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Liedermacher Bastian Bandt stellt neues Album in Halle vor Hier bin ich

Mit Grüßen an Wenzel und Gerhard Gundermann: Der ostdeutsche Liedermacher Bastian Bandt stellt sein neues Album in Halle vor.

Von Mathias Schulze 08.12.2022, 13:27
Liedermacher Bastian Bandt:  Sein neues Album  „Trauriges Tier“ erscheint bei Buschfunk.
Liedermacher Bastian Bandt: Sein neues Album „Trauriges Tier“ erscheint bei Buschfunk. (Foto: Nadja Dreismann)

HALLE/MZ - „Solange ich denken kann / Sitzt nachts an meinem Bette / Der Teufel selbst in einem leeren Krankensaal / Er sitzt nur da und wartet wegen einer Wette / Pellt sich ein Ei und dreht die Sanduhr noch einmal.“ Hört man diese knackig heraus explodierenden Zeilen, rast ein hartes, schnelles Gitarren-Fingerpicking auf einen Refrain zu, der stolz von einer Selbstbehauptung berichtet: „Hier bin ich, hier bin ich / Wenn du weißt, wie’s weitergeht / Verrat’s mir nicht / Hier, wo die Vergessenen ’nen Tee sich brühen / Will ich an Zigaretten zieh’n / Im Aschenbecher brennt mein Busfahrschein ins Nichts“.

Dieser kernige Song namens „Hier bin ich“ wirkt wie wild entschlossen in die kalte Nacht gestellt, er eröffnet das neue und großartige Album „Trauriges Tier“ von Bastian Bandt, das am 13. Januar erscheinen wird. „Hier bin ich“ – dieser Song geht sofort in den Bauch, er lädt zum Ausflippen, zum Verzweifeln und zum Tanzen ein. Bandt bietet eine Poesie, die weder in den Mehrzweckhallen des Landes noch bei alternativen Singer-Songwritern, die mit vordergründigen politischen Botschaften hantieren, zu finden ist. „Hier bin ich“ – was gibt es zu diesem „Hier“ noch zu sagen?

Angermünde, Uckermark, Ostdeutschland

Fragt man den Liedermacher, der 1978 in Schwedt an der Oder geboren wurde, nach seinem Wohnort, erhält man seit Jahren, ein Anruf genügt, dieselbe Antwort: Angermünde, Landkreis Uckermark, Ostdeutschland. Ist das eine Landschaft oder schon eine Metapher? Bandt hat seine Heimat, die kahlen Rosenstöcke und weiten Wiesen, die Traktoren und die Škodas und den hohen Gartenzaun, der vor Sehnsucht schützen soll, schon oft besungen.

Und er erzählt in seiner schnoddrigen Art: „In Angermünde bin ich nicht weit weg von Berlin, aber ich zahle weniger Miete. Latsche ich durch die Stadt, kennen mich alle.“ Bandt, der zu seinen Konzerten mit der Bahn fährt, ist der Typ, der seine Boots anzieht und einfach los stiefelt, eine große Vermarktungsmaschinerie gibt es nicht, das musikalische Gepäck schleppen seine tätowierten Arme immer selbst.

Und der Mittvierziger schultert noch mehr. Seit rund 25 Jahren trägt er ein Erbe weiter. Auch auf dem neuen Album finden sich Reminiszenzen an ostdeutsche Klassiker: Wenzel und Gerhard Gundermann. Dass die riesigen Fußstapfen nicht nur betreten, sondern mit neuem Leben gefüllt werden, ist einzigartig.

„Kultur kriegt immer auf den Sack“

Es gibt eine Einsamkeit, die adelt. Und deren Preis bezahlt werden muss. Klar, für das Album „Alle Monde“ (2018) gab es den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Klar, die neue Scheibe, produziert von Manfred Pokrandt von der Band „Engerling“, erscheint beim renommierten Label „Buschfunk“, für Bandt ein Ritterschlag: „Seit Jahren schleichen wir umeinander rum. Dass es geklappt hat, bedeutet mir sehr viel.“ Und klar, schwer vorstellbar, dass „Trauriges Tier“ nicht wieder diverse Preise abräumen wird.

Dennoch berichtet Bandt differenziert von seiner Lage: „Ich kann seit meinem 18. Lebensjahr von der Musik leben, aber das Ding ist nicht sicher. Ob meine Selbstständigkeit im nächsten Quartal hinhaut, weiß ich nicht. Ich wünsche mir nicht mehr, sondern lediglich eine Verlässlichkeit.“ Der überzeugte Kleinkünstler erklärt es salopp: „Pandemie, Krieg, Energie – die Kultur kriegt immer auf den Sack, die Leute halten ihre Kohle zusammen.“

In deutschen Wohnzimmern

Aufrichtig spottet Bandt: „Aber für mich gibt es keine Alternative mehr, ich bin schon viel zu alt, um noch etwas anderes zu machen.“ Dann erzählt er von Wohnzimmerkonzerten, die ihn durchs Land reisen lassen. Die Leute sollen sich einfach bei ihm melden, auf drei Hochzeiten habe er schon gespielt, die Eheleute lernten sich auf seinen Konzerten kennen.

Bandt kommt ins Schwärmen, innerlich läuft er schon wieder zum Bahnsteig und schultert die Gitarre. „Das ist der Sinn meines Berufes“, sagt er, „die Lieder sind bestenfalls in den Biografien der Menschen verankert.“ Es gibt wenige deutschsprachige Liedermacher, denen man solche Anker schenken sollte – Bandt ist einer von ihnen.

Bastian Bandt: Am 10. Dezember, 19.30 Uhr, Volksbühne am Kaulenberg 1 in Halle. Am 12. Januar, 20 Uhr, Neues Schauspiel Leipzig, Lützner Straße 29. Im Internet: www.bastianbandt.de