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Zoff wegen Bürgergeld-Pleite SPD-Mann aus Magdeburg attackiert Haseloff

„Diese Menschen lässt unser Ministerpräsident hängen“: Warum der Bundestagsabgeordnete Kröber von Ministerpräsident Haseloff „menschlich zutiefst enttäuscht“ ist.

Von Kai Gauselmann Aktualisiert: 14.11.2022, 14:55
SPD-Politiker Kröber wettert gegen Ministerpräsident Haseloff.
SPD-Politiker Kröber wettert gegen Ministerpräsident Haseloff. Foto: photothek.net

Magdeburg/MZ/DPA - Nach der Stimmenthaltung Sachsen-Anhalts im Bundesrat zum Bürgergeld gibt es ungewöhnlich persönliche Kritik an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) aus den Reihen seines Koalitionspartners SPD. Der Magdeburger Bundestagsabgeordnete Martin Kröber (SPD) warf dem Regierungschef vor, Bedürftige hängen zu lassen. „Das Bürgergeld zu verhindern, ist feige und reiner Populismus“, wetterte Kröber. CDU und CSU hätten „die Ebene der Sachpolitik leider verlassen“ und Angst vor einem „Machtverlust“, wenn Deutschland gerechter würde.

Wie viele Menschen in Sachsen-Anhalt profitieren würden

Haseloff als dienstältester Ministerpräsident solle „den Mut aufbringen“, dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zu widersprechen. „Wir haben in unserem Bundesland knapp 55.000 Menschen, die gerade Arbeitslosengeld II erhalten – und es werden in der aktuellen Krise mehr. Viele wissen nicht, wie sie den nächsten Winter überstehen sollen. Diese Menschen lässt unser Ministerpräsident hängen. Das enttäuscht mich menschlich zutiefst“, kritisierte der Bundestagsabgeordnete.

Die Magdeburger Staatskanzlei weist die Kritik zurück. „Das Gesetz war so nicht zustimmungsfähig. „Die Bundesregierung hat mitgeteilt, dass sie den Vermittlungsausschuss anrufen wird, um eine sachgerechte Einigung zu erreichen. Dass ein bewährtes und gesetzlich vorgesehenes Vermittlungsverfahren so abgewertet wird, zeugt von einem mangelhaften Verständnis demokratischer Verfahren“, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe der MZ. Alle Beteiligten wollten „eine sachgerechte Lösung, die in den nächsten zwei Wochen auch herbei geführt werden kann“, so Schuppe weiter.

Linke belagt die Spaltung der Gesellschaft

Die Linke-Landtagsfraktion sprach von einem rückwärtsgewandten Bürgergeld-Blockadeversuch der CDU. «Die Blockade der CDU trägt zur gesellschaftlichen Spaltung bei und führt dazu, dass noch mehr Menschen abgehängt werden», kritisierte Fraktionschefin Eva von Angern. Sie forderte wiederholt eine armutsfeste Grundsicherung ohne Sanktionen. Niemand dürfe weniger als 1.200 Euro zum Leben haben. Wenn die Hartz-IV-Empfänger ab Januar 2023 mit dem Bürgergeld 53 Euro mehr erhielten, sei das nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

In einer Sondersitzung des Bundesrats erhielt der Gesetzentwurf für das Bürgergeld am Montag nicht die erforderliche Mehrheit. Damit kann die zum 1. Januar geplante Sozialreform vorerst nicht in Kraft treten. Wie zuvor angekündigt, verweigerten mehrere Landesregierungen unter Führung beziehungsweise mit Beteiligung der Union dem Vorhaben ihre Zustimmung. Sachsen-Anhalt enthielt sich, wie ein Regierungssprecher bestätigte.

CDU hält dagegen: Arbeitsanreiz würde verringert

Die Landes-CDU begrüßte hingegen die Blockade des Bürgergeldes. „Die Entscheidung, das Bürgergeld abzulehnen, ist richtig. Der Vorstoß der Ampelregierung, das Arbeitslosengeld (ALG) II durch ein sogenanntes Bürgergeld zu ersetzen, war von Anfang an ein Schritt in die falsche Richtung - die Idee dahinter mehr Schein als Sein“, sagte Generalsekretär Mario Karschunke. Hohes Schonvermögen und fehlende Sanktionen bei ausbleibender Mitwirkung und Pflichtverletzungen wären ein gefährlicher Schritt hin zur Bedingungslosigkeit, so der CDU-Politiker weiter. Der Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen, würde massiv verringert und das Bürgergeld dadurch „eine Respektlosigkeit gegenüber unseren Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die durch ihre tägliche Arbeit unser Sozialsystem mit finanzieren“.