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Opfer des Tagebaus Opfer des Tagebaus rund um Bitterfeld-Wolfen: Das Dorf Niemegk taucht in Brandenburg wieder auf

Von Michael Maul 29.12.2016, 09:43
Die Delegation aus dem Bitterfelder Niemegk pflanzt an der Grundschule im Belziger Niemegk einen Baum.
Die Delegation aus dem Bitterfelder Niemegk pflanzt an der Grundschule im Belziger Niemegk einen Baum. Leserfoto

Pouch - In Niemegk sind ein Freundschaftsbaum gepflanzt und eine Erinnerungstafel aufgestellt worden. Geht nicht, könnte man denken, denn das kleine Dorf vor den Toren der Stadt Bitterfeld existiert seit 1978 nicht mehr. Geht aber doch, denn es gibt noch ein Niemegk, das sich in der Nähe von Bad Belzig (Brandenburg) befindet.

Nun haben sich einige Einwohner der beiden Ortschaften zufälligerweise getroffen und dabei ist eine Freundschaft entstanden, in deren Ergebnis im November dieses Jahres auf dem Hof der sanierten Grundschule „Robert Koch“ ein Ginkgobaum gepflanzt und ein Gedenkstein enthüllt wurden. Wie es zu dieser Freundschaft gekommen ist, hat mehrere lustige und interessante Hintergründe.

Zweimal Niemegk - eine zufällige Begegung im Urlaub

Zum Beispiel den: Familie Seidewitz aus Pouch bei Bitterfeld, die sich seit Jahren mit der heimatlichen Geschichte des 1978 überbaggerten Dorfes befasst, lernt in der Schweiz ein Ehepaar aus Niemegk bei Belzig kennen. Die Bekanntschaft wird Ausgangspunkt einer Freundschaft - einer zwischen zwei Orten, die den selben Namen tragen.

So rücken die beiden Niemegks plötzlich nah zusammen. „Was für ein Zufall: Ausgerechnet die Niemegker Familie Richter haben wir getroffen“, erzählt Inge Seidewitz. Schon im Alpenland habe man sich darauf geeinigt, sich so schnell wie möglich wiederzusehen.

Gesagt. Getan. Nach dem Urlaub wurde sofort der Kontakt zur Fremdenführerin vom brandenburgischen Niemegk, Jutta Linthe, und ihrem Mann, dem Ortsbürgermeister, hergestellt und ein Treffen vereinbart.

Ein Irrtum beim Amt sorgt für Einblick in die Geschichte von Niemegk

Dabei sei man auf die nächste Geschichte gestoßen, so Inge Seidewitz. Und die geht so: Das noch bestehende Niemegk hat seine 850-Jahr-Feier vorbereitet und dazu amtliche Unterlagen gebraucht. Als die ankamen, stellte man fest, dass das die falschen Dokumente sind, die man in den Händen hielt.

Es handelte sich nämlich um die vom Bitterfelder Niemegk. Und - oh Schreck - der Ort im Brandenburgischen war von seinem Jubiläum noch ganze sieben Jahre entfernt. Trotzdem wurde ein großes Fest gefeiert, den amtlichen Irrtum hat man leise ignoriert.

Ein dritter wundersamer Zufall betrifft Niemegk

Und da ja bekanntlich aller guten Dinge drei sind, ist die wundersame Geschichte hier auch noch nicht zu Ende. Während einer Feier, so berichtet Inge Seidewitz, habe sich herausgestellt, dass der Cousin der Fremdenführer-Familie Linthe fast ein Nachbar der Familie Seidewitz ist.

Für den ehemaligen Niemegker Herbert Rost, der jetzt in Jeßnitz wohnt und schon mehrere Treffen der damaligen Einwohner organisiert hat, stand sofort fest: Wir müssen hier etwas tun. Aus Spendengeldern, die bei einer Feierlichkeit der Niemegker gesammelt wurden, habe man einen rund drei Meter großen Ginkgobaum gekauft, auf den Anhänger verladen und in den namensgleichen Ort transportiert.

Gegenbesuch in Bitterfeld fest eingeplant

Über den Anlass fürs Pflanzen des Freundschaftsbaumes war man sich schnell einig: Es sollte die Einweihung der sanierten Grundschule „Robert Koch“ sein. Unter großem Medieninteresse und in Anwesenheit zahlreicher Politiker des Landkreises Potsdam-Mittelmark wurde der Baum auf dem Schulhof in die Erde gesetzt.

Bürgermeister Hans-Joachim Linthe griff selbst zur Bohrmaschine, um die Erinnerungstafel an das in der Goitzsche verschwundene Niemegk auf einem großen Stein anzubringen. Das Besondere bei der Baumpflanzung sei der Sack Erde gewesen, den Lothar Seidewitz aus seinem Garten, also quasi aus Niemegker Gemarkung, dem Ginkgo mitbrachte.

„Seit dieser Zeit haben wir regelmäßigen Kontakt und werden auch wieder in Richtung Niemegk fahren.“ Vorher aber wolle man die neuen Freunde im nächsten Jahr in die Bitterfelder Region einladen und ihnen die Stelle im Goitzschesee zeigen, wo der einstige Heimatort lag. (mz)