Ausstellung im Burgenlandkreis Schloss Gleina: Kunst und Vergänglichkeit
Schloss Gleina hat sich zu einer Künstlerresidenz und einem charmanten Ausstellungsort entwickelt. Derzeit ist dort „Kosmos(Ka-os)“ zu sehen.
Gleina/MZ - Irgendwo im fast Nirgendwo liegt Gleina, ist nur wenigen Menschen bekannt und hätte es doch so verdient. Dort nämlich, im Burgenlandkreis, steht ein Schloss. Erbaut 1739. Es wechselte mehrfach den Besitzer – der letzte wurde 1945 enteignet –, wurde dann zum Altenheim umgebaut, nach der Wende wiederum mehrfach verkauft und schließlich 2012 von einem Schweizer erworben. Der ist Soziologe und Künstler, liebt also die Kunst und offenbar auch die Menschen, erklärte das barocke Kleinod zur „sozialen Skulptur“ und stellte das Ganze der Kunst zur Verfügung.
Nicht ausschließlich – der Bau dient auch als Veranstaltungsort. Hauptsächlich aber als Kreativort für Kunstschaffende. Eine Hälfte des Schlosses – nur wenig saniert – wurde zu einem Ateliertrakt mit Wohnungen für Residenten, in der anderen, stilvoll renovierten Hälfte finden sich Räume und Säle, eine Bibliothek, eine Weinbar im Keller. Ein kleiner Weiher gehört auch dazu. Ein ehrenamtlicher Verwalter kümmert sich mit viel Herzblut um alles Praktische und auch das Schöne.
Gönner aus der Schweiz
Bereits mehrfach haben schon größere und kleinere Kunstevents dort stattgefunden, aktuell ist es wieder soweit. „Kosmos(Ka-os)“ heißt eine Ausstellung, in der 30 Künstler in drei Schauen – einbezogen ist auch das Himmelsscheiben-Museum in Nebra – ihre Arbeiten zeigen, zudem wird ein Musikfestival veranstaltet. „Etwa 60 Prozent der Arbeiten sind hier entstanden“, sagt die Kuratorin Claudia Waldner. Sie kommt aus der Schweiz und hat es geschafft, einige namhafte Protagonisten der Szene in Gleina zu versammeln. Etwa die Hälfte der Künstler stammt ebenfalls aus der Schweiz, die anderen vorwiegend aus Mitteldeutschland. Sie alle wurden durch den Internationalen Kulturförderverein Schloss Gleina eingeladen, der das Ganze auch finanziert, unterstützt von Fördergeldern ausschließlich von Schweizer Trägern und Mäzenen.
Die „Kosmos(Ka-os)“ ist eine bunte, wahrlich aufregende Ansammlung zeitgenössischer Kunst. Malerei, Fotografie, Installation, Videokunst, Bildhauerei – es ist alles vertreten, was die Kunst hergibt. Das Bezaubernde dabei ist der Bezug zum Schloss selbst, zu seinen Räumen und ihrer Funktion, zu seiner verblassten Herrlichkeit, zu seinem Verfall und seinem Weiterleben. Diese sicht- und spürbaren Bezüge machen die Werke erfassbar auch für Betrachter, die der zeitgenössischen Kunst ansonsten eher skeptisch gegenüberstehen.
Hinzu kommt bei einigen Arbeiten zudem spektakuläres Material. Ursula Palla zum Beispiel hat im einstigen Herrenzimmer ein „Karamellzimmer“ kreiert. Vier Stühle, ein Tischchen und der Kronleuchter sind aus Zucker, also Karamell. Die Möbel stehen auf Spiegelplatten, auf denen im Lauf der Zeit das schmelzende Material verläuft. Ja, die Einrichtung wird sich auflösen, jeden Tag ein bisschen mehr, und damit immer wieder anders aussehen.
Skulptur aus Margarine
Vor dem Schmelzen bewahrt hat Sonja Allhäuser ihre Skulptur aus Industriemargarine. „Meeressturm“ heißt sie, war zuvor in Wien ausgestellt und steht jetzt in einer Kühlvitrine in Gleina. Die Bildhauerin aus Brandenburg gibt mit der barock anmutenden Ansammlung von Engeln und Fischen einen Verweis auf den Reichtum, der einst in derartigen Gemäuern zur Schau gestellt wurde. Das war ihr Sinn auch bei den Arbeiten, die sie für den ehemaligen Speisesaal geschaffen hat: Tafelaufsätze, wie sie zu Zeiten des Barock zu Repräsentationszwecken genutzt wurden, aus Bronze. Ein „Nickelneptun“ ist dabei, der von dem früher aus Täuschungszwecken häufig genutzten „Pseudosilber“ – Nickel – glänzt.
Und so geht es immer weiter, Gemäuer und Kunst in einer faszinierenden Symbiose. Im Jagdzimmer, an dem sich noch alte, einschlägige Tapeten finden, sind auf zwei gegenüberliegenden Seiten Videoarbeiten zu sehen, die die Falknerei beleuchten. Im Flur ein Drahtgespinnst: feinste nachgebildete Fadenpilze, die auf die Vernetzungen der Zeit anspielen und damit auch auf die wechselvolle Geschichte des Schlosses. Das Licht, das durch die Fenster fällt, projiziert den Schatten der Netze auf die gegenüberliegende Wand.
In einem weiteren Raum hängen Malereien, die sich auf das Bildnis eines Mädchens aus dem Schloss beziehen. Philipp Eichhorn wiederum hat sein Wandbild auf der Fassade eines dem Schloss gegenüberstehenden Hauses, im Verfall begriffen, der Vergänglichkeit gewidmet.
Und so geht es immer weiter, in den Räumen, den Trakten, im Keller oder in der Halle. Und sogar draußen am Weiher. Es gibt viel zu entdecken in Gleina.
„Kosmos(Ka-os)“ läuft bis zum 26. Oktober.