Ganz normaler Wahnsinn Ganz normaler Wahnsinn: Das Jahr der HG 85 Köthen im Rückblick

Köthen - Das Jahr 2015 war für die HG 85 Köthen von Veränderungen geprägt. Über allem steht der Wechsel an der Vereinsspitze, Andreas Auerbach dankte nach 22-jähriger Präsidentschaft im Juni ab. Seitdem steuert Bodo Kreutzmann gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen die Belange der Handballgemeinschaft. Sportlich war 2015 ein Wechselbad der Gefühle: Als sicherer Absteiger der 3. Liga gehandelt, rettete sich die Mannschaft mit einem bemerkenswerten Schlussspurt in die Relegation, scheiterte da aber knapp.
Nach einem großen Umbruch lief es in der Mitteldeutschen Oberliga zunächst besser als erwartet. Die Ergebnisse im November relativierten den starken Beginn. Die MZ blickt auf das Jahr der HG im Vierteljahr-Rhythmus zurück.
Januar bis März
Die Hinrunde in der 3. Liga verlief so, wie es viele erwartet hatten, Köthen steht mit nur drei Siegen aus 15 Spielen auf einem Abstiegsplatz. Der erste Monat im neuen Jahr verläuft enttäuschend: Vier Spiele, vier Niederlagen, darunter zwei Heimspiel-Derbypleiten gegen den SC Magdeburg II (26:30) und den SV Anhalt Bernburg (17:19). Spielertrainer Steffen Fischer bekommt vom Vorstand die Ansage, sich bei Heimspielen verbal zurückzuhalten, um sich mehr auf seine Spielerrolle zu konzentrieren. Fischer missfällt das.
Trotz der Irritationen beginnt im Februar der sportliche Aufschwung. Die Mannschaft feiert Heimsiege gegen Bad Blankenburg und Nieder-Roden. Vor allem der Erfolg gegen den Tabellendritten Nieder-Roden lässt die Hoffnungen auf den Klassenerhalt wachsen.
Erstmals werden Stimmen laut, dass es eine Abstiegsrelegation geben könnte. Im März überrascht Köthen mit einem Heimsieg gegen Aufstiegsaspirant Elbflorenz Dresden. Die Jugendspieler Tom Groll und Hendrik Rakoczy werfen gegen Northeim ihre ersten Tore im Männerbereich.
April bis Juni
Mitten im sportlichen Aufschwung sorgt die Aussage des Vorstands, für die kommende Saison nicht mit Spielertrainer Steffen Fischer zu planen, für Überraschung und Aufsehen. Fischer kontert, beruft sich darauf, eine einseitige Option auf eine Vertragsverlängerung mündlich gezogen zu haben. Der Verein besteht auf einem schriftlichen Dokument, das bis zum Auslaufen der Option nicht eingegangen ist. Der scheidende Präsident Andreas Auerbach spricht davon, dass „die Chemie zwischen Fischer und unserem Verein nicht passt.“ Trotz der Unruhe gelingt der Mannschaft fast das Unmögliche: Gegen den Dessau-Roßlauer HV schrammt die HG 85 knapp am Auswärtssieg vorbei, trennt sich 20:20.
Ruhe kehrt bis zum Sommer nicht mehr ein. Eine Interessengemeinschaft um Bodo Kreutzmann meldet die Absicht an, sich auf der Mitgliederversammlung ins Präsidium wählen zu lassen. Es entspinnt sich ein undurchsichtiges Hin und Her zwischen amtierendem Vorstand und Interessengemeinschaft mit Schuldzuweisungen, Rechtfertigungen und persönlichen Animositäten. Die Mannschaft lässt sich davon nicht beeindrucken, sie verliert bis zum Ende der regulären Saison kein Spiel mehr und qualifiziert sich für die Abstiegsrelegation. Dort reicht es aber nur zum zweiten Platz, die HG 85 Köthen muss den bitteren Gang in die Oberliga antreten.
Steffen Fischer und der Vorstand einigen sich doch noch außergerichtlich, der Spielertrainer verlässt den Verein. Ihn beerben wird Ralf Stojan, der schon zwischen 2011 und 2013 die Köthener Mannschaft trainierte. Am 29. Juni dankt der alte Vorstand um Präsident Andreas Auerbach und Vizepräsident Tino Rumpel ab. Bodo Kreutzmann wird als Präsident gewählt, mit ihm gehören Marcus Pesth, René Nowak und Karsten Richter zum neuen Vorstand.
Juli bis September
Nur wenige Tage im Amt, stellt der neue Vorstand fest, dass nur sechs Spieler für die kommende Saison einen Vertrag haben. Zudem überrascht Ralf Stojan alle mit seinem Rückzieher: Aus privaten Gründen - Stojan verlagert seinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz - kann er das Traineramt nicht aufnehmen. Bodo Kreutzmann entschließt sich dazu, neben seiner Präsidenten-Rolle auch die des Trainers zu übernehmen. Die Spieler finden die Entscheidung gut, hatten sie doch unter dem Trainer Kreutzmann 2014 den Drittligaaufstieg geschafft.
Dem Vorstand gelingt es, mit Stefan Luther, Edvinas Balciunas, Christian Schöne und Chris Panhans erfahrene Spieler unter Vertrag zu nehmen, die gemeinsam mit dem vorhandenen Stamm um Köthens Urgestein René Uelsmann sowie mit fünf Nachwuchsspielern die Mannschaft bilden.
Bei der Saisoneröffnungsfeier stellt Kreutzmann die Mannschaft vor und gibt einen einstelligen Tabellenplatz als Saisonziel aus. Der Saisonstart ist verheißungsvoll: Von den ersten drei Spielen gewinnt Köthen zwei, spielt einmal unentschieden. Die Erfolge schultern die erfahrenen Spieler, der Nachwuchs kommt noch nicht zum Zug.
Oktober bis Dezember
Der Vorstand ist mit den ersten drei Monaten der Arbeit zufrieden. Neue Sponsoren konnten gewonnen werden, die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen des Vereins entwickelt sich. Sportlich holt sich die Mannschaft in der Mitteldeutschen Oberliga am vierten Spieltag die erste Niederlage ab. Nach den Derbysiegen gegen Calbe (27:24) und auswärts gegen Staßfurt (31:30) steht die HG 85 mit 9:3 Punkten auf dem dritten Platz. Ein Start, mit dem die wenigsten gerechnet hatten. „Wir haben in einer relativ ausgeglichenen Liga fast das Optimum rausgeholt“, schätzt Linksaußen Stefan Luther zum damaligen Zeitpunkt ein.
Doch wie schnell es in die andere Richtung gehen kann, muss das Team im November erfahren. Nach Niederlagen gegen Aschersleben, Radis und Hermsdorf geht der Blick nach unten. Zwar zeigen Tobias Bauske und der erst 18-jährige Tom Groll gesteigerte Leistungen, die verletzungsbedingten Ausfälle einiger Leistungsträger sind aber nur schwer zu kompensieren. Nach einem Unentschieden und einer weiteren Niederlage bringt der Heimsieg im letzten Spiel des Jahres die erhoffte Erleichterung vor dem Weihnachtsfest. Mit 12:12 Punkten steht die HG 85 Köthen auf dem achten Tabellenplatz. (mz)




