirklich Arbeitsplätze verloren“, schätzt er ein. Die Wirtschaft sei vor allem service- und pflegeorientiert ausgerichtet. Die Stadt ist Standort der Lungenklinik des Harzklinikums, die zu den größten Arbeitgebern im Ort gehört. Der Bürgermeister spricht von „einer ganzen Anzahl Pendlern“, die täglich „zum Teil mehrere hundert Kilometer“ Fahrtweg in Kauf nehmen, um in Ballenstedt zu arbeiten.
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Reges Vereinsleben
Vielfalt prägt die Vereinslandschaft in der Stadt Ballenstedt: Die Einwohner engagieren sich in der Kernstadt und den Ortsteilen in neun Kultur-, 18 Sport- und 14 weiteren Vereinen, zu denen beispielsweise auch Kleingärtner- und Rassegeflügelzuchtvereine gehören.
Dabei geht es nicht nur um die Freizeitgestaltung, sondern ebenso um soziales Engagement: Die Landfrauen Opperode beispielsweise kümmern sich um die älteren Einwohner in der Stadt und organisieren Treffs, Feste und Haushaltshilfe, der Akzente-Verein fördert unter anderem auch soziale Projekte, der Schloss- und Schlossparkverein arbeitet mit dem Gymnasium in der Stadt zusammen. Der Verein „heimatbewegen“ will mit Projekten auf dem „heimathof“ Möglichkeiten der Begegnung schaffen. (mz)