Kultusminister Stephan Dorgerloh Kultusminister Stephan Dorgerloh: Ab 2017 noch mehr zusätzliche Lehrer nötig

Magdeburg - Wenn Abwesenheit Desinteresse bedeutet, war am Donnerstag dem Landtag der Lehrermangel schnuppe. Als CDU-Bildungsexperte Hardy Peter Güssau die Debatte beginnen wollte, saßen vor ihm 38 der 105 Parlamentarier - und hinter ihm kein einziger Minister. Güssau nahm es mit galligem Humor: „Wir haben nicht nur einen Unterrichtsausfall - wir haben auch einen Regierungsausfall.“
Fairerweise muss man anfügen, dass Landtagsvizepräsident Gerhard Miesterfeldt (SPD) den Debattenbeginn vorverlegt hatte. Das habe er nicht mitbekommen, entschuldigte sich der zuständige Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD), als er verspätet in den Plenarsaal schlenderte. Für die Regierungsbank galt trotzdem für einen Großteil der Debatte „Stephan allein zu Haus’“ - erst gegen Ende saßen fünf der zehn Minister da.
Das Desinteresse war erstaunlich, immerhin tobt seit Monaten eine öffentliche Debatte über den Lehrermangel - ausgelöst von Aufsehen erregenden Fällen, wo an Schulen Unterricht ausgefallen ist. Zuletzt etwa in Dessau-Ziebigk, wo an der Grundschule sieben von 13 Lehrerinnen erkrankt waren und Klassen zusammengelegt wurden, um einen Notbetrieb zu sichern.
Das war nur die Spitze, die Unterrichtsversorgung ist vielerorts problematisch (siehe nebenstehenden Text). Um das Schulsystem stabil zu halten, wird einiges passieren müssen, räumte Dorgerloh ein. Nach 2017 müssten noch mehr Lehrer als in diesem Jahr eingestellt werden - und dabei erlebe das Land aktuell einen Rekord mit geplanten 570 neuen Lehrern. „Sachsen-Anhalt hat noch nie so viele Lehrer neu eingestellt wie in diesem Jahr“, sagte Dorgerloh. Den enormen Handlungsbedarf erklärte er damit, dass in den kommenden acht bis zehn Jahren die Schülerzahlen stabil blieben - bis 2022 aber ein Drittel der jetzt aktiven Lehrer ausscheidet. Laut Ministerin gibt es etwa 18.000 Lehrer im Land. Fraglich ist, ob die aktuellen Neueinstellungen genügen. Dazu gehört auch eine Vertretungsreserve mit 100 Stellen, die kurzfristig für erkrankte Lehrer in einer Region eingesetzt werden sollen. „Der Minister fährt auf Sicht“, stellte Güssau fest. Das meinte der CDU-Mann als Lob; es beweise, dass die Regierung das Problem erkannt hat und flexibel reagiert.
Auf keinen Fall als Lob meinte Matthias Höhn (Linke): „Unterrichtsausfall ist mittlerweile Alltag in unseren Schulen.“ Gleichzeitig nehme die „Arbeitsverdichtung“ für die Lehrer zu, so dass man mit weiteren Erkrankungen rechnen müsse. Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert warf Dorgerloh vor, dass er zu spät auf den Mangel reagiere. Die Probleme seien erwartbar gewesen. „Die sauren Früchte ihrer Politik kommen jetzt in den Schulen an.“ (mz)
