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Weimar feiert BauhauswochenAlles im Kasten

Sommer der 1.000 Möglichkeiten: Mit fünf Festivalwochen feiert Weimar bis September die Eröffnung des Musterhauses am Horn vor 100 Jahren.

Von Christian Eger 15.08.2023, 17:17
Schon schön: Bauhaus-Pionierbau Haus am Horn in Weimar, eröffnet im August 1923
Schon schön: Bauhaus-Pionierbau Haus am Horn in Weimar, eröffnet im August 1923 (Foto: Klassik Stiftung Weimar/Thomas Müller)

Weimar/MZ - Nicht ein Tag, nicht ein Wochenende, sondern Wochen! Über fünf Wochen veranstaltet die Klassik Stiftung Weimar vom Dienstag kommender Woche an ein Festival im Zeichen von Dreieck, Kreis und Quadrat. Bis zum 10. September gehen die „Bauhaus-Wochen“ über die Bühne, die die ganze Stadt ist.

Ja, ist denn schon 2026? Jenes Jahr, in dem in Dessau-Roßlau 100 Jahre Bauhaus-Gebäude gefeiert werden soll. Das hat Weimar nicht zu bieten, in dem 1919 von Walter Gropius die legendäre Designschule gegründet wurde. Aber das, was für Dessau und die Welt der ikonische Schulbau von Gropius, ist für Weimar das von Georg Muche entworfene Haus am Horn. Ein Musterhaus, nicht zum Lehren, sondern zum Wohnen. Wenn man so will: Weimars kleines Bauhaus.

Ohne Wirrwarr und Ballast

Das wurde vor genau 100 Jahren als Versuchshaus zur ersten Bauhaus-Ausstellung eröffnet. Hier zeigten die Meister genannten Fachhochschulprofessoren und deren Studenten, wie sie sich ein zeitgemäßes Bauen und Wohnen vorstellten, realisiert in einem Bungalow-ähnlichen Flachbau am Ostrand des Ilm-Parkes, benannt nach der Straßenlage auf dem Hornberg: Am Horn. Hier war alles im Kasten: ein zentraler Wohnraum, um den sich nach dem Prinzip des „Wabenbaus“ die kleineren Funktionsräume anordneten. Alle Werkstätten des Bauhauses waren an dem Projekt beteiligt. Neues Material, neue Techniken, neues Design.

Vorgeführt wurde der Bau vor 100 Jahren im Verlauf der ersten „Bauhauswoche“, die im Zuge der ersten Bauhausausstellung stattfand. Bereits ein erstes kleines Festival, das Gropius mit einem Vortrag über „Kunst und Technik – eine neue Einheit“ eröffnete. Das Echo war stark, international, national und regional.

Der Direktor der Mannheimer Kunsthalle, Fritz Wichert, versuchte, den neuen Stil mit einem neuen Ton abzubilden: „Hier ist ein Haus für Marsbewohner, und wenn wir sagen, es wecke Sehnsucht, so soll es in diesem Sinn gemeint sein: Sehnsucht nach der Zukunft und nach einem Leben ohne Wirrwarr und Ballast.“

Wirrwar gab es freilich in der konservativen bis reaktionären Öffentlichkeit. Von einer „öffentlichen Latrine“ war die Rede, einer „Nordpolstation“, einer „Bonbonschachtel“. Man meinte, eine „kulturbolschewistische Wüstenarchitektur“ zu sehen, „von der Oase Biskra nach Weimar geweht“. Am langfristigen Erfolg des Hauses änderte das nichts, das 1973 zum Baudenkmal und 1996 mit den anderen Bauhaus-Architekturen zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Seit der jüngsten Grundsanierung 2019 wieder als Museum zugänglich.

Die Klassik Stiftung Weimar, die auch das Bauhaus-Erbe bewahrt, spricht mit Blick auf die erste „Bauhauswoche“ 1923 von einem „Sommer der 1.000 Möglichkeiten“, einem „Hauch von Utopie“, den man nun gemeinsam mit dem Kunstfest und der Bauhaus-Universität Weimar neu erzeugen will. Eröffnet werden die Bauhauswochen am 15. August um 18 Uhr auf dem Vorplatz des Bauhaus Museums in Weimar.

Geboten werden sollen: Bauhaus-Torte, „Pop up store“, Geselligkeit und Tanz mit DJ und „Power House Eröffnung“ bis Mitternacht. Eine „Bauhaus-Parade“ zieht am 31. August um 19 Uhr von der Bauhaus-Universität aus über das Tempelherrenhaus bis zum hell erleuchteten Haus am Horn. Das Programm, das in das Kunstfest Weimar übergeht, ist randvoll: Unter anderem sind im Schiller-Museum Arbeiten der Kunst-Fakultät der Bauhaus-Universität für den Wettbewerb „born to be bauhaus“ zu sehen. Gespräche und Workshops sind geplant. Das Uni-Direktorenzimmer soll besichtigt werden können. Gropius hatte den Raum zur Ausstellung 1923 entworfen. Zum Fest stellen Studierende neue Ideen für das Zimmer vor.

Workshop mit Robert Wilson

Wohnen, Arbeiten, Leben: Ein Workshop mit dem US-amerikanischen Starregisseur Robert Wilson zum Thema „Bauhaus Psychologie“ steht auf dem Programm. Wilson, der zeitgleich an fünf Abenden im Weimarer E-Werk „Ubu“ inszeniert, Alfred Jarrys legendäre Anti-Kriegs- und Diktatur-Farce von 1896 – rund um den Alleinherrscher Ubu, Erfinder des „amoralischen Imperativs“. Die Bögen aus der Vergangenheit in die Zukunft sind kraftvoll. Und lautstark: Mit einem Freiluftkonzert des Ensembles klangwerk feiern die Bauhauswochen am 10. September vor dem Bauhaus-Museum ihr Finale.

Programm der Bauhaus-Wochen: www.klassik-stiftung.de