Telefonstalker aus Anhalt-Bitterfeld Stalker Ringo B. aus Schlaitz: Mann hält Polizei und Kanzleramt in Atem

Schlaitz - Der Telefonstalker Ringo B. aus Schlaitz terrorisiert seit Jahren Behörden und Personen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Doch selbst Morddrohungen gegen Landrat Uwe Schulze (CDU) haben keine strafrechtlichen Folgen, da der 40-Jährige als „schuldunfähig“ gilt.
Nun hat er mit Anrufen, in denen er den Schießbefehl forderte, sogar im Bundeskanzleramt für Aufregung gesorgt - und zumindest einen Strafbescheid der Polizei über 1.500 Euro kassiert.
SEK-Einsatz fast ausgelöst
Am 23. Juli, einem Samstag, klingelt morgens in der Zentrale des Kanzleramts das Telefon. Ein Mann, der sich als Bitterfelds Polizeichef Peter Ziehm ausgibt, sagt: „Ich bin der Lage nicht mehr gewachsen. Geben Sie den Schießbefehl.“
Welche Gefahrenlage er dabei meint, bleibt unklar. Trotzdem kontaktiert der Diensthabende den echten Peter Ziehm. Immerhin hatte der Anrufer dessen Privatnummer mitgeteilt.
„Im Kanzleramt waren sie wohl kurz davor, das SEK einzuschalten“, so Ziehm. Doch er kann für Aufklärung sorgen. Für den Sicherheitsdienst in Berlin ist das Thema damit erledigt.
Dicke Akte für den Schlaitzer angelegt
Obwohl es nicht bei einem Anruf bleibt. Laut einer späteren Mail aus dem Kanzleramt an Ziehm hat der Schlaitzer an dem Tag noch mehrmals angerufen und den Schießbefehl gefordert. Dabei gab er sich auch als „Anhalt-Bitterfelds Landrat Thürmer“ aus.
Für Ziehm ist der Kanzleramts-Zwischenfall nur ein weiteres Mosaiksteinchen in einer unendlichen Geschichte. Ringo B. verfolgt ihn und seine Familie seit langem - per Telefon, aber auch privat.
„Ich kann die Fälle kaum noch zählen“, sagt der Polizeichef, der alle Attacken in einer dicken Akte sammelt. Denn es gibt viele Opfer. „Der Mann ruft bei Hinz und Kunz an, bei Richtern, Staatsanwälten, beim MDR, in Krankenhäusern oder Polizeirevieren“, sagt auch Ralf Moritz, Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost.
Er löst mehrfach in der Woche Polizeieinsätze aus
B. kündigte einen Anschlag auf das Amtsgericht Bitterfeld an, löste im Namen von Ziehm einen Polizeieinsatz wegen einer Bombendrohung gegen das Rathaus-Center Dessau aus, warnte TV-Sender, er lasse ein Flugzeug über dem Kanzleramt abstürzen, teilte dem Klinikum Bitterfeld mit, er werde im Auftrag von Ziehm Patienten umbringen.
Weit über hundert solcher Fälle sind bekannt. Oft rückt die Polizei seinetwegen mehrmals in der Woche aus. Noch hat der 40-Jährige keine der Ankündigungen wahr gemacht. Doch verbreitet er Angst.
„Er spricht am Telefon sehr ruhig und mit eindringlicher Stimme“, sagt Moritz. Das wirke angsteinflößend. Folgen hat all das für den Stalker nicht. Obwohl nach Morddrohungen gegen Schulze Landkreis, Polizei und Staatsanwaltschaft schärfer vorgehen wollten.
Mann laut Gutachten schuldunfähig
Auch die vorläufige Festnahme bei einem SEK-Einsatz Anfang April blieb folgenlos. Das Spezialkommando stürmte B.’s Haus, nachdem der Schlaitzer behauptet hatte, er sei derjenige, der in Gräfenhainichen auf die geplante Asylunterkunft geschossen hat. Nach einer Nacht in Gewahrsam ließ der Telefonterror nach - kurzzeitig.
Doch warum bleiben all diese Attacken folgenlos? „Uns sind in diesem Fall vom Gesetz her die Hände gebunden“, sagt Olaf Braun, Sprecher der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau.
Denn laut eines Gutachtens von 2015 sei der 40-Jährige „schuldunfähig nach Paragraf 20 Strafgesetzbuch“. Dort geht es um Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen. Die Zwangseinweisung in eine Klinik aber setze voraus, „dass erhebliche Straftaten zu erwarten sind“. Die Telefonattacken reichten dafür nicht aus.
Zeigt das Zwangsgeld Wirkung?
Die Polizeidirektion hat trotzdem etwas unternommen. „Der Polizeipräsident hat Anfang Juli eine Untersagungsverfügung unterzeichnet“, erklärt Moritz. Demnach darf Ringo B. weder Kontakt zu Ziehm und dessen Familie aufnehmen, noch falsche Behauptungen über den Polizeichef aufstellen oder sich als dieser ausgeben.
Sonst droht ein Zwangsgeld. Da der 40-Jährige nur Minuten vor dem Anruf im Kanzleramt bei Ziehms anklingelte und behauptete, er habe seine Mutter erschlagen und werde nun Nachbarn töten, hat er dagegen verstoßen.
„Der Bescheid über das Zwangsgeld von 1.500 Euro ist verschickt“, sagt Moritz. „Er muss nun zahlen.“
(mz)