1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landestourismuspreis: Landestourismuspreis: Es war Liebe auf den ersten Blick

Landestourismuspreis Landestourismuspreis: Es war Liebe auf den ersten Blick

Von Ernst Krziwanie 25.05.2003, 16:30

Westerburg/MZ. - Es gibt Momente, die man nie vergisst. Für Silvia und Hartmut Lerche war es die Begegnung mit dem Wasserschloss Westerburg bei Halberstadt. Hartmut Lerche spricht sogar von "Liebe auf den ersten Blick". Zufällig seien sie 1997 bei einem Ausflug darauf gestoßen. Das von einem Park und Wassergräben umgebene Anwesen habe sie sofort begeistert - trotz seines jämmerlichen Zustandes.

Nicht nur der Zahn der Zeit hatte an der um 770 gebauten Feste genagt. Auch die Schwedenbelagerung im Dreißigjährigen Krieg, wechselnde Besitzverhältnisse, die Nutzung als preußische Staatsdomäne und später als Sitz einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft hat das Gemäuer nicht schadlos überstanden.

Geschreckt hat ihn, der sich seit der Kindheit für historische Steine interessiert, der Anblick trotzdem nicht, sagt Hartmut Lerche. Und von seiner Idee, das Wasserschloss in ein Hotel zu verwandeln, habe ihn auch seine Frau nicht abhalten können. Für verrückt habe sie ihn erklärt und an die Schlossvilla in Derenburg erinnert. Die betrieben Lerches als Hotel seit ihrer Rückkehr 1995 aus dem Westen.

Hartmut Lerche ist im Harz aufgewachsen. Im Quedlinburger Restaurant "Zum Bären" lernte er Koch. Einige Jahre danach übernahm er mit seiner Frau das Ferienheim des Fleischkombinates Eberswalde in Thale. Alles sei gut gelaufen. "Bis mir als Kampfgruppenmitglied die Frage gestellt wurde, ob ich bereit wäre, im Konfliktfall auch gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen", erinnert er sich. Seinem Nein folgte 1989 die Ausreise aus der DDR. Sechs Jahre später, trotz seiner guten Position in einer Senioren-Wohnanlage, zog es beide zurück in die Heimat.

Den Traum vom Hotel in Westerburg erfüllten sich Hartmut und Silvia Lerche im Jahr 2000. Nicht, um Schlossbesitzer zu werden , wie beide betonen, sondern "um alte Steine neu zu beleben". Zunächst sei das ein Albtraum gewesen, "eine Zeit schlafloser Nächte für uns und den Betreuer der Volksbank". Erst nach langen Verhandlungen mit der Treuhand und dem Vorpächter, der im Wasserschloss eine Großdisko betrieb, und der Gewährung einer siebenstelligen Kredites nahm ihr Vorhaben Gestalt an. Nur sechs Monate vergingen bis zur Eröffnung im Juli 2000. Zuvor mussten Unmengen Schutt beseitigt werden. "Qualität hat mit Qual zu tun", lautet Hartmut Lerches Erfahrung aus jener Zeit.

Während er sich um Bau und Geld kümmerte, "ohne bis heute finanziell von der Denkmalpflege unterstützt worden zu sein", verwirklichte seine Frau ihre Ideen bei der Einrichtung von 37 Hotelzimmern, des Ritterkellers und der anderen Gasträume, immer angelehnt an die Geschichte des Schlosses und seiner romanischen Substanz.

Auf der rund 1000 Kilometer durch Sachsen-Anhalt führenden Straße der Romanik wird das Hotel Wasserschloss Westerburg als Station 29 ausgewiesen. Eine Wertung ist das nicht. Die liegt viel höher, zumindest bei Hotelgästen, Musik- und Kunstliebhabern.

100000 Gäste aus aller Welt im Jahresdurchschnitt, vier Sterne für Hotel- und Restaurantqualität, ein ganzjähriger Veranstaltungskalender mit kulinarischen und kulturellen Leckerbissen wie den musikalische Sommeraufführungen mit dem Nordharzer Städtebundtheater und anderen Künstlern vor mittelalterlicher Kulisse. Auch die 170 Eheschließungen in der original erhaltenen Schlosskapelle sprechen für die engagierten Hotelbetreiber und ihre Ideen zur touristischen Nutzung des Wasserschlosses.

Dieses Engagement hat nun eine bisher in Sachsen-Anhalt einmalige Würdigung erfahren. Nach der Verleihung der Goldmedaille des Romanikpreises 2002 vor einem Monat im Kloster Memleben wurden Silvia und Hartmut Lerche am vergangenen Sonnabend in Magdeburg auch mit dem Landestourismuspreis 2003 ausgezeichnet. Zuerkannt wurde er ihnen von einer Jury aus Tourismusexperten, Journalisten und Vertretern großer Reiseunternehmen. Und das einstimmig - "für eine der gastlichsten Stätten und einen der interessantesten kulturellen Begegnungsorte Sachsen-Anhalts", entstanden nach einer Liebe auf den ersten Blick an der Straße der Romanik.