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Aberkannte Ost-Renten Sachsen-Anhalts Landtag will mehr Ausgleichszahlungen an DDR-Rentner

Vielen Berufsgruppen wurden Sonderansprüche aus DDR-Zeiten gestrichen. Sachsen-Anhalt prüft jetzt, ob Millionen für einen Härtefallfonds fließen sollen. Wieso das fraglich ist - und was der Landtag nun fordert.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 15.12.2022, 15:14
Weniger im Geldbeutel: Auch frühere DDR-Postmitarbeiter – wie dieser aus dem Jahr 1972 – sollen vom Fonds profitieren können.
Weniger im Geldbeutel: Auch frühere DDR-Postmitarbeiter – wie dieser aus dem Jahr 1972 – sollen vom Fonds profitieren können. (Foto: Picture-Alliance/DDR-Bildarchiv/Gebser)

Magdeburg/MZ - Sie arbeiteten bei der Bahn, der Post oder im Gesundheitswesen. Auch Ex-Balletttänzerinnen sind unter ihnen. Und Leute, die jahrelang Angehörige pflegten und dafür ihre Arbeit aufgaben. Sie alle verdienten sich zu DDR-Zeiten Sonderrenten-Ansprüche – doch diese wurden nach der Wende nicht anerkannt. Die Debatte um die Renten-Ungerechtigkeit ist jetzt ein Fall für die Landespolitik geworden.

Es geht um die Frage, ob Sachsen-Anhalt einen geplanten Härtefallfonds aufstocken soll, den die Bundesregierung ab Frühjahr 2023 einrichten will. Der Bund will 500 Millionen Euro bereitstellen, um einen eng definierten Kreis von DDR-Rentnern mit einmalig 2.500 Euro zu entschädigen.

Sonderrente und Härtefallfonds: Bund will Teil der DDR-Rentner entschädigen

Teil des Konzepts: Ostdeutsche Bundesländer wie Sachsen-Anhalt können eigenes Geld zuschießen, um diese Zahlung auf 5.000 Euro zu verdoppeln. 30 Millionen wären dafür nötig, rechnet Sachsen-Anhalts Linksfraktion am Donnerstag im Landtag vor – sie holt das Thema ins Parlament und fordert die Aufstockung des Fonds. Die Linke will zudem die Ausweitung der Hilfe auf weitere DDR-Rentner, denn: „Sie suchen Anerkennung vergeblich in ihrer Lohntüte“, so Linken-Politikerin Monika Hohmann.

Fonds-Ansprüche nur für Rentner an der Armutsgrenze

Denn nach der bisherigen Konzeption soll der neue Fonds nur einen eingeschränkten Kreis von DDR-Rentnern unterstützen. Ein zentrales Kriterium: Sie müssen nah an der Armutsgrenze leben, ihre Rente musste im Januar 2021 unterhalb von 830 Euro netto im Monat liegen. Dadurch seien aber nur die allerwenigsten Rentner im Osten anspruchsberechtigt, kritisiert Hohmann – in Sachsen-Anhalt etwa 10.700.

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Zumindest in der Theorie sollen nach Plänen der Bundesregierung auch Beschäftigte des DDR-Sozialwesens, Bergmänner und in besonderen Konstellationen Geschiedene Anspruch auf die neue Hilfe haben. Auch Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge sollen profitieren können.

Renten-Ungerechtigkeit: Sachsen-Anhalt prüft eigene Zuschüsse

Nimmt Sachsen-Anhalt nun also eigenes Geld für den Fonds in die Hand? Die Landesregierung prüfe das aktuell, sagt Landessozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) im Landtag zu. Sie könne versichern, „dass es sich die Landesregierung nicht leicht machen wird“. Allerdings sieht sie in erster Linie die Bundesregierung in der Pflicht, bei der Renten-Ungerechtigkeit Abhilfe zu schaffen. Grimm-Benne betont: Bisher sei nur Mecklenburg-Vorpommern bereit, in den Fonds einzuzahlen.

Prüfung der Härtefall-Gelder: Fraktionen im Landtag Magdeburg sind sich einig

Dass es Unrecht zu beseitigen gibt, darin ist sich der Landtag am Donnerstag einig: Alle sechs Fraktionen von AfD bis Linke bitten die Landesregierung in einem Antrag, die Verdopplung der Härtefall-Gelder zu prüfen. In dem Beschluss heißt es auch: Es brauche weitere Hilfen für deutlich mehr DDR-Rentner. Der jetzige Härtefallfonds werde „dem ursprünglichen Ziel und dem jahrelangen Kampf der Betroffenen für ihre Ansprüche nicht gerecht“.

CDU-Sozialpolitiker Tobias Krull hält die Logik, dass nun die Ostländer weggefallene Rentenansprüche aufstocken sollen, für fragwürdig: Es könne nicht sein, dass Renten davon abhängig seien in welchem Bundesland man lebe. Zumal Sachsen-Anhalt seine aktuelle Finanzlage nicht ausblenden könne. AfD-Politiker Daniel Rausch sagt zur möglichen Aufstockung des Fonds: „Hier sind noch länderübergreifende Abstimmungen nötig.“

Die oppositionellen Grünen wollen die geplante Härtefallregel „nicht prüfen, sondern umsetzen“, betont die Abgeordnete Susan Sziborra-Seidlitz. Auch wenn der vorliegende Plan nur die „minimale Variante“ möglicher Unterstützung sei.

Pähle zu Rentenunrecht: „Eine echte Lösung für die Betroffenen ist das noch nicht“

Im Landtag gibt es auch sehr grundsätzliche Kritik aus Parteien, die im Bund mitregieren. „Eine Einmalzahlung kann nicht die Würdigung einer Lebensleistung sein“, sagt der FDP-Abgeordnete Konstantin Pott. Und auch SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sagt über den geplanten Fonds: „Eine echte Lösung für die Betroffenen ist das noch nicht“.

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Die alleinige Konzentration auf „Härtefälle“ gehe am Grundsatzproblem der weggefallenen Rentenansprüche vorbei. Zudem sei es nicht gerechtfertigt, dass die Schicksale von Spätaussiedlern, Kontingentflüchtlingen und DDR-Rentnern so vermischt würden – es sei ein „seltsam konzipierter Fonds“.

Laut Parlamentsbeschluss soll die Landesregierung bis Ende März prüfen, ob sie sich finanziell an Härtefallzahlungen beteiligt.