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Handball Handball: Der Abstieg des HSG Wolfen

Von Christian Kattner 13.04.2016, 14:27
Wolfgang Spitz (2.v.r.) betreute die HSG Wolfen bis 2013.
Wolfgang Spitz (2.v.r.) betreute die HSG Wolfen bis 2013. Archiv/Kehrer

Wolfen - Es ist nicht einmal drei Jahre her, da spielte die HSG Wolfen in der Mitteldeutschen Oberliga. Abstiegskampf war bei der HSG nie ein unbekannter Begriff, doch fast immer konnte sich die Mannschaft retten. Im Mai 2013 aber nicht: Das Team musste den Gang in die Sachsen-Anhalt-Liga antreten. Finanzielle Probleme hatten für zusätzliche Unruhe rund um den Traditionsverein gesorgt. Drei Jahre später ist die HSG Wolfen wirtschaftlich gesund aufgestellt, der sportliche Abstieg war aber nicht zu stoppen: Die erste Herrenmannschaft hat in der Verbandsliga Süd noch drei Spiele zu absolvieren, danach muss sie den Gang in die Anhaltliga antreten - die unterste Spielklasse Deutschlands. Die Mitteldeutsche Zeitung hat Reaktionen von ehemaligen Trainern und Spielern eingeholt. An eine schnelle Rückkehr der HSG Wolfen in die Oberliga glauben sie nicht.

Wolfgang Spitz, langjähriger HSG-Trainer, derzeit ohne Verein

„Dieser Abstieg ist sehr schlimm. Wenn du einmal so den Faden verlierst, reicht es mittelfristig nicht für eine Rückkehr nach oben. Die aktuelle B-Jugend ist zwar Landesmeister geworden, aber da wird man nicht alle Spieler halten können. Außerdem ist das Niveau im Nachwuchsbereich schon lange nicht mehr so hoch, wie vor einigen Jahren. Als wir aus der Oberliga abgestiegen sind, gab es arge finanzielle Probleme, aber wir wollten für die Sachsen-Anhalt-Liga eine vernünftige Mannschaft auf die Beine stellen. Das hat im ersten Jahr, trotz der zahlreichen Abgänge, auch ganz gut geklappt.

Man hat dann aber nicht aufgepasst, dass die wichtigen Spieler das Korsett bilden müssen und weitere Spieler verloren. Da hat man sich aus meiner Sicht selbst etwas vorgemacht. Die Verantwortlichen haben es verpasst, ein paar wichtige finanzielle und sportliche Dinge einzuleiten. Es gibt zwei Möglichkeiten, um wieder höherklassiger zu spielen. Das geht jetzt durch eine bestimmte Breitenarbeit, für die man qualifizierte Übungskräfte braucht. Wenn alles gut läuft, kann der Verein in zehn Jahren dann aus der eigenen Entwicklung wieder oben anklopfen. Oder man beschafft Geld bei ein paar Sponsoren. Da hat man mit der Anhaltliga aber wenig vorzuweisen und wenn man da unten anfängt, bekommt man auch keine Spieler.“

Raik Baumbach, ehemaliger Spieler und Spielertrainer, aktuell Spieler der SG Kühnau

„Wenn ich es zeitlich einrichten konnte, war ich immer bei den Heimspielen. Es ist sehr traurig das jetzt zu sehen. Das war aber auch vorherzusehen. Nach dem Abstieg aus der Oberliga hatten wir ein Übergangsjahr und haben da das Optimale herausgeholt. Als dann Michael Päschel das Team als Trainer übernommen hat, war sein System nicht passend für die Spieler. Ich hatte kein Problem mit ihm, aber es gab auch Spieler, die nicht so gut mit ihm klargekommen sind. Wir waren dann sportlich in so einem Sog drin, dass wir den Abstieg nicht verhindern konnten. In dieser Saison standen viele Spieler auf dem Feld, die ich noch als Trainer der zweiten Mannschaft betreut habe, die hatten es natürlich sehr schwer. Die zwei Siege in den letzten beiden Spielen machen jetzt etwas Mut, vor allem die Zwillinge Niklas und Dominik Köckeritz spielen ordentlich. Aber der Sprung von der Jugend in den Männerbereich geht nicht von einen Tag auf den anderen. Das dauert mindestens zwei, drei Jahre, eher sogar noch länger, bis die HSG wieder aufsteigt. Der Verein muss jetzt auf die Jugend setzen. Aber das braucht noch viel Zeit.“

Diego Wieczorek, ehemaliger Spieler und Trainer der HSG, derzeit ohne Verein

„Dieser Abstieg ist für mich die größte Katastrophe. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas passieren kann. Als Spieler habe ich mit 17 Jahren in diesem Verein - damals noch unter einem anderen Namen - bis zum Aufstieg in die Regionalliga alles mitgemacht. Danach war ich dann als Trainer tätig, deshalb tut mir das in der Seele weh. Als ich die Mannschaft nach dem Oberligaabstieg übernommen habe, war klar, dass es zeitlich begrenzt sein würde. Die Spielerdecke war da schon nicht sehr dick, aber es war ein Grundgerüst da. Ich hätte auch gerne weiter gemacht und ging auch fest davon aus. Aber dann hat sich der Verein für einen anderen Trainer entschieden, aber leider nicht vorher mit mir gesprochen. Ich bin der Meinung, dass man die Klasse in der Sachsen-Anhalt-Liga hätte halten können. Ich wäre nach der Trennung von Michael Päschel auch eingesprungen, aber leider hatte man mich nicht gefragt. Der Abstieg in die Verbandsliga war dann aber der ausschlaggebende Punkt für die aktuelle Situation. Dadurch ist jetzt die komplette Basis weg.

Jeder Verein lebt ja auch davon, dass er eigenen Nachwuchs ausbildet. Aber man wird nicht alle Spieler halten können. Wenn die Talente Angebote von anderen Vereinen bekommen, dann werden sie bestimmt nicht in Wolfen bleiben und in der Anhaltliga spielen. Ausbildungsplätze können auch andere Vereine besorgen. Seit 1973 bin ich zahlendes Mitglied im Verein und werde das auch bleiben.“ (mz)

Unter Diego Wieczorek spielte die HSG Wolfen ihre bislang letzte Saison ohne Abstieg.
Unter Diego Wieczorek spielte die HSG Wolfen ihre bislang letzte Saison ohne Abstieg.
Bösener
Raik Baumbach
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