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Landessportbund Landessportbund: Scherbenhaufen Sport

Von HENDRIK KRANERT-RYDZY UND CHRISTIAN ELSAESSER 24.08.2010, 18:57

MAGDEBURG/MZ. - Der Wortwitz auf der Internetseite der Landessportschule Osterburg entbehrt nicht einer unfreiwilligen Komik. "Es gibt Schnellmerker, Allesmerker und Altmärker", steht dort. Die Schönheit der Region Altmark soll damit angepriesen werden. Zumindest dem Wort Allesmerker aber wohnt in diesen Tagen doch ein fader Beigeschmack inne - jedenfalls, wenn man ihn auf den Landesrechnungshof und dessen Präsidenten Ralf Seibicke beziehen will. Der hatte in einem Schreiben vom 6. August an den Landtag erhebliche Zweifel am Konsolidierungskurs des Landessportbunds aufgeworfen. Seitdem brennt es in Sachsen-Anhalts Sport. Wieder einmal.

Fraktionsübergreifend sprechen sich Landespolitiker nun dafür aus, dem LSB endgültig den Geldhahn zuzudrehen. Neue finanzielle Stützen? "Auf keinen Fall", sagte CDU-Finanzpolitiker Marco Tullner. Auch Lydia Hüskens (FDP) lehnt das ab und begründet dies damit, dass "zwar in den Verbänden, Vereinen und Kreissportbünden konsolidiert wird, nicht aber beim LSB". Auch Krimhild Fischer (SPD) kritisiert den Sportbund scharf: "Es gibt kein Denken nach vorn, es wird kein guter Willen gezeigt, man hängt an den gleichen alten Zöpfen wie vor zwei Jahren." Angesichts einer nicht erkennbaren Entwicklung beim LSB sei auch sie dagegen, erneut Geld in den Verband zu pumpen. Selbst Sozialminister Norbert Bischoff kritisierte: "Ich hatte gedacht, es ist alles geregelt, doch statt dessen sind die Probleme die alten, der LSB tritt auf der Stelle." Klar ist: Stützt das Land den Sport-Dachverband nicht, wird dieser Insolvenz anmelden müssen.

Misswirtschaft bis 2008

Wer die Heftigkeit der Auseinandersetzung zwischen Landespolitikern und LSB verstehen will, muss die Geschichte des Konflikts kennen. Anfang 2008 war bekannt geworden, dass der Landessportbund unter der damaligen Führung um Präsident Heinz Marciniak erhebliche Misswirtschaft betrieben hatte. Der Rechnungshof legte ein unüberschaubares Konstrukt von Tochterfirmen und Beteiligungen offen. Das Problem: Der LSB ist laut Satzung gemeinnützig und darf nicht für den eigenen Profit wirtschaften. Im Detail ging es um undurchsichtige Finanzierungen beim Bau des Hotels "Schanzenhaus" in Wernigerode, der Landessportschule Osterburg oder des Magdeburger Leichtathletik-Zentrums, aber auch um überhöhte Gehälter und den Vorwurf der persönlichen Bereicherung.

Als Konsequenz aus den Enthüllungen entzog das Land unter der damaligen Sozialministerin Gerlinde Kuppe (SPD) dem LSB alle Mittel. Die Verteilung öffentlicher Fördermittel - eine der Kernaufgaben des Sportbundes - lief fortan über das Ministerium, das Landesverwaltungsamt und die Investitionsbank. Nicht ohne negative Folgen: Die Ausgabe der Gelder zog sich in die Länge. Vielen Fachverbänden und Vereinen drohte der finanzielle Kollaps, weil zugesagte Mittel einfach nicht ausbezahlt wurden.

In einer Konsolidierungsvereinbarung vom 25. Juni 2009 verzichtete das Land schließlich auf Teile seiner Forderungen und rettete den LSB damit vor der Insolvenz. Die neue Führung unter Präsident Andreas Silbersack verpflichtete sich, alle Tochterfirmen abzuwickeln. Erst gestern wurde bekannt, dass die gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung des Leistungssports (gGFL) am 19. August Insolvenz angemeldet hat.

Unstrittig ist: Der Brief des Landesrechnungshofes hat eine neue Schärfe in die Diskussion um den LSB gebracht. Präsident Silbersack sieht darin ein politisches Kalkül. "Die Frage ist doch, welche Intention hinter einem solchen Schreiben steckt, was damit politisch bezweckt werden soll." Ihn überrasche, wie schnell sich die Stimmung in den Landtagsfraktionen massiv gegen den LSB aufgeheizt hat. "Wenn das politische Votum tatsächlich so ist, dass der LSB in die Insolvenz geführt werden soll, dann habe ich gar kein Problem damit. Nur sollten sich dann auch alle über die Konsequenzen im Klaren sein. Das Land muss überlegen, was dann passiert. Das würde einen Scherbenhaufen geben."

Dabei geht es um insgesamt 223 Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze unmittelbar am Landessportbund hängen, um Immobilien, aber auch - besonders pikant - um Darlehen, die der LSB an einige seiner Fachverbände ausgegeben hat. Diese, so Silbersack, würde ein Insolvenzverwalter sofort zurückfordern. Er malt im Falle einer Insolvenz das Bild eines einstürzenden Kartenhauses. "Die Gesamtstruktur des Sports würde zusammenbrechen", so Silbersack.