1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landesenergieagentur "Lena": Landesenergieagentur "Lena": 6.400 Euro für Geschäftsführer ohne Studium

Landesenergieagentur "Lena" Landesenergieagentur "Lena": 6.400 Euro für Geschäftsführer ohne Studium

Von Hendrik Kranert-Rydzy 17.09.2014, 20:24
Marko Mühlstein
Marko Mühlstein Privat Lizenz

Magdeburg - „Herr Mühlstein hat sich im Bewerbungsverfahren unter vielen Bewerbern fachlich durchgesetzt.“ Mit diesem Satz ließ sich Finanzstaatssekretär Michael Richter (CDU) im Mai 2013 zitieren, als Marko Mühlstein Geschäftsführer der Landesenergieagentur „Lena“ wurde. Die Agentur war im Dezember 2012 gegründet worden und soll die Themen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiespeicher bearbeiten sowie Bürger, Betriebe und Kommunen beraten.

Zweifel, dass die Aussage des Staatssekretärs stimmt und der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Mühlstein tatsächlich der geeignetste Bewerber für den Geschäftsführer-Posten der ein halbes Jahr zuvor gegründeten Agentur ist, gab es bereits damals. Mühlstein galt seit langem als Wunschkandidat von Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) für den Chefsessel der „Lena“. Mühlsteins Name tauchte bereits im Anhang eines anfänglich geheimen Zusatzprotokolls zum Koalitionsvertrag für den „Lena“-Geschäftsführerposten auf.

Der Entwurf eines Prüfberichts des Rechnungshofs Sachsen-Anhalt scheint nun die Zweifler zu bestätigen. Demnach gab es mindestens vier weitere zum Abschlussgespräch eingeladene Bewerber, die - im Gegensatz zu Mühlstein - ein „dem Stellenprofil entsprechendes Fachstudium“ hätten vorweisen können. „Für den Landesrechnungshof ist nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erwägungen die Findungskommission zu der Auffassung gelangt ist, dass der BE 3 (Mühlstein, d. A.) aufgrund seiner beruflichen Qualifikation besser geeignet sei als ein Bewerber mit Hochschulabschluss“, heißt es im Prüfbericht. Der Rechnungshof monierte zudem, dass die Personalauswahl für die Position des Geschäftsführers nicht ordnungsgemäß dokumentiert worden sei.

Warum Mühlstein den Lena-Chefposten bekam, obwohl das Wirtschaftsministerium warnte, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Mühlstein verfügt zwar über keinen Hochschulabschluss, bekommt aber als Geschäftsführer dennoch ein Gehalt von etwa 6.400 Euro brutto gezahlt. „Nicht nachvollziehbar“, schreibt der Rechnungshof auch hier: „Die für eine tarifgerechte Eingruppierung notwendigen einschlägigen persönlichen Voraussetzungen (Uni-Abschluss) fehlen.“ Mühlstein, der zuletzt als Sachbearbeiter für das Schulsanierungsprogramm „Stark III“ im Finanzministerium gearbeitet hatte, besitzt indes eine Rückkehroption in den öffentlichen Dienst - falls bei „Lena“ etwas schief gehen sollte. Das sei jedoch „für Tarifbeschäftigte des Landes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgesehen“, kritisieren die Prüfer.

Bereits vor deren Untersuchung hatte das für die Fachaufsicht zuständige Wirtschaftsministerium nach MZ-Informationen vor der Bevorzugung Mühlsteins gegenüber „fachlich deutlich besseren Leuten“ und der hohen Besoldung gewarnt. In der Findungskommission setzten sich aber die Mehrheit der Vertreter des Finanzministeriums durch. Künftig soll das nicht mehr passieren: Nach der Causa Mühlstein wurde das Handbuch für Beteiligungen des Landes geändert: Künftig reicht keine Mehrheitsentscheidung mehr, sondern es muss Einvernehmen zwischen den beteiligten Ministerien hergestellt werden, um Geschäftsführer-Posten zu besetzen. Die für die Fachaufsicht der Energieagentur zuständige Wirtschaftsstaatssekretärin Tamara Zieschang (CDU) wollte sich zu den Personalproblemen nicht äußern: „Das fällt in die Zuständigkeit des Finanzministeriums.“

Dieses wiederum wies die Vorwürfe des Rechnungshofs weit von sich: „Einige gerügte Sachverhalte entsprechen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten oder sind überholt“, sagte Sprecher Wolfgang Borchert. Darüber hinaus sei „die zum Geschäftsführer bestellte Person die am besten geeignete“ im Bewerberfeld gewesen. Auf die Kritik des Rechnungshofs, Mühlstein sei überbezahlt, entgegnete Borchert: „Dem Geschäftsführer wird ein für seine Tätigkeit angemessenes Gehalt gezahlt, dieses entspricht sogar den Empfehlungen des Landtages und des Landesrechnungshofs für Geschäftsführer von Landesgesellschaften.“

Rechnungshofspräsident Ralf Seibicke wollte sich nicht zu Details des Berichts äußern; es gebe von Wirtschafts- und Finanzministerium noch keine Stellungnahmen.

Ralf Seibicke, Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalts
Ralf Seibicke, Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalts
dpa/ARCHIV Lizenz