Abschiedsporträt Abschiedsporträt: Bauamtsleiter Erich Mühlbauer geht in Rente

Köthen - Als Erich Mühlbauer auf die Welt kommt, ist er „spindeldürr und etwas schmächtig“. „Das wird wohl nichts werden mit dem Burschen“, fürchtet der Arzt. Zwei Stunden später klärt sich auf, warum dieser Bursche, geboren am 20. April 1950 zu Hause in Zörbig, so zierlich geraten war. „Da kam meine Schwester auf die Welt“, berichtet der Zwilling von den überraschenden Geschehnissen.
Mit 66 Jahren geht Erich Mühlbauer jetzt in den Ruhestand. Er will sich um seinen Garten kümmern, Fahrrad fahren, verreisen, malen, kochen. An diesem Freitag ist sein letzter Tag. Er schließt sein berufliches Kapitel. Und er gibt die Verantwortung für das Baugeschehen im Landkreis an andere ab. Leicht fällt ihm das nicht. „Das geht mir richtig nah.“ Wer den Bereich Hochbau, Tiefbau und Gebäudeverwaltung künftig verantworten wird, ist offen. Ein Nachfolger wird noch gesucht.
Seine Leuchttürme
„Natürlich ist man geneigt“, bestätigt Mühlbauer, „die großen Projekte besonders hervorzuheben und darauf auch besonders stolz sein.“ Dabei sei es manchmal schwieriger, 150.000 Euro klug zu investieren als mehrere Millionen zu verbauen. „Der Teufel steckt nicht selten im Detail.“ Und: „Kein Objekt ist wie das andere.“
Das Ludwigsgymnasium in Köthen, das Europagymnasium in Bitterfeld, das Francisceum in Zerbst - es sind drei der wichtigsten Projekte, die Mühlbauer in seiner Amtszeit realisiert. Regionale Befindlichkeiten einzelner Städte und Gemeinden interessieren den Amtsleiter nie; „das verwächst sich“, ist er von Anfang an überzeugt. „Seit ich hier bin, bin ich Anhalt-Bitterfelder“, sagt er. Seit 2007 also.
Sein Amt
Schätzungsweise 150 Gebäude fallen in Mühlbauers Zuständigkeit - von der Baracke bis zur blauen Bank an der Goitzsche, die daran erinnert, wie viel Unterstützung man zum Jahrhunderthochwasser erfahren habe. 30 Sekundarschulen und Gymnasien gehören auch dazu. Und 418 Kilometer Kreisstraßen - „aber da laufen die Maßnahmen weniger spektakulär“. Der einzige Effekt: „Der Verkehr läuft danach etwas flüssiger.“
Seine Leute
„Ich konnte mich auf meine Truppe immer verlassen“, betont er. In Mühlbauers Amt sind 102 Mitarbeiter beschäftigt - vom promovierten Archivar bis hin zu Hausmeistern und Putzfrauen. Der Großteil sind Bauingenieure. Mühlbauer verlangt von ihnen „ordentliche Arbeit“, dass „der Laden läuft“. Er gehört nicht zu den Chefs, die warten, bis man mit einem Problem zu ihm kommt; er ist neugierig, fragt, will wissen, ob das Projekt läuft oder wo es klemmt. Sein Grundprinzip: „Ich gehe jeden Morgen in jedes Büro.“ Mühlbauer ist immer einer der Ersten im Amt. Und gern auf dem Laufenden. Er lässt sich nicht nur berichten, sitzt nur dann am Schreibtisch, wenn es notwendig ist. Er geht raus - auf seine Baustellen - und das am liebsten unangekündigt und ohne Begleitung. „Ich löse Probleme auf meine Weise.“ Beratungen, die länger als eine Stunde dauern, findet er überflüssig; man wiederhole sich bloß.
Seine Maxime
„Das gesprochene Wort zählt.“ Danach handelt er. Die Dinge anpacken, Entscheidungen treffen, Probleme lösen - das ist Mühlbauer. Er ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das war nicht immer so. Anfangs sei er durchaus schüchtern und vorsichtig gewesen; aber abzuwarten, sei nicht seine Stärke.
Sein Werdegang
Erich Mühlbauer lernt einen Beruf, wird Elektriker, macht später drei verschiedene Ingenieur-Abschlüsse, darunter in Elektronik. Er arbeitet 17 Jahre lange bei Orbita Plast in Weißandt-Gölzau als Projektierer für Mess-, Steuer- und Regelungsanlagen. Nach der Wende verliert er seinen Job. Wie viele andere auch. Er sucht bundesweit nach einer Anstellung, schreibt über hundert Bewerbungen. Erfolgreich ist er am Ende beim Landkreis in Bitterfeld, wo er Büroleiter bei Reinhard Thiel, dem ersten Landrat, wird. Außerdem verantwortet er das Sonderreferat Fördermittel. Alles sei „völlig neu und völlig fremd“ gewesen; doch Mühlbauer ist froh, hier bleiben zu können - „wenn man eine Familie mit drei Kindern zu versorgen und ein Haus hat...“
Als 1994 ein neuer Landrat kommt, wechselt er ins Bauordnungsamt, wo eine Sachbearbeiterstelle zu besetzen ist und kümmert sich um alles, was mit Rückbau, Abriss und Baustopps zu tun hat. Eine gute Schule, findet er: „Man kann besser einschätzen, was seine Leute leisten.“
2001 wird Uwe Schulze Landrat - und Mühlbauer, seit 1996 in der CDU, sein persönlicher Referent. Neun Monate sei er ihm kaum von der Seite gewichten. Dann bewirbt er sich als Leiter - damals noch für Hoch- und Tiefbau. Das Gebäudemanagement kommt später hinzu.
Sein Ärgernis
Verschiedene Projekte kann er nicht mehr abschließen. „Ich hätte gern noch den Startschuss für die Völkerfreundschaft gegeben.“ Weil das eine Schule sei, „die es besonders verdient hat“. Handlungsbedarf sieht er außerdem in den Sekundarschulen Zörbig, Gröbzig und Wolfen-Nord, wo energetisch unbedingt etwas passieren müsse. (mz)