Immer weniger Flüchtlinge Weniger Flüchtlinge in Anhalt-Bitterfeld: Asylheime stehen vor der Schließung

Friedersdorf/Marke - Mehr als 20 Jahre lang beherbergten die Gemeinschaftsunterkünfte in Friedersdorf und Marke Asylsuchende. Jetzt stehen die beiden einzigen Einrichtungen ihrer Art im Altkreis Bitterfeld vor dem Aus.
Denn der Landkreis lässt die Verträge mit den Betreibern auslaufen. Stand heute ist Ende Januar 2017 Schluss. „Wir sehen den Bedarf nicht mehr und verfolgen das Prinzip der dezentralen Unterbringung“, erklärt der zuständige Kreisdezernent Bernhard Böddeker.
Die dezentrale Unterbringung in Wohnungen sei zudem für den Landkreis billiger als die zentrale in Asylheimen.
Gänzlicher Verzicht auf Gemeinschaftsunterkünfte möglich
Insgesamt wohnen in Anhalt-Bitterfeld laut Behördenangaben momentan 1.777 der 2.122 Flüchtlinge in Wohnungen. Das sind deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren.
Grund dafür ist eine veränderte Unterbringungs-Politik. Der Landkreis schwenkte 2013 von der zentralen auf die dezentrale Variante um und mietete verstärkt Wohnungen für Asylsuchende an.
Perspektivisch steht auch ein gänzlicher Verzicht von Gemeinschaftsunterkünften in Anhalt-Bitterfeld im Raum. Dass das noch dauert, lag auch an der jüngsten Flüchtlingskrise. Derzeit bereitet der Landkreis in Köthen in der Augustenstraße noch eine neue Gemeinschaftsunterkunft vor.
Vergleichsweise wenige neue Flüchtlinge
Momentan kommen aber vergleichsweise wenig neue Flüchtlinge im Land an. Im Juli seien Anhalt-Bitterfeld 70 Männer und Frauen zugewiesen worden. Zum Vergleich: Im vergangenen Herbst waren es pro Monat mehrere hundert. Vor der Flüchtlingswelle lebten im Jahr 2014 rund 550 Flüchtlinge im Landkreis.
In den beiden Unterkünften Friedersdorf und Marke wohnen derzeit jeweils rund 160 Flüchtlinge. Die Bewohner können nach der Schließung laut Böddeker künftig ebenfalls in Wohnungen untergebracht werden sowie teilweise in der geplanten Köthener Flüchtlingsunterkunft.
Unverständnis bei Betreibern der Gemeinschaftsunterkünfte
Diese Pläne haben in den betroffenen Einrichtungen Unverständnis bei den Betreibern ausgelöst. Denn die Betreuungskonzepte hätten funktioniert und die Bewohner friedlich miteinander zusammengelebt.
Beide Einrichtungen müssen sich nun auf die drohende Schließung einstellen. Die Betreibergesellschaft GVVG Ernst und Partner hat in Marke laut eigenen Angaben bereits vorsorglich die ersten Mitarbeiter zum Januar gekündigt. Die Bewohner seien noch nicht informiert worden, um keine unnötige Unruhe unter ihnen loszutreten.
„Viele Heimbewohner möchten gar nicht in eine einzelne Wohnung, sondern in der Gemeinschaft leben“, sagt die stellvertretende Asylheim-Leiterin in Marke.
Laut GVVG-Leiter, der nicht mit Namen erscheinen möchte, müssten Gespräche und Verhandlungen mit dem Landkreis in den kommenden Wochen über die Zukunft der Unterkunft in Marke geführt werden. „Wir möchten hier gerne weiter etwas tun.“
Was passiert nach der Schließung?
Auch in Friedersdorf kennen die ausländischen Bewohner die Schließungs-Pläne noch nicht. „Es ist die Aufgabe der Ausländerbehörde oder des Amtes für Ausländerangelegenheiten, die Bewohner über einen anstehenden Wechsel zu informieren“, sagt Catarina Krumrey aus der Geschäftsleitung der Unterkunft.
Sie bedauert die Landkreis-Entscheidung. Nun laufen Gedankenspiele, wie es nach 25 Jahren Asylunterkunft künftig im Haus weitergehen soll: „Zurzeit werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert. Unser Ziel ist es, die Unterkunft als Wohnanlage für Flüchtlinge zu erhalten.
Das Objekt hat mit seinen dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten ein großes Potenzial“, meint Krumrey. Anders als in Marke wohnen in Friedersdorf die Flüchtlinge in mehrere Gebäuden verteilt.
Mehr Wohnraum als Flüchtlinge
Der Landkreis gibt jedoch keine Garantie, ob er eventuelle Wohnungs-Angebote von den bisherigen Unterkunftsbetreibern annehmen würde. Damit hat sich der Wind gedreht: Vor einem Jahr war der Landkreis in Not: Es gab mehr Flüchtlinge als Wohnraum, jetzt ist es umgekehrt. (mz)
