Landtagspräsident in Kritik Grüne und Linke fordern Aufklärung zu Schellenbergers geheimen Usbekistan-Deal
Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Schellenberger soll auf eigene Faust ein Arbeitskräfteabkommen mit Usbekistan verhandelt haben – Parlamentspolitiker von Grünen und Linken fordern jetzt Aufklärung zu dem ungewöhnlichen Auslandsdeal.

Magdeburg/MZ - Oppositionspolitiker in Sachsen-Anhalt fordern Aufklärung von Landtagspräsident Gunnar Schellenger (CDU) zu dessen Geheimverhandlungen mit Usbekistan über ein Arbeitskräfteabkommen. Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann bat am Montag um eine Sondersitzung des Ältestenrat im Landtag, um offene Fragen zu dem ungewöhnlichen Fall aufzuarbeiten.
Unter anderem: Mit wem genau verhandelte Schellenberger über die Anwerbung von 5.000 usbekischen Arbeitskräften und was waren die konkreten Ergebnisse? Lüddemann will zudem von Schellenberger wissen, „im Interesse welcher Firmen, die usbekische Arbeitskräfte anwerben wollten, Sie hierbei agiert haben und warum Sie diese Interessenten nicht an die Landesregierung verwiesen haben“.
Große Irritationen über Schellenberger im Landtag
Die MZ hatte am Freitag berichtet, dass Parlamentspräsident Schellenberger auf eigene Faust mit Vertretern des zentralasiatischen Landes über die Entsendung Tausender Arbeitskräfte verhandelt haben soll. Ein Abschlussdokument soll er mit der Bitte um Unterzeichnung an die Staatskanzlei übergeben haben. Eine MZ-Anfrage zu all dem beantwortete Schellenberger nicht.
Die Irritationen im Rest des Landtags sind groß: Denn laut Verfassung vertritt Präsident Schellenberger das Land Sachsen-Anhalt ausschließlich in Angelegenheiten des Landtags. „Die sonstige Vertretung des Landes nach außen kommt ausschließlich der Landesregierung zu“, betont Grünen-Fraktionschefin Lüddemann in ihrem Schreiben an Schellenberger. „Die Außenvertretung des Bundes liegt nach dem Grundgesetz bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland.“
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Deshalb will Lüddemann nun auch im Detail wissen, „ob und wann“ sich Schellenberger mit Ministerpräsident Reiner Haseloff, Landeswirtschaftsminister Sven Schulze (beide CDU) oder anderen Stellen abgestimmt habe. Auch offen sei diese Frage: Wann und wie die bisher geheimen Verhandlungen mit den usbekischen Vertretern stattfanden und wer letztlich den Entwurf für das Abkommen schrieb.
Lüddemann will außerdem wissen, „welche weiteren außenpolitischen Aktivitäten“ Schellenberger seit seiner Amtsübernahme 2021 unternommen habe.
Auch Linksfraktion fordert Aufklärung vom Präsidenten
Dem Fragenkatalog der Grünen schließt sich auch die Linksfraktion an. „Wir bitte außerdem darum, Staatskanzleichef Rainer Robra zu der Sondersitzung einzuladen“, sagte Stefan Gebhardt, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im Landtag. „Die Regierung muss uns erklären, was genau da passiert ist und wie man jetzt damit umgeht.“
AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner erklärte am Montag zur Causa Usbekistan: „Wir müssen die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes wieder in die eigene Hand nehmen.“ Er kritisierte grundsätzlich das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte. „Solange wir unsere eigenen Leute nicht in Arbeit gebracht haben und den Fokus auf eine gute, bedarfsorientierte Ausbildung für unseren eigenen Nachwuchs lenken, bedarf es einer solchen Diskussion ohnehin nicht.“
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Kirchners Co-Vorsitzender Ulrich Siegmund erklärte gleichzeitig jedoch die Kritik für übertrieben, Schellenberger habe die Kompetenzen seines Amtes überschritten. „In den letzten drei Jahren überschritt die Landesregierung andauernd und regelmäßig ihre Kompetenzen, insbesondere bei den inflationären Eindämmungsmaßnahmen“, so Siegmund. „Wer also im vorliegenden Fall, wenn der protokollarisch höchste Vertreter unseres Landes sich bemüht, Problemlösungen im diplomatischen Rahmen zu sondieren, von Kompetenzüberschreitung spricht, hat nichts verstanden oder schon wieder alles vergessen.“